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Wertewandel: »Das hohe C der CDU verblasst«

Wertewandel: »Das hohe C der CDU verblasst«

"Auseinanderklaffen" von festgeschriebenen Werten und gesetzlich verankerten Rechten

16.11.2007: Wolfgang Ockenfels, Professor für christliche Gesellschaftslehre in Trier, hat sich kritisch mit dem neuen Grundsatzprogramm der CDU auseinander gesetzt. Sein Fazit: Der Programmentwurf trägt einen Grundwiderspruch in sich – nämlich das "Auseinanderklaffen" von festgeschriebenen Werten und gesetzlich verankerten Rechten. Dieser Gegensatz trete besonders bei der Frage nach dem Schutz ungeborenen Lebens hervor, so Ockenfels in einem Kommentar für die Tageszeitung "Die Welt".

In seiner Rede vor der Jahresversammlung der "Christdemokraten für das Leben" (CDL) in Königstein warnte Ockenfels seine Zuhörer vor einer Aushöhlung des christlichen Grundkonsenses der Partei. "Im Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland finden sich zahlreiche Anklänge an das christliche Menschen- und Gesellschaftsbild", so Ockenfels zu Beginn seiner Ansprache. Der Professor ist sich sicher, ohne die Gründung der "Parteien der Christlichen Demokratie" sei diese Entwicklung nicht zu erklären.

Es sei jedoch auffällig, dass der christlich-demokratische Unionsgedanke die Programmatik in den Anfangsjahren weit stärker bestimmt habe als heute. In den 50er Jahren sei der rechtliche Lebensschutz von ungeborenen Kindern, von alten und behinderten Menschen eine "reine Selbstverständlichkeit" gewesen, so Ockenfels.

"Deutliche Tendenz zum Relativismus"

Im Entwurf des neuen CDU-Grundsatzprogramms zeichne sich jedoch eine deutliche Tendenz zum Relativismus ab. Der Professor befürchtet sogar "eine völlige Verwischung dessen", was die Partei "ursprünglich unter ihrem 'C' verstanden hatte".

Er habe sich ein deutlicheres Bekenntnis zu den Zehn Geboten gewünscht, so Ockenfels. Aus dem christlichen Glauben lasse sich zwar kein politisches Programm ableiten, doch schon die "allgemeine Vernunft" lege die Beachtung der biblisch bezeugten Regeln nahe.

CDU lässt offen, welches Gottesbild hinter dem Menschenbild steht

Stattdessen hätten die Verfasser das "christliche Bild vom Menschen" in den Vordergrund des Programms gestellt. Dies sei grundsätzlich legitim, doch das gezeichnete Menschenbild wirke wie ein "Konstrukt", so Ockenfels. Der Programmentwurf bringe es fertig, "Jesus Christus mit keinem Wort, Gott aber mehrmals zu erwähnen, was für eine C-Partei schon merkwürdig anmutet. Denn man wüsste doch gern, welches Gottesbild eigentlich hinter dem Menschenbild steht, wenn der Mensch Gottes Ebenbild sein soll".

Menschenwürde lediglich "Wert- und Orientierungskategorie"

Grundsätzlich befürworte die CDU den Schutz ungeborenen Lebens, das Elternrecht und die Familienförderung. Sobald jedoch "rechtliche Definitionen und Abgrenzungen" erarbeitet werden müssten, ziehe sich die Union zurück. Dieser Widerspruch zeichne sich auch in dem neuen Grundsatzprogramm ab. Als Beispiel nannte Ockenfels die politische Diskussion um Abtreibung. In dem Entwurf heißt es dazu: „Die Würde des Menschen ist auch für die Bewertung bioethischer Herausforderungen Ausgangs- und Orientierungspunkt. … Das noch nicht geborene Leben bedarf unseres besonderen Schutzes. Mit den viel zu hohen Abtreibungszahlen finden wir uns nicht ab."

„Jeder muss die Chance auf ein selbst bestimmtes Leben haben"

Auf den ersten Blick trete die CDU mit diesen Formulierungen für den Schutz ungeborenen Lebens ein. Tatsächlich erscheine die Würde des Menschen hier aber lediglich als "Wert- und Orientierungskategorie. Von einem daraus folgenden, staatlich garantierten Rechtsanspruch der Ungeborenen ist keine Rede", so Ockenfels. In dem Entwurf heißt es weiter: „Jeder muss die Chance auf ein selbst bestimmtes Leben haben." Doch welchem Recht gebührt im Fall einer geplanten Abtreibung Vorrang, fragt Ockenfels. Dem Erwachsenen oder einem ungeborenen Kind? Auch auf diese Frage gebe der Entwurf keine Antwort.

CDL und Prof. Dr. Ockenfels

CDL ist eine Lebensrechtsinitiative innerhalb der CDU/CSU und Mitglied im Bundesverband Lebensrecht. Prof. Dr. Wolfgang Ockenfels ist einer der profiliertesten katholischen Kritiker des Verlusts christlicher Werte in der Gesellschaft. Der Dominikanerpater ist Professor für Christliche Sozialwissenschaften an der Theologischen Fakultät der Universität Trier und Chefredakteur der Zeitschrift Die Neue Ordnung in Bonn. Von 1979 bis 1982 war er Redakteur des Rheinischen Merkur. Die Berufung von Katherina Reiche ins "Kompetenzteam" Edmund Stoibers bezeichnete er als "Kniefall vor der Liberalität".

Quelle: jesus.de-Newsletter / kep vom 16.11.2007

 

 

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