Vor Himmelfahrtgesendet am 09.05.2010 von Dr. Hans Frisch |
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Vor einer Woche wurde die Expo in Shanghai eröffnet - das teuerste Exponat dürfte im deutschen Pavillon, nicht stehen sondern hängen - eine eineinhalb Tonnen schwere Kugel die durch unzählige Leuchtdioden wechselnde Bilder zeigt, und von den Zuschauern durch Rufe oder rhythmische Bewegungen ins Schwingen gebracht werden kann. Allerdings müssen viele im gleichen Rhythmus rufen oder sich bewegen. Bis Ende Oktober dürften Millionen sich begeistert daran beteiligt haben, und die Erinnerung daran mitnehmen.
In zwei Wochen ist Pfingsten - damals vor fast 2.000 Jahren da schwebte keine Kugel in Shanghai und keine Leuchtdioden - es schwebten Feuererscheinungen in Jerusalem. Viele wurden von der Begeisterung der paar Jünger angesteckt - 3000 ließen sich damals taufen auf einen neuen Glauben, den sie eigentlich noch gar nicht richtig kannten, und die Erinnerung ist so lebendig geblieben, dass bis heute sich viele Milliarden anstecken ließen.
Heute in Schanghai wurde etwas nach langer Planung mit riesigem Aufwand aufgebaut - für ein halbes Jahr. Damals in Jerusalem ist etwas aus einem ganz kleinen Anfang entstanden, ohne einen Plan und ohne Kapital, ist lebendig gewachsen durch zwei Jahrtausende und in alle 227 Länder der Expo gekommen. Wir werden Pfingsten in unserer Sendung darüber nachdenken, 10 Tage nach Himmelfahrt. Jetzt sind wir noch in den 40 Tagen zwischen Ostern und Himmelfahrt - und das ist eine eigenartige Zeit gewesen, eigenartig und entscheidend.
Wenn Pfingsten als "die Geburt der Kirche" bezeichnet wird, dann
ist diese Zeit die Entstehung ihrer Gestalt aus dem ersten Anfang zu Ostern,
fast etwas wie die Schwangerschaft.
Sicher, Jesus hatte 2-3 Jahre gewirkt und gelehrt, hatte Jünger erwählt
und zeitweise viele Anhänger gehabt - doch am Kreuz war er allein. Seine
Anhänger waren enttäuscht, denn sie hatten auf ihn als Messias, als
Erlöser gehofft, der das Reich Gottes aufrichtet und das Volk befreit von
den Römern. Sie waren ratlos und voller Angst, dass auch sie verfolgt werden
- und die Priesterschaft war erleichtert, dass die Gefahr eines messiaspolitischen
Aufstandes gebannt war.
Der allererste Anfang des Neuen ist so still und so verborgen, dass er leicht
zu übersehen ist. Am Ostermorgen sind Petrus und Johannes zum Felsengrab
gelaufen, Frauen hatten gesehen, dass es leer ist. Petrus ging hinein, er sah
die Leichentücher zusammengelegt, das Schweißtuch vom Kopf extra
daneben. Dann ging auch Johannes ins Grab - und sah und glaubte.
Was glaubte er? Das es nicht zu Ende ist mit Jesus, dass er in einer neuen Wirklichkeit
anwesend ist. Denn, wenn jemand den Leichnam entwendet hätte - die Leinentücher
wären sicher nicht zurückgeblieben.
Fast so verborgen und geheimnisvoll wie die Entstehung eines neuen Lebens im
Mutterleib erscheint dieser Augenblick - und dann beginnt das Wachstum und die
Entwicklung.
"Ihnen zeigte er sich nach seinem Leiden durch viele Beweise als der Lebendige
und ließ sich sehen unter ihnen vierzig Tage lang und redete mit ihnen
vom Reich Gottes." so berichtet die Apostelgeschichte von dieser Zeit.
Eigenartig sind die Berichte:
Von den zwei Jüngern auf dem Heimweg nach Emmaus am Ostertag. Sie erkennen
Jesus nicht als er mit ihnen geht und ihnen erklärt, dass dort am Kreuz
sich die Verheißungen vom Messias erfüllt haben. Erst als er bei
ihnen im Haus das Brot bricht, beim Abendessen, da wissen sie: "Es ist
der Herr!"
Den ängstlich versteckten Jüngern erscheint er durch die geschlossene
Tür, wie ein Gespenst, doch er isst mit ihnen.
Der ungläubige Thomas bekommt eine Extralektion, er soll ihn anfassen,
seine Wunden berühren.
Und immer wieder ist er verschwunden.
40 Tage dauert dieser erste Glaubenskurs, und am Ende, vor der Himmelfahrt,
steht ein Satz, so verborgen wie der am Anfang: "Und als sie ihn sahen,
fielen sie vor ihm nieder, einige aber zweifelten."
Die Begegnungen mit Jesus hatten den Glauben ermöglicht, aber nicht erzwungen.
