Jassir
Arafat ist tot
Palästinenserführer
Jassir Arafat starb im Militärkrankenhaus in Paris
11.11.2004:
Die Palästinenser trauern um ihren Führer, einem ehemaligen
Terroristen, der es nicht geschafft hat, ein Staatsmann zu werden.
Seine Anhänger sagten, er habe "Sieben Leben", wenn
er mal wieder einem Anschlag entgangen war. Aber sieben Leben waren
nicht genug. In der Nacht zum Donnerstag starb er in Paris auf der
Intensivstation des Percy-Miltärkrankenhauses in Paris im Alter
von 75 Jahren. Tagelang herrschte Verwirrung darüber, woran
er leidet und ob er noch am Leben ist.
Arafats ehemaliger Büro-Chef,
Taweb Abd Al Rahim, sagte bei einem Treffen der palästinensischen
Führung in Ramalla: "Jasser Arafats Tod wurde um 3:30
Uhr bekannt gegeben. Sein Begräbnis wird in Ramalla sein. Sein
reiner Geist ist zu seiner Quelle zurück gekehrt, doch er bleibt
mit uns." Wie die "Jerusalem Post" berichtet, bestätigte
der Sprecher des Militärkrankenhauses "Percy", Christian
Estripeau, die Meldung.
Arafat hinterlässt
seine Ehefrau Suha, seine 9-jährige Tochter Zahwa und ein riesiges
Vermögen an Geld, von dem sein Volk kaum etwas ab bekam.
40 Tage Trauer ausgerufen
Palästinenser zündeten
Autoreifen an als Zeichen der Trauer. Es wurden 40 Tage der Trauer
in den Palästinensergebieten ausgerufen. Saeb Erekat, palästinensisches
Kabinettsmitglied, sagte gegenüber dem amerikanischen Fernsehsender
CNN, das palästinensische Volk sei heutzutage zerstreut, "doch
Präsident Arafat hat uns vereint. Es bricht mir das Herz, dass
Arafat tot ist, die israelische Besatzung es jedoch nicht ist. Wir
werden unseren Traum eines palästinensischen Staates mit Jerusalem
als Hauptstadt weiter verfolgen."
Zehntausende Palästinenser auf den Straßen Armee
in Alarmbereitschaft
Zehntausende Palästinenser
sind am Donnerstagmorgen (11.11.04) im Gazastreifen und in Autonomiestädten
im Westjordanland auf die Straßen geströmt, um in spontanen
Märschen um den verstorbenen PLO-Chef Yasser Arafat zu trauern.
Zahlreiche Palästinenser feuerten mit Gewehren in die Luft
und schwenkten palästinensische Fahnen.
Über Lautsprecher
wurden einige von Arafats bekanntesten Reden abgespielt, im palästinensischen
Fernsehen werden Koranverse verlesen, der Vorleser sitzt im Studio
vor großen Plakaten mit dem Bild des Palästinenserchefs.
Nach der offiziellen
Bekanntgabe des Todes von Arafat wurden die palästinensischen
Fahnen auf dem Mukata genannten Hauptquartier der Palästinensischen
Autonomiebehörde (PA) in Ramalla auf Halbmast gesetzt. Tausende
Poster des PLO-Chefs wurden an Hauswänden und Laternenmasten
angebracht.
Die israelische Armee
hat unterdessen die Autonomiegebiete vollständig abgeriegelt.
Straßensperren und Kontrollpunkte wurden aufgrund einer erhöhten
Alarmbereitschaft verstärkt. Um die Autonomiestadt Ramalla
wurden zahlreiche Einheiten der israelischen Armee stationiert.
Während der Beisetzung Arafats werde sich die Armee jedoch
nicht in die Stadt begeben, um Auseinadersetzungen mit Palästinensern
zu vermeiden, so ein Militärsprecher.
Reaktionen auf Arafats
Tod
Bundesaußenminister
Joschka Fischer wertet den Tod von Palästinenserführer
Jasser Arafat als "bedeutenden Einschnitt im Nahostkonflikt".
Mit dem Tod Arafats gehe eine "Ära zu Ende", sagte
Bundesaußenminister Fischer am heutigen Donnerstag in Berlin.
Er forderte die palästinensische Seite auf, alles für
"einen geordneten Machtübergang" zu tun. "Von
zentraler Bedeutung ist dabei eine durch baldige Wahlen legitimierte
Führung, die einer gerechten Friedenslösung verpflichtet
bleibt", so Fischer. Der Bundesaußenminister will zur
Trauerfeier nach Kairo reisen.
Die Staatoberhäupter
von Afghanistan und Indonesien bezeichneten Arafat als "große
Persönlichkeit" und "Helden". Der Außenamtssprecher
der indonesischen Regierung, Marty Natalegawa, lobte Arafat als
"Helden für uns alle". Indonesien ist der Staat mit
den meisten moslemischen Einwohnern. "Arafat war über
Jahrzehnte die ultimative Verkörperung des Kampfes einer Nation
für seine Rechte", so Natalegawa. "Wir teilen den
großen Verlust und hoffen, dass er ein Impuls ist für
die Verwirklichung der Freiheit, eines ewigen Friedens und das Wohlergehen
des palästinensischen Volkes".
