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Paul-Gerhardt-Biographie gesendet am 10.06.2007 von Wilfried Brunner
 

Vor 400 Jahren kam in einer kleinen Stadt in Sachsen-Anhalt, südwestlich von der Lutherstadt Wittenberg ein Mann zur Welt, der wie kein anderer den Gesang in unseren Kirchen und Gemeinden geprägt hat - Paul Gerhardt (12.03.1607 - 27.05.1676).

Schon früh erlebt er die Schrecken des Dreißigjährigen Krieges: Hunger, Pest, marodierende Soldaten. Mit zwölf stirbt der Vater, zwei Jahre später die Mutter. Ohne Unterstützung durch Eltern, aber dennoch erfolgreich, absolviert er die humanistische Schule in Grimma.

Sein Theologiestudium in Wittenberg ist eine Zeit des Schreckens. Der Dreißigjährige Krieg ist voll entbrannt. Er erlebt, wie der Schwedenkönig Gustav Adolf siegreich in Wittenberg einzieht und wie zwei Jahre später dessen Sarg durch die Straßen getragen wird. Aber damit beginnt das Martyrium der Menschen erst. Führerlose Soldaten verwüsten das Land. Täglich werden bis zu zehn Dörfer abgebrannt. Auch seine Heimatstadt. Damit verliert Paul Gerhardt seinen von den Eltern ererbten Besitz, ein Gasthaus, die Landwirtschaft, das Wohnhaus. Alles geht in Flammen auf. Dem Brennen und Morden folgt die Pest. An sie verliert er nun auch den letzten nahen Verwandten - seinen Bruder.

Wen wundert's, dass Gerhardt das Studium ohne Abschluss beendet. Eine Anstellung als Hauslehrer bringt ihn über die Runden, mehr schlecht als recht. Das ändert sich, als er mit 36 Jahren nach Berlin zieht. Auch diese Stadt war durch den Krieg stark in Mittleidenschaft gezogen. Pest, Pocken und die Bakterienruhr dezimierten die Bevölkerung von 12.000 vor dem Krieg auf 5.000 Einwohner bei Kriegsende. Und auch hier nur wieder eine Anstellung als Hauslehrer. Aber er lernt zwei Menschen kennen, die sein Leben verändern. Den Kantor der Nikolaikirche, Johann Crüger, der den Dichter sozusagen entdeckte und bekannt machte und die Tochter seines Arbeitgebers Anna Maria, die er lieb gewinnt.

An Heirat ist zunächst aber nicht zu denken, nicht mit dem Gehalt eines kleinen Hauslehrers. Eine Pfarrstelle muss her. Ein schwieriges Unterfangen in diesen Tagen. Viele Kirchen und Pfarrhäuser waren zerstört, ganze Gemeinden ausgestorben oder vertrieben. Erst nach acht Jahren, mit 44 - damals ein hohes Alter - findet er eine Pfarrstelle in Mittenwalde, etwa 20 km südlich von Berlin. Ein schweres Amt!

Mittenwalde war während des Krieges fast ununterbrochen besetzt, dann mehrfach geplündert und niedergebrannt worden. Was noch übrig geblieben war vernichtete die Pest. Von 1.000 Einwohnern war nur noch ein Viertel am Leben. Neben Seelsorge war also harte Aufbauarbeit gefragt. Doch es gelang. Nach vier Jahren ist es dann endlich soweit. Paul kann seine Anna Maria heiraten.

Wer allerdings glaubt, nun wäre alles Friede, Freude, Eierkuchen, der irrt - aber gewaltig. Denn jetzt kommt es knüppeldick! Das erste Töchterchen, Maria Elisabeth, am Geburtstag der Mutter geboren, stirbt schon nach acht Monaten. Der Vater schreibt auf eine Tafel in der Kirche: "Wenig und böse ist die Zeit meines Lebens." Die Mutter schreibt in ihre Bibel: "Herr, nun nimmst Du meines Herzens Freude."
Zwei Jahre darauf - inzwischen war die Familie wieder nach Berlin umgezogen - wird Anna Katharina geboren und stirbt nach 14 Monaten. Die Mutter schreibt: "Ich weiß, Herr, Du hast Macht, zu tun mit den Deinen, was Du willst, aber lass mich klagen und weinen."
Nach zwei weiteren Jahren wird Andreas geboren und stirbt nach wenigen Stunden.
Und wieder zwei Jahre später kommt Paul Friedrich zur Welt und überlebt. Dich die Mutter ist geschwächt.
Das letzte Kind, das sie zur Welt bringt, Andreas Christian, stirbt wieder - nach sieben Monate. Die Mutter schreibt nun: "Soll noch einmal der Todesengel in unser Haus kommen, Herr, dann sende ihn zu mir." Und so geschah es. Seit der Geburt ihres letzten Kindes nie mehr richtig zu Kräften gekommen, stirbt sie schließlich nach 13-jähriger Ehe im Alter von 45 Jahren an den Folgen einer verdeckten Tuberkulose.

Und als ob dies nicht genügen würde, verliert Paul Gerhardt noch im gleichen Jahr wegen eines Streits mit dem Landesfürsten seine angesehene Stellung in Berlin. Mit 61 Jahren ist er plötzlich ohne Einkommen. Sein ihm einzig verbliebenes Kind ist fünf Jahre alt. Noch einmal erhält er Hilfe von Freunden und wird Pfarrer in Lübben im Spreewald. Sieben Jahre übt er dieses Amt noch aus. Aber Altersbeschwerden und Krankheit machen ihm das Leben schwer. Mit 69 stirbt er und wird in der Lübbener Hauptkirche begraben, die seit 1931 seinen Namen trägt.

Das Testament Paul Gerhardts zeigt einen trübsinnigen, aber frommen Mann, des sich eine "fröhliche Abfahrt" wünscht und bilanziert, sein Beruf habe ihm "nur wenig gute Tage" gebracht.

Wilfried Brunner

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