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Was gibt es denn da zu feiern ?
Weihnachten, Ostern, Pfingsten - das sind die christlichen Feste. Himmelfahrt - daraus ist landauf - landab der "Vatertag" geworden. 40 Tage nach Ostern, das ist natürlich mitten im schönsten Frühling - und wer da ein christliches Fest hinlegt, ist selber schuld. Und außerdem, was ist denn da zu feiern?
Die eigenartige Zeit seit Ostern, als Jesus, der Auferstandene mal hier mal da, mal diesem mal jenem erschien, mit ihnen redete und manchmal auch mit ihnen aß, ihnen die Augen öffnete für das, was sie miterlebt hatten ohne genau zu wissen, was es war, damals, als sie mit ihm unterwegs waren - diese eigenartige Zeit war zu Ende, als er vor ihren Augen aufgehoben wurde zum Himmel. Aber selbst das war noch eigenartig - denn, so steht es im Evangelium: "Einige aber zweifelten". Und das sollen wir heute feiern, nach zwei Jahrtausenden?
Es lohnt sich schon, auf die Geschichten der Bibel etwas länger hinzuschauen - oft beginnen sie dann zu reden. Besonders die Geschichten um Ostern herum. Damals fing ja eigentlich alles das an, was wir heute als Christentum und Kirche erleben. Und so, wie bei dem Anfang einer Liebe, die später das ganze Leben bestimmt, scheinbar kleine Ereignisse die Weichen stellen, so ist es auch hier. Ohne die 40 Tage von Ostern bis Himmelfahrt ist Kirchengeschichte nicht denkbar.
Es hat angefangen, damals, als dieser Jesus diesen und jenen berufen hatte: "Folge mir nach". Die einen, aus der Schar derer, die sich um Johannes den Täufer gesammelt hatten, zwei Brüder vom See Genezareth, als sie beim Flicken der Fischernetze waren, einen, der als Zolleinnehmer auf seinem Posten saß. - Insgesamt 12 Männer. Sie waren dann mit diesem Wander-Rabbi durchs Land gezogen, und die Faszination des Anfangs hatte sie nicht getäuscht. Dieser war etwas Besonderes, er hatte Vollmacht - im Reden und im Handeln. Kranke wurden gesund, böse Geister verzogen sich, in Diskussionen (und davon gab es immer mehr und immer schärfere) hielt niemand ihm stand - auch nicht die beauftragten Schriftgelehrten des Hohen Rates in Jerusalem, die ihn als Irrlehrer, Pseudoprophet und Gotteslästerer entlarven sollten.
Bei den Massen gewann ihr Meister zunehmende Sympathien. Viele glaubten: "Dieser ist der von Gott verheißene Messias, der Israel aus der Knechtschaft der Römer befreien wird, der das Reich Gottes bringt". Das war eine große Zeit. Sogar Streit war ausgebrochen, über die Positionen, die sie, die Jünger, unter der Herrschaft ihres Herrn dann einnehmen werden. Und dann war plötzlich alles vorbei.
Vielleicht konnte Judas es nicht
erwarten, daß ihr Meister endlich offenbart, wer er wirklich ist, statt seine
Zeit mit Gleichnissen und Heilungen zu verbringen, und - wenn er konfrontiert
wird, dann muß er ja seine Macht zeigen, dann wird die Entscheidung fallen und
das Reich Gottes Wirklichkeit werden. Vielleicht hatte er aber seine Hoffnung
auch schon aufgegeben und wollte wenigstens einen Gewinn mitnehmen vor dem Ende
dieses Träumers.
Jedenfalls hatte er die Häscher geführt, so daß sie Jesus ohne Aufsehen greifen
konnten - und dann kam das Ende. Da zerbrach auch die Hoffnung der anderen Jünger.
Angst hatte sie ergriffen, daß man sie als Mitläufer auch verfolgen würde. Der
Meister war tot - und mit ihm war die Hoffnung auf Erlösung begraben.
In der Zeit, die sie mit Jesus unterwegs
waren, hatten die Jünger eine Menge Wunderbares erlebt - aber was jetzt geschah,
das war nicht zu begreifen. Frauen hatten erzählt, er sei auferstanden und ihnen
begegnet. Petrus und Johannes waren zum Grab gelaufen - es war er leer, die
Leichentücher lagen zusammengelegt drinnen.
Dann stand Jesus plötzlich vor ihnen - bei geschlossener Tür war er in den Raum
getreten. Er blies ihnen den Heiligen Geist zu und öffnete ihnen die Augen für
das, was geschehen war. Zweien, die auf dem Weg ins Heimatdorf waren, begegnete
er, ohne daß sie ihn zunächst erkannten - auch ihnen machte er klar, daß der
Tod am Kreuz nicht die Katastrophe war sondern Gottes Wille zum Heil der Menschen.
Erst als er mit ihnen am Abendbrottisch saß, da erkannten sie ihn.
So ging es dann weiter. 40 Tage erlebten sie Jesus als Auferstandenen. Thomas
war nicht dabei gewesen als Jesus zum ersten Mal dort im Zimmer erschien - und
er konnte und wollte nicht glauben, was die anderen ihm erzählten. Er bekam
eine Extralektion - und für alle Zeit den Namen: "Der ungläubige Thomas".
Ich heiße nicht Thomas sondern Hans - geglaubt hätte ich an seiner Stelle aber
wohl auch nicht - und ich glaube, da sind viele solche "Thomase" unter uns.
Am See Genezareth, da waren Petrus und andere beim Fischen - das Leben mußte
ja weitergehen. Da steht Jesus am Ufer, schickt sie zu einem wunderbaren Fischzug
raus. Danach nimmt er Petrus beiseite, der hatte ihn dreimal verleugnet am Abend
vor Karfreitag - jetzt fragt ihn der Auferstandene dreimal nach seiner Liebe.
