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Marienmonat Mai

gesendet am 01.05.2009 von Dr. Hans Frisch
 

Der Mai ist gekommen,
die Bäume schlagen aus.
Da bleibe, wer Lust hat,
mit Sorgen zu Haus.

Maienzeit bannet Leid,
Fröhlichkeit ist gebreit'
über Berg und Tal und grüne Auen.

Der Mai, der Mai, der lustige Mai
Der kommt herangerauschet,
Ich ging wohl in den Busch
und brach mir einen Mai,
Der Mai und der war grüne.

Unzählige Lieder gibt es zum heutigen Datum - keine Angst, ich fange nicht an zu singen.

Auch ganz andere Töne kennt dieser Tag: Alle Räder stehen still wenn dein starker Arm es will - mit diesem Lied machten sich die Arbeiter ihrer Macht bewusst, doch wird der Ruf wohl in diesem Jahr nicht laut werden, wo alle hoffen, dass sich die Räder weiter drehen.
Trillerpfeifen, Vorwürfe, Forderungen und vielleicht auch Bitten werden zu hören sein.

Ein Aspekt des Maifeiertages ist stiller. Begleitet von Liedern und Gebeten wird in katholischen Kreisen der Marienmonat Mai begrüßt - in Deutschland heute vor 160 Jahren zum ersten Mal - natürlich in Bayern - und ein vorwiegend bayerischer Festmonat ist es geblieben, mit Marienandachten, Mariengebeten, Marienliedern und Lichterprozessionen.

"Der schönste Monat soll der schönsten aller Frauen geweiht sein." Nun gibt es keine Porträts von Maria, dafür aber unendlich viele Darstellungen. Viele davon sind wunderbare Kunstwerke - und da könnte sie in jedem Schönheitswettbewerb mithalten.

Wer jetzt meint, er ist beim falschen Sender, etwa Radio Vatikan - hab etwas Geduld! AREF ist ein Programm der evangelischen Freikirchen - und Marienverehrung, Mariengebete, Marienbilder- und Statuen trennen uns eher von der katholischen Kirche.

Bilderstürmer, die Marienstatuen vom Sockel gestoßen haben, waren die frühen freikirchlichen Christen nicht - schon deshalb, weil sie keine Kirchen mit Bilderschmuck übernommen haben. Sie waren froh, wenn sie überlebten. Zehntausende wurden von den Kirchen umgebracht - von der katholischen und von der protestantischen. Die einen verbrannten sie und beteten den Rosenkranz dabei, die andern ertränkten sie und meinten, Gott einen Gefallen zu tun. Der damals aufgerissene Graben ist noch immer nicht wirklich überbrückt, Heiligen- und Marienverehrung, besonders Gebete zu ihnen, kommt frommen Baptisten fast wie heidnisch vor - und, Baptisten den strengen Katholiken als Ketzer, zumindest als Mitglieder einer Sekte. Vielleicht können der liebliche Mai und die liebenswerte Maria uns näher zueinander bringen.

Jahr für Jahr erleben wir im Mai, wie das Ewiggleiche immer wieder einen neuen Anfang braucht, damit es lebendig bleibt. So kann auch die alte Geschichte in immer wieder neuen Begegnungen jung und lebendig bleiben - oder wieder lebendig werden. Wenn wir in unserer Geschichte bei Maria einsteigen, dann treffen wir sie im Mai bei Elisabeth, ihre Verwandten an. Elisabeth ist die Schwangerschaft schon anzusehen. Als Maria eintritt und sie begrüßt, "da hüpfte das Kind in ihrem Leibe". Johannes der Täufer ist dieses Kind. Und Elisabeth wurde vom Heiligen Geist erfüllt und rief laut und sprach (zu Maria): Gepriesen bist du unter den Frauen, und gepriesen ist die Frucht deines Leibes!

