gesendet am 4. Oktober 1998 von Dr. Hans Frisch |
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Baptist - südlich der Donau meint das zunächst einen Namen - einen
Familiennamen - oder einen Vornamen - meist in Verbindung mit Johann, Jean oder
Johannes. "Baptist", das heißt "Täufer" -und
an Johannes den Täufer knüpfen diese Namen an.
Im Englischen heißt "to baptize" taufen, und aus England kommt der Baptismus. Da hatten Christen, die es ernst meinten, wieder entdeckt, daß da ein Unterschied ist zwischen einer Taufe, die jemand als Säugling bekommen hat und einer Taufe als Akt des Glaubens.. Sie ließen sich taufen aufgrund ihres Glaubens. Wiedertäufer wurden sie von den etablierten Kirchen genannt, denn sie alle waren ja auch als Säugling getauft worden. Und Sie wurden verfolgt. Nicht mehr so wie im Mittelalter, als die Täuferbewegung mit Feuer und Schwert ausgerottet wurde. Aber den ersten Baptisten in Deutschland ist es durchaus passiert, daß ihre Neugeborenen von einem Polizisten in Begleitung einer Hebamme zur Zwangstaufe abgeholt wurden, daß ihre Versammlungen verboten wurden und daß sie manche andere Schikane aushalten mußten.
Heute sind die Baptisten die größte evangelische Konfession auf der Welt (was man bei der kleinen Nürnberger Gemeinde sich kaum vorstellen kann). Aber das Jubiläum dieser kleinen Gemeinde wollen wir zum Anlaß nehmen, über Taufe etwas nachzudenken.
Jean Baptist - Johannes der Täufer, mit dem fing es an. Was eigentlich - und fing es wirklich mit ihm an ? Daß waren turbulente Zeiten damals in Israel. Das Land besetzt von den Römern, regiert von einem nicht jüdischen König, gespalten in ganz Fromme, in ganz Liberale, in aufständisch - kämpferische und in total endzeitlich gestimmte Gruppen. Aus der letzten dieser Gruppen, den Mönchen in Qumran, da stammte wohl der Mann, der da plötzlich unten im Jordangraben mit seiner gewaltigen endzeitlichen Bußpredigt auftrat - Johannes. Und in Scharen strömten die Juden aus dem ganzen Land ihm zu, auch aus Jerusalem..
"Tut Buße, denn das Himmelreich ist nahe herbei gekommen!" So rief er, und alle, die sich von diesem Propheten im Kamelhaargewand überzeugen ließen, die gingen in den Jordan und wurden von ihm getauft. Da kommt schon die erste Frage: Wußten diese Menschen, was Taufe bedeutet, und was verstanden sie darunter? Natürlich wußten sie! Johannes hat die Taufe nicht erfunden. Als rituelles Reinigungsbad (in der Miquwa) hatte sie ihren festen Platz im jüdischen Leben. Dort in Qumran wurde sie täglich durchgeführt. Doch bei Johannes bekam sie eine neue Bedeutung: Einmalig und als Reinigung für das kommende Gottesreich, zur Vergebung der Sünden, war sie gemeint.
Nicht in eine Kirche oder eine Konfession hinein wurde da jemand getauft, sondern in den vollgültigen und endgültigen Bund, den Gott mit seinem Volk geschlossen hat - also eine absolut jüdische Taufe.
Ja, aber Jesus ließ sich doch auch von Johannes taufen! Ist das nicht eine christliche Taufe gewesen ?
Es könnte sein, daß an der Taufe Jesu etwas sichtbar wird, was zum Verstehen hilft. Dreißig Jahre war Jesus alt, als er dort unter der Schar der Taufwilligen am Jordan stand. Johannes kannte ihn wahrscheinlich, sie waren ja verwandt, und der Täufer merkte (oder wußte schon?): Dieser ist so im Bund mit Gott, er hat die Taufe nicht nötig.
Das Matthäusevangelium erzählt es so:
Zu der Zeit kam Jesus aus Galliläa an den Jordan zu Johannes, daß
er sich von ihm taufen ließe. Aber Johannes wehrte ihm und sprach: Ich
bedarf wohl, daß ich von dir getauft werde, und Du kommst zu mir? Jesus
aber antwortete und sprach zu ihm: Laß es jetzt also geschehen, den so
gebührt es uns, alle Gerechtigkeit zu erfüllen.
Da ließ er es ihm zu und es fährt fort :
Und da Jesus getauft war, stieg er alsbald aus dem Wasser. Und siehe, da tat
sich der Himmel auf, und er sah den Geist Gottes wie eine Taube herabfahren
und über sich kommen. Und siehe, eine Stimme vom Himmel herab sprach: Dies
ist mein lieber Sohn an welchen ich Wohlgefallen haben."
