Bundesverfassungsgerichtsurteil über
"Homeschooling"
Bundesverfassungsgericht
gibt grünes Licht, Schulverweigerung zu bestrafen
21.06.2006: Wer die Schulpflicht
aus religiösen Gründen verweigert, kann strafrechtlich
verfolgt werden. Dies meldet die Nachrichtenagentur unter Berufung
auf eine Veröffentlichung des Bundesverfassungsgerichts vom
Dienstag, 20.06., veröffentlichten Entscheidung bestätigt
(2BvR 1693/04). Die Karlsruher Richter nahmen eine Beschwerde eines
Elternpaars aus Hessen nicht zur Entscheidung an. Aus Glaubensgründen
hielten sie seit Sommer 2001 drei ihrer Töchter vom Schulbesuch
fern. Die Kläger gehören einer "Glaubensgemeinschaft
der bekennenden evangelischreformierten Gemeinde" an.
Schulpflicht dient zur Durchsetzung des staatlichen Erziehungsauftrags
Zur Begründung hieß
es, die allgemeine
Schulpflicht diene der Durchsetzung des staatlichen Erziehungsauftrags
und der Heranbildung verantwortlicher Staatsbürger. In einer
Gesellschaft, die unterschiedlichen Glaubensüberzeugungen Raum
gibt, gewähre die Verfassung keinen Anspruch, von fremden Glaubensbekundungen
oder Ansichten verschont zu bleiben. Auf Grund ihres Glaubens wollten
die Beschwerdeführer bei der Kindererziehung den Maßstäben
und Vorgaben der Bibel wortgetreu folgen und ihre Kinder von Einflüssen
fern halten, die den biblischen Geboten zuwiderlaufen.
Die Kinder werden von
ihren Eltern zu Hause unterrichtet. In der Karlsruher Entscheidung
heißt es, mit dem Sexualkundeunterricht habe die Schule das
ihr obliegende Neutralitätsgebot nicht verletzt. Auch sei nicht
zu beanstanden, dass die Evolutionstheorie im Biologieunterricht
vermittelt werde und die biblische Schöpfungsgeschichte nur
im Religionsunterricht.
Das vollständige Fernhalten der Kinder von der Schule ist
unverhältnismäßig
Das vollständige
Fernhalten sei unverhältnismäßig, urteilten die
Karlsruher Richter. Die Beschwerdeführer hätten zudem
die Möglichkeit nicht genutzt, die von ihnen empfundenen Konflikte
in der Schule vorzutragen. Auch sei nicht erkennbar, weshalb es
Glaubensgründe erforderlich gemacht hätten, die Kinder
von weltanschaulich neutralen Unterrichtsfächern wie etwa Mathematik
und Fremdsprachen abzumelden.
800 EUR Strafe für Schulverweigerung aus religiösen
Gründen
Vom Landgericht Gießen
waren die Eltern im November 2003 zu einer Verwarnung mit Strafvorbehalt
in Höhe von 800 Euro verurteilt worden, was vom Oberlandesgericht
Frankfurt am Main im Juli 2004 bestätigt worden war.
Allgemeine Schulpflicht trägt dazu bei, Parallelgesellschaften
zu verhindern
Die Bundesintegrationsbeauftragten
Maria Böhmer (CDU) begrüßte eine am Dienstag in
Karlsruhe veröffentlichten Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes.
Die allgemeine Schulpflicht trägt nach ihrer Ansicht dazu bei,
Parallelgesellschaften zu verhindern. Deshalb sollten Schüler
nicht aus religiös-kulturellen Gründen vom gemeinsamen
Unterricht ausgenommen werden.
Böhmer zufolge
ist es gerade bei der Integration von Kindern und Jugendlichen wichtig,
dass diese auch Werte kennen lernen, mit denen die Eltern auf Grund
ihrer religiösen, kulturellen oder gesellschaftlichen Herkunft
nicht vertraut sind. "Gerade in den Schulen wird durch die
Vermittlung von Werten und Akzeptanz von Verhaltensregeln der Grundstock
für das spätere Leben gelegt", sagte Böhmer.
Bayern hat als einziges Bundesland "Homeschooling" zugelassen
Als erstes deutsches
Bundesland hat Bayern im Februar 2006 eine Ergänzungsschule
zugelassen, so genanntes Homeschooling. Eltern dürfen ihre
Kinder nach offiziellen Lehrplänen zu Hause unterrichten -
die Prüfungen werden in staatlichen Schulen abgelegt mehr
AREF, 21.06.2006
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