Liebe Freikirchler, das ist das zentrale Mariengebet in der katholischen Kirche, das "Ave Maria". "Gebenedeit bist du unter den Weibern und gebenedeit ist die Frucht deines Leibes - Jesus". Wenn ich genau hinschaue, dann kann ich in diesen Gruß und in dieses Gebet der Elisabeth (und der katholischen Schwestern und Brüder) mit einstimmen. Maria stimmt ihren großen Lobgesang an, das "Magnificat": Meine Seele erhebt den Herrn, und mein Geist freut sich Gottes, meines Heilandes;

Fast sollte man den ganzen Text lesen, einiges darin würde auf eine Maiveranstaltung der Gewerkschaften passen, z.B.: Er stößt die Gewaltigen vom Thron und erhebt die Niedrigen. Die Hungrigen füllt er mit Gütern und lässt die Reichen leer ausgehen.

Die Revolution, die mit diesen beiden Frauen ihren Anfang nahm, die ist nicht so politisch und so kämpferisch, wie der Satz klingt, und wie auch damals die meisten hofften.

Musik

Der Sohn der Elisabeth wurde im Juni geboren - so behauptet es jedenfalls der Kirchenkalender. Die Sommersonnenwende ist Johannistag - und sein Auftreten als Täufer verstärkte die Hoffnung auf einen revolutionären Umbruch. "Die Axt ist den Bäumen schon an die Wurzel gelegt" verkündete er und versprach den Anbruch des Gottesreiches.

Die Geburt Jesu wird zur Wintersonnenwende gefeiert, sie erfolgte in turbulenten Zeiten, doch "Frieden auf Erden verkündeten" die Engel den Hirten.Bei beiden stand ganz am Anfang eine Botschaft des Engels Gabriel - und für beide wurde diese Botschaft zur Weichenstellung. Johannes wuchs auf in der Wüste, wahrscheinlich haben Zacharias und Elisabeth ihren Sohn nach Qumran ins Internat gegeben. In diesem Wüstenkloster am Toten Meer herrschte strenge Zucht und eine akute Messiaserwartung.

Maria trägt ihren Sohn auf der Flucht vor Herodes über die ganze Sinaihalbinsel bis nach Ägypten - mit dem Wissen: "Du bist der verheißene Messias". Die Weisen aus dem Morgenland hatten es ihr nochmals versichert, und der Stern stand jeden Abend über ihrem Weg am klaren Wüstenhimmel. Wenn es eine frühkindliche Prägung gibt, die für das ganze Leben entscheidend ist, hier ist sie geschehen. Dann im Exil, da musste die Mutter Fragen des Kindes beantworten: "Warum sprechen wir anders als die Menschen um uns?" "Weil wir aus Judäa kommen." "Warum sind wir nicht dort geblieben?" "Wir mussten fliehen." "Warum?" "Der König wollte dich töten." "Warum?" "Weil du der Messias bist". Sie hatte ja nicht Psychologie studiert und wusste nicht, auf welchen Weg sie ihren Sohn damit schickte - und, sie glaubte es ja wirklich.

Spätestens jetzt müssen wir die katholische Deutung und Lehre verlassen, eine "bleibende Jungfräulichkeit" ist uns nach der Geburt von einigen Geschwistern Jesu nicht denkbar. Die Familienpflichten dürften Maria bald weitgehend in Anspruch genommen haben, wahrscheinlich ist sie früh Witwe geworden.
Die weitere Prägung von Jesus wird sie kaum wahrgenommen haben - die geschah durch die Bücher der Bibel. Hier fand er einen verheißenen Messias, und wusste - durch die Mutter! - "Das bin ich", mit kindlicher Selbstverständlichkeit.

Als bei einem Pilgerfest der zwölfjährige Jesus im Tempel in Diskussionen mit den Priestern gerät, da staunen die über sein Wissen. Und als die Mutter ihn nach langem Suchen schließlich findet, reagiert sie, wie eine Mutter bei so etwas eben reagiert. Erstaunt, fast erschrocken, fragt ihr Sohn: "Mutter, weißt du nicht, das ich im Haus meines Vaters sein muss?" Wie kann die Mutter nicht mehr wissen, was sie ihm gegeben hat?