Das Vermögen Arafats,
das nach Schätzungen des Internationalen Währungsfonds
rund 900 Millionen Euro betrage, müsse "den notleidenden
Palästinensern" zugute kommen, forderte der wirtschaftspolitische
Sprecher der Christdemokraten im Europaparlament, Alexander Laschet.
Die "Jerusalem Post"
berichtet, Afghanistans Präsident Hamid Karsai würdigte
den verstorbenen Palästinenserführer am Donnerstag als
einen "mutigen Meister des Friedens im Nahen Osten". "Herr
Arafat war eine große Persönlichkeit, dessen Mut und
Führungsstärke in der ganzen Welt für ein halbes
Jahrhundert respektiert wurde". Er habe sein Leben dem palästinensischen
Volk gewidmet und sich um einen dauerhaften Frieden im Nahen Osten
bemüht.
Chinas Präsident
Hu Jintao beschrieb Arafat als einen "außergewöhnlichen
Führer der palästinensischen Sache und einen außergewöhnlichen
Politiker".
Als "eine einflussreiche
politische Figur von internationalem Format" bezeichnete Russlands
Präsident Vladimir Putin den PLO-Chef. "Es ist ein schwerer
Verlust für die palästinensische Führung und alle
Palästinenser." Zudem hob Putin die "starke Freundschaft
zwischen Russland und Palästina" hervor.
Scharon: "Arafat
war Stratege des Welt-Terrors"
Israels
Premierminister Ariel
Scharon hat den Tod Arafats als "historischen Wendepunkt
im Nahen Osten" bezeichnet, mit dem PLO-Chef sei ein "Stratege
des Welt-Terrors" gestorben. Außenminister Silvan Schalom
sagte, durch Arafats Tod sei die Region "eine bessere"
geworden.
Laut der Tageszeitung
"Ha´aretz" sagte Scharon am Donnerstag, Israel werde
sich weiter bemühen, einen Frieden mit den Palästinensern
zu erreichen. Dies sei Vorbedingung für einen Dialog und für
einen Friedensvertrag. "Israel ist ein Land, das den Frieden
sucht", so Scharon.
Israel sollte jedoch
nicht vorschnell der Palästinensischen Autonomiebehörde
Angebote unterbreiten, sondern warten, bis sich eine neue palästinensische
Führung gebildet hat, sagte der Premier weiter.
Nach dem Tode des Palästinenserführers
werde Israel eine Kampagne starten, welche über seinen terroristischen
Hintergrund aufklären solle, beschloss das Sicherheitskabinett
bereits am Mittwoch. "Es ist zu befürchten, dass Arafat
nach seiner Beerdigung zu einem Nationalhelden und Freiheitskämpfer
hochstilisiert wird", sagte Scharon. "Wir werden dagegen
ankämpfen und seinen mörderischen Charakter darstellen
sowie die Tatsache, dass er ein Stratege des Welt-Terrors war, der
unschuldige Menschen verletzt hat, darunter auch israelische und
amerikanische Diplomaten".
Außenminister Silvan
Schalom kommentierte den Tod des PLO-Chefs mit den Worten: "Unsere
Region ist nach Arafat in eine andere verwandelt worden, und in
meinen Augen ist sie besser geworden." Arafat habe über
Jahre hinweg die Ideologie vertreten, dass man mit Waffengewalt
erreichen könne, was man nur mit Verhandlungen erreichen kann,
so Schalom. "Dieser 40-jährige Weg der Verstrickung in
Terrorismus hat nur Opfer, Blut und Zerstörung hinterlassen".
Beisetzung in Ramalla
Die Beisetzung von PLO-Chef
Jasser Arafat wird in der Autonomiestadt Ramalla beigesetzt werden
- die Trauerfeier findet in der ägyptischen Hauptstadt Kairo
statt. Arafats ehemaliger Büro-Chef Tajeb Rahim teilte mit,
die Palästinenserführung habe entschieden, aus der Mukata
in Ramalla ein Mausoleum für Arafat zu machen. Später,
wenn die Umstände es erlaubten, könne er in Jerusalem
begraben werden.
Das israelische Kabinett
hat am gestrigen Mittwoch die Erlaubnis erteilt, Arafat in der Mukata
in Ramalla zu beerdigen. Israel bevorzugte jedoch ein Grab im Gazastreifen,
wo bereits andere Mitglieder von Arafats Familie beerdigt sind.
Arafats persönlicher
Wunsch war es, auf dem Jerusalemer Tempelberg beerdigt zu werden.
Israel lehnt dies ab aus Furcht vor gewaltsamen Demonstrationen
am Grab. "Auch wenn Arafat jetzt noch nicht in Ost-Jerusalem
beerdigt wird, eines Tages wird es einen eigenständigen palästinensischen
Staat geben, und Jasser Arafat wird in der Al-Aksa-Moschee beerdigt
werden", sagte Tibi am Mittwoch. Dies könne "zwei
oder fünf Jahre dauern", aber es sei "gewiss".