Da muß noch eine ganze Menge geschehen sein in diesen 40 Tagen. Paulus zählt
später in einem Brief auf, wie viele Menschen Jesus damals noch erlebt haben;
einmal über 500 zur gleichen Zeit. "Er legte ihnen die Schrift aus, von Mose
bis zu den Propheten" - so heißt es an verschiedenen Stellen in den Evangelien.
Ich halte das für einen sehr wichtigen Satz.
Schon damals, als Maria die Botschaft
bekam, daß sie einen Sohn bekommen wird - da zitierte der Engel das Alte Testament:
"Gott der Herr wird ihm den Thron seines Vaters David geben" - da wußte Maria
was für ein Sohn das sein sollte: Der verheißene Messias.
Die alten Künstler haben das begriffen: immer wenn sie die Verkündigungsszene
darstellten, da war auf der linken Seite der Engel und rechts Maria am Lesepult
oder mit dem Buch in der Hand - denn ohne das Alte Testament mit seiner Messiasverheißung
hätte sie den Engel überhaupt nicht verstanden.
Jetzt, nach seiner Auferstehung, da zitiert Jesus auch das Alte Testament, das
von ihm redet. Wie eine Klammer stehen diese Hinweise vor und hinter dem Leben
dieses Jesus - deshalb ist er auch nur mit dem Alten Testament zu verstehen.
"Begreift ihr jetzt, ich bin der von dem ihr schon immer gehört habt und gelesen
habt" - so macht er es den Jüngern klar, und da erst begreifen sie.
In der ersten christlichen Predigt
- Petrus hält sie zu Pfingsten im Tempel - da heißt es: "So wisse nun das ganze
Haus Israel gewiß, daß Gott diesen Jesus, den ihr gekreuzigt habt, zum Herrn
und Christus gemacht hat".
Wie wäre der, welcher seinen Meister dreimal verleugnet hatte dazu gekommen,
so etwas öffentlich zu sagen, wenn ihm in diesen 40 Tagen nicht etwas eindeutig
Überzeugendes widerfahren wäre. Die Auferstehung ist nicht zu verstehen, aber
eine solche Wandlung wäre ohne Auferstehung überhaupt nicht zu begreifen. Und
diese 40 Tage mit dem Auferstandenen, die sind an Himmelfahrt zu Ende.
Nun hatten die Jünger begriffen,
was sie erlebt hatten in ihrer Zeit mit Jesus und was geschehen war, dort auf
Golgatha. Und da verschwindet der Jesus, von dem sie jetzt wußten: Er ist der
Christus, der verheißene Messias.
Eigentlich wäre ja jetzt dran gewesen: Jesus zeigt sich als der auferstandene
Messias denen, die ihn verurteilt haben, die müssen ihren Irrtum einsehen und
sich bekehren. Natürlich überzeugt die Bekehrung der Priesterschaft und des
Hohen Rates das Volk und Israel nimmt seinen Messias an - das wäre Anlaß für
einen Feiertag.
Aber so war es nicht. Nachdem die Jünger - wenigstens die meisten - überzeugt
waren, da verschwand er in den Himmel. Was ist daran zu feiern?
Wir müssen versuchen, die Perspektive
zu wechseln. Jesus hatte seinen Weg vollendet, hatte sein Leben geopfert für
das Heil der Menschen, und Gott hat ihn als Erlöser, als Christus bestätigt
in der Auferstehung.
Nun soll das Werk der Erlösung die Menschen aller Länder und aller Zeiten erreichen
- und Jesus Christus vertraut seinen Jüngern so, daß er sie allein lassen kann
mit dieser Aufgabe.
Das wäre eine Lehre für Eltern und Lehrer: Den Kindern klarmachen, worum es
geht, das Ziel und den Weg zeigen - und sie dann im Vertrauen loslassen. Solche
Erfahrungen bleiben in Erinnerung und können lebensgestaltend werden.
Eine solche Erfahrung steht am Anfang der Kirchengeschichte - und aus solchen
Erfahrungen ist Kirche geworden, da wo sie lebendig ist.
Daß trotz "Vatertag" Himmelfahrt immer noch ein Thema ist - 40 Tage nach Ostern,
das ist ein Beweis dafür.
Nun steht Himmelfahrt aber auch
in Beziehung zu Pfingsten. Jesus befahl seinen Jüngern, in Jerusalem zu bleiben:
"Ihr sollt mit dem Heiligen Geist getauft werden".
In unser Leben übertragen: Wenn aus der Erkenntnis des Ziels und dem Finden
des Weges Begeisterung wird, dann wird etwas daraus.
So auch in der Kirche: Wo Menschen begreifen, wer Jesus Christus für sie ist,
daß Gott sie freimacht von Schuld und Bindungen und seine gute Absicht in ihre
Hände gibt, damit alle Menschen sie erfahren können, da kommt Begeisterung.
Wer sich dann auf den Weg macht, der wird bald spüren, daß da nicht nur seine
Begeisterung sondern auch der Geist Gottes wirkt.
Für mich ist das ein Grund zum Feiern: Jesus hat sich seinen Jüngern als der Christus offenbart und nun vertraut ihnen sein Werk an. Er verläßt sie - aber läßt sie nicht allein. Wir sind nicht nur auf unser Begeisterung angewiesen - uns wird Heiliger Geist geschenkt. Und daraus wächst seit 2000 Jahren Kirche und Gemeinde Christi, werden immer wieder Menschen angesteckt, überzeugt und begeistert.
Dr. Hans Frisch