Seinen weiteren Weg ist er wohl recht allein gegangen. Am Anfang, bei einer Hochzeitsfeier, da rechnet die Mutter noch mit seiner Wunderkraft - "Tut was er sagt". Und Wasser wird zu Wein. Doch später, als die Bedrohung zunimmt, da will die Familie ihn als unzurechnungsfähig erklären, um eine Verurteilung zu verhindern.
"Wer ist meine Mutter, wer sind meine Brüder" so fragt Jesus, als diese ihn sprechen wollen.
Erst am Kreuz sieht man Mutter und Sohn wieder zusammen.
Maria und auch Jesu Bruder Jakobus gehören dann zur ersten Christengemeinde in Jerusalem.

Musik

Gegenüber der katholischen Marienverehrung und der Marienfrömmigkeit wirkt unsere Sicht auf Maria recht nüchtern - doch hat sie den Vorteil, dass sie rationalem Denken zugänglich ist.
Die Einwände der Theologen und anderer, dass die Geburt Jesu in Bethlehem, die Geschichte der Weisen aus dem Morgenland, die Flucht nach Ägypten und der Kindermord des Herodes nicht belegt oder bewiesen sind, ja, dass sie Legenden sind, lassen sich zwar nicht widerlegen, doch Erklärungen für die Entwicklung Jesu, die schlüssiger sind als die aus diesen Geschichten abgeleiteten, die bleiben die Kritiker schuldig. Außerdem gibt es unter ihnen so viele verschiedene Versionen, dass ihre Einwände dadurch auch relativiert werden.

Mag es so geschehen sein, wie wir es aus den überlieferten Geschichten herauslesen oder anders - ohne Maria ist Jesus nicht zu verstehen.
Da hatte eine junge Frau, wie auch immer, eine Engelsbotschaft vernommen. "Du wirst einen Sohn gebären, der wird Sohn des Höchsten genannt werden und Gott wird ihm den Thron seines Vaters David geben. Der wird König sein über das Haus Jakob in Ewigkeit, und sein Reich wird kein Ende haben."
Sie hat es verstanden und geglaubt, denn sie kannte das Gesetz und die Propheten. Die Erwartung des Messias war zu ihrer Zeit sehr lebendig. "Messias", "der Gesalbte" war in Israel der König, und dem gesalbten König David war ein Nachkomme verheißen, dessen Reich ewig dauert.
Auf den warteten die Juden - er würde das Land befreien von den Römern und das Reich Gottes aufrichten.
Mit dieser Erwartung war Maria eine von vielen - doch mit der Engelsbotschaft wurde sie die Eine unter allen.
Ein solcher Same konnte nur aufgehen in einer jungfräulichen Seele - und eine solche Botschaft zu akzeptieren und zu glauben, das verlangte Mut, Selbstbewusstsein, Standfestigkeit und Opferbereitschaft und manches andere, was Maria zu einer bewunderungswürdigen Frau macht. Offensichtlich hat sie die Aufgabe nicht nur angenommen, sondern auch bewältigt, damit hat sie nicht nur unsere Bewunderung verdient, sondern auch unsere Dankbarkeit.

Kann uns das näher zueinander bringen, uns Freikirchler, die den Marienkult zum Teil entschieden ablehnen, und euch katholische Schwestern und Brüder, mit eurer Liebe und Verehrung zu Maria?

Zunächst müssen wir uns wohl sagen lassen, dass ihr Maria verehrt und zu ihr betet, sie aber nicht anbetet - denn Anbetung gebührt allein Gott.
Dann dürfen wir erkennen, Maria, die junge Mutter mit ihrer großen Berufung, sie verdient unsere Verehrung und Liebe - auch wenn wir meinen, wir brauchen sie nicht als Vermittlerin zu Jesus oder zu Gott.

Aber eigentlich seid ihr zu beneiden um eine so mütterliche Fürsprecherin.

Ihr dürft glauben, dass der Graben in der Geschichte zwischen Kirchen und Freikirchen uns nicht trennt, sondern dass der für uns gestorbene und auferstandene Christus uns verbindet.

Mit großer Freude erlebe ich immer wieder, dass die katholische und die evangelische Nachbargemeinde mit uns gemeinsam Gottesdienst feiern kann.

Alle zusammen wollen wir Maria danken für ihren Glauben, ihre Treue und für den Sohn, den Gott ihr und uns geschenkt hat.

Dr. Hans Frisch

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