Wie die Tageszeitung
"Ha´aretz" berichtet, sagte Israels Justizminister
Josef Lapid am Wochenende, der Tempelberg sei die Stätte, "an
der jüdische Könige begraben werden, und keine arabischen
Terroristen". Arafat hatte in der Vergangenheit wiederholt
behauptet, Juden hätten keinen historisch begründbaren
Anspruch auf den Tempelberg.
Keine Staatsoberhäupter
aus den USA und Europa zum Begräbnis
Staatsoberhäupter
aus den USA und Europa werden nicht zum Begräbnis von Palästinenserführer
Jasser Arafat reisen, teilten Diplomaten am Dienstag mit. Laut der
Tageszeitung "Jerusalem Post" würden diese Staaten
stattdessen Minister oder Diplomaten senden.
IWF schätzt das
Vermögen Arafats auf 900 Millionen Euro
Das Vermögen, das
Arafat hinterlässt, wird vom Internationalen Währungsfonds
(IWF) auf rund 900 Millionen Euro geschätzt.
Tagelang herrschte
Verwirrung über den Zustand des PLO-Chefs
Seit Dienstag herrschte
Verwirrung über den Zustand des PLO-Chefs. Am Nachmittag hatte
zuerst die Nachrichtenagentur Reuters unter Berufung auf hochrangige
Palästinenser gemeldet, Arafat sei gestorben. Wenig später
wurde die Meldung von palästinensischen Vertretern in Paris
dementiert.
Arafats Blut wies einen
Mangel an Thrombozyten auf. Die Ärzte konnten jedoch keine
Ursache dafür feststellen, erklärte der palästinensische
Außenminister Nabil Scha'ath. Seine Erkrankung sei die Folge
einer Verschwörung gewesen, und Scharon hatte bei der
Tötung Arafats eine Hand im Spiel. Die Ärzte im
Militärkrankenhaus bei Paris und Vertraute Arafats hatten eine
Vergiftung des Palästinenserchefs jedoch ausgeschlossen.
Verschwörungstheorie
Palästinenserführer
Jasser Arafat wurde von Israel vergiftet, hat am Sonntag einer seiner
Berater behauptet. Deswegen hätten die Palästinenser Blutproben
des Patienten in die USA und nach Deutschland geschickt, damit dies
Experten nachprüfen könnten.
Der Arafat-Berater verwies
auf den Tod des ehemaligen militärischen Chefs der "Volksfront
für die Befreiung Palästinas" (PFLP), Wadi'a Hadad.
Arafat leide an ähnlichen Symptomen wie Hadad, der Ende der
70er Jahre angeblich von einem engen Berater vergiftet wurde. Dieser
sei vom israelischen Geheimdienst Mossad beauftragt worden, auch
wenn die offizielle Begründung für Hadads Tod Krebs sei,
so der Palästinenser. Dies berichtet die Tageszeitung "Ha´aretz".
"Es hat acht Wochen
gedauert, bis Hadad starb... auch er fiel in ein Koma", so
der Berater, "wenn sie kein Gegenmittel finden, wird Arafat
sterben", prognostizierte er. Es gebe vier Gründe für
die Fehlfunktion von Arafats roten Blutkörperchen, führte
er aus, und zwei seien bereits ausgeschlossen worden. Der PLO-Chef
habe keinen Krebs, und er habe auch keine Überdosis an Medikamenten
genommen. Eine der übrig bleibenden Möglichkeiten sei
Gift.
Andere PA-Vertreter wie
Premierminister Ahmed Qrea äußerten sich hingegen skeptisch.
Man könne nicht feststellen, ob Arafat vergiftet worden sei.
Bevor man jedoch solche Anschuldigungen veröffentliche, müsse
man Beweise haben, so Qrea.
Israelisches Recht
verbietet Denkmal für Terroristen
Die Vereinigung der Terror-Opfer
in Israel hat inzwischen gewarnt, das Gesetz verbiete die Errichtung
eines Denkmals für Terroristen. Das israelische Kabinett hatte
am Mittwoch die Erlaubnis erteilt, Arafat in der Mukata in Ramalla
zu beerdigen. Palästinenser wollen auf dem Grundstück
ein Mausoleum für Arafat errichten.
Wie der Nachrichtendienst
von "Jerusalem Newswire" mitteilt, wehren sich die Aktivisten
dagegen, dass "der Vater des modernen Terrorismus" über
Gebühr geehrt werde. Sie berufen sich dabei auf ein Gesetz,
dass die Errichtung eines Denkmals für einen Terroristen verbietet.
Im Jahr 1999 wurde aufgrund dessen ein Platz abgerissen, der um
das Grab von Baruch Goldstein in Kiriat Arba gebaut worden war.
Goldstein hatte fünf Jahre zuvor 29 Araber am Grab der Patriarchen
in Hebron erschossen.
Quelle: Israelnetz.de-Newsletter
Autor dieser Webseite:
Uwe Schütz, 11.11.2004
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