Wir wollen nach der Musik überlegen, ob und was das mit unserer Taufe zu tun hat. Einige Elemente sind bei unseren bisherigen Überlegungen zur Taufe und aus dem Taufbericht im Matthäusevangelium zu erkennen: Reinigungsbad - bei den Juden. Zeichen der Buße, der Umkehr; Vergebung der Sünden; Bund mit Gott und Gottes Bund mit uns; "alle Gerechtigkeit erfüllen" sagt Jesus; Herabkommen des Geistes; Anrede Gottes. Leicht läßt sich aus diesen Elementen ein Bild von der Glaubenstaufe entwerfen: Das rituelle Reinigungsbad bei den Juden hatte seine Begründung in dem Wissen, daß nicht aller Schmutz an uns vorüber geht, daß etwas hängen bleibt, selbst wenn wir es nicht wollen und wir uns bewußt davon distanzieren, davon reinigen müssen. Trotz aller guten Absichten kann unser Weg so in die Irre gehen, daß wir umkehren müssen, wenn wir ans Ziel kommen wollen: "Buße tun" ist in der Ausdruck dafür. Eine Menge Schuld haben wir uns auf dem bisherigen Weg aufgeladen - Schuld gegen uns selbst, gegenüber dem Nächsten und vor Gott. Nur Vergebung kann uns von der Schuld befreien. "Johannes verkündete eine Taufe der Umkehr zur Vergebung der Sünden".
"Kehrt um, denn das Reich Gottes ist nahegekommen" - rief er.
"Reich Gottes" das heißt: Der Bund, den Gott mit seinem Volk
beschlossen hat, der wird endgültige Lebenswirklichkeit.
"Alle Gerechtigkeit erfüllen" meinte Jesus. Ein Vertrag, braucht
eine "Rechtsform" - diese ist für den Bundesschluß mit
Gott die Taufe - so könnte das gedeutet werden.
Von Geist Gottes zu reden ist unmodern- aber was Begeisterung ausrichten kann,
das wissen wir zur Genüge, auch wenn sie von einem Ungeist ausgelöst
wird. Die Begeisterung Jesu, mit der er Menschen angesteckt hat, immer wieder,
bis heute - hier hat die ihren Ursprung: "Der Geist Gottes kam auf ihn
wie eine Taube". Und dann: Die Anrede Gottes. "Du bist mein lieber
Sohn, an dem ich Wohlgefallen habe". Wer Zweifel hat, ob Jesus wirklich
Gottes Sohn ist, hier werden Sie ihm genommen: Spätestens von diesem Zeitpunkt
an ist er es. Und von diesem Zeitpunkt an tritt Jesus öffentlich auf und
beginnt sein Wirken und seinen Weg bis zum Kreuz.
Das alles ist bei einer Glaubenstaufe gegenwärtig: Das Wissen um unsere Unreinheit, um unsere Schuld, daß Spüren der Verirrung und Ausweglosigkeit, der Ruf zur Buße und der Entschluß zur Umkehr, das Bekennen der Sünde und das Erlebnis der Vergebung. Und - hoffentlich - die Begeisterung und der Anfang eines neuen Lebensabschnittes mit öffentlichem Bekenntnis.
Das klingt ideal - und, sei ehrlich, deine Tauferfahrung und deine Tauferinnerung decken sich nur zum Teil, vielleicht nur zum kleinen Teil, mit diesem Bild. Sei es nun eine Kindertaufe oder eine Erwachsenentaufe gewesen. Ist das schlimm?
Das Idealbild, das wir aus den Elementen der Johannestaufe und der Taufe Jesu entworfen haben - es deckt sich mit der Taufe Jesu ganz. Er war 30 Jahre als er mit dieser Taufe seinen Weg als Erlöser begann. "Du bist mein lieber Sohn, heute habe ich dicht gezeugt" so lautete die Inthronisationsformel orientalischer Könige - der jüdische König wurde dabei mit kostbarem Öl zum Gesalbten Gottes, zum "Meshiach", und als Messias ist Jesus den Opfertod für unsere Schuld und zur Vergebung unserer Sünde am Kreuz gestorben. "Ihr seid in Christi Tod getauft" schreibt Paulus den Christen in Rom.
Wir sind also getauft in die Gnade und Vergebung Gottes, die er uns im Namen Jesu schenkt.Er schenkt Sie uns, nicht durch die Taufe, nicht weil wir uns taufen lassen, nicht weil wir Buße tun - er hat Sie uns geschenkt als er Jesus dort sterben ließ für unsere Schuld und ihn auferweckte.
Wir können sie annehmen, können davon begeistert werden, wir können dadurch unser Leben verändern und bestimmen lassen - die Taufe ist ein guter Anfang dazu - ganz gleich, in welchem Alter.
Als Baptist sage ich natürlich: Den Schritt sollte man bewußt tun. Doch wenn ich heute auf meine Taufe in der frühen Jugendzeit schaue, dann ist die soweit zurück, daß es fast keinen Unterschied machen würde, wenn Sie noch zehn Jahre früher in der Kindheit oder noch früher gewesen wäre. Die Notwendigkeit zur ständig neuen Erinnerung und Bestätigung bleibt so und so.
Und gemessen an der unendlichen Dimension der Gnade Gottes in Christus Jesus ist der klein2e Zeitunterschied zwischen Kindertaufe und einer Taufe in der Jugendzeit wirklich winzig.
Dr. Hans Frisch
Zum 50.jährigen Jubiläum der Baptistengemeinde Nürnberg
Vorgetragen am 6.Dezember 1998, dem Tauftag von Lukas-Levi Frisch
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