Und diese Eigenschaft gehört zu den Geburtsmerkmalen des Glaubens an Jesus
Christus, bis heute.
Musik
Von der wie durch Geisterhand bewegten schwebenden Lichterkugel im deutschen
Pavillon auf der Expo waren wir auf die schwebenden Geistesflammen zu Pfingsten
in Jerusalem gekommen, und, weil Pfingsten ja erst in zwei Wochen ist, in die
40 Tage zwischen Ostern und Himmelfahrt. Gewissermaßen die Vorbereitungszeit
zur Geburt der Kirche.
Es sind die Erbanlagen die in der Zeit der Schwangerschaft Gestalt werden -
aus einer Zelle zu einem ganzen Körper. Diese Anlagen stammen aus der langen
Entwicklungsreihe der Vorfahren.
Der chinesische Pavillon könnte das symbolisieren. Mit der Spitze auf einem
quadratischen Fundament von vier Säulen ist gewaltig eine umgekehrte Pyramide
errichtet, in chinesischer Balkenarchitektur, rot wie der Palast und wie die
Tempel. Innen wird die Jahrtausende alte Geschichte Chinas dargestellt, die
hinein wächst in die beeindruckende Wirklichkeit heute.
So könnte man die Geschichte der Kirche sich vorstellen: Auf dem zentralen
Fundament des Kreuzes wächst und entfaltet sich die Wirklichkeit der Kirche
des Christus - doch ist sie tief gegründet in der Geschichte und dem Glauben
des jüdischen Volkes.
Die Jünger, die auf dem Weg nach Emmaus Jesus nicht erkannten, klagen ihr
Leid,:
Jesus von Nazareth, der ein Prophet war, mächtig in Taten und Worten vor
Gott und allem Volk; wie ihn unsre Hohenpriester und Oberen zur Todesstrafe
überantwortet und gekreuzigt haben. Wir aber hofften, er sei es, der Israel
erlösen werde.
denen antwortet er: "Musste nicht Christus solches leiden und in seine
Herrlichkeit eingehen?"
Und er fing an bei Mose und allen Propheten und legte ihnen aus, was in der
ganzen Schrift von ihm gesagt war.
Später sagte er zu allen Jüngern:
Es muss alles erfüllt werden, was von mir geschrieben steht im Gesetz des
Mose, in den Propheten und in den Psalmen.
Es ist wie ein Blick in das Genom, das Erbgut des neuen Wesens, das da geboren werden soll und zu einem großen Volk heranwachsen wird.
Sicher, beim Gang durch den chinesischen Pavillon werden viele Bilder fehlen,
die Schlimmes und Grausames zeigen könnten aus der Geschichte dieses Volkes,
bis in unsere Zeit - so auch beim Gang durch die Kirchengeschichte.
Um alles Leben, das durch den Bestand dieses Volkes ermöglicht und gesichert
wurde darzustellen, müsste der gewaltige Bau wohl um ein Vielfaches vergrößert
werden, so auch in der Kirchengeschichte der Christen.
Ursache der meisten Übel ist der Missbrauch der Macht, und jede Macht verführt
zum Missbrauch.
Doch mit Jesus am Kreuz steht am Ursprung der Kirche der, der alle Macht abgelegt
hat, dessen Sieg es war, dass er sich töten ließ.
Die Jünger taten sich schwer, diesen Sieg zu begreifen, und etwas ratlos
dürften sie bei der Himmelfahrt nach 40 Tagen den Auftrag gehört haben:
Darum gehet hin und machet zu Jüngern alle Völker: Taufet sie auf
den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes
"Mir ist gegeben alle Gewalt im Himmel auf Erden und: Ich bin bei euch
alle Tage bis an der Welt Ende", das mag sie etwas getröstet haben,
obwohl sie es sich kaum vorstellen konnten.
Doch damit sind wir schon bei der Himmelfahrt, die wir erst in fünf Tagen
feiern.
Musik
"Geht hin und macht zu Jüngern alle Völker" hatte Jesus
vor seinem Abschied bei der Himmelfahrt den Jüngern gesagt, nach dem Markus
Evangelium: "Predigt das Evangelium aller Kreatur."
227 Nationen sind auf der Expo vertreten, in allen gibt es Menschen, die sich
"Jünger Jesu" nennen oder kurz "Christen". Das Evangelium
ist übersetzt in über 2000 Sprachen, und viele, sehr viele Menschen
bezeugen: "Jesus ist bei uns, wie er den Jüngern damals verheißen
hatte".
"Und siehe ich bin bei euch alle Tage bis einer Welt Ende" - so steht
es "Matthäi am Letzten".
Ganz still und verborgen war der Anfang als die beiden Jünger ins leere
Grab kamen, die Tücher da lagen und Johannes sah und glaubte.
Eigenartig war die Begegnung mit dem Auferstandenen in den folgenden 40 Tagen
- da öffnete er ihnen die Augen und das Herz für die Geschichte des
Alten Testaments, die auf ihn, seinen Tod und seine Auferweckung hinzielt, und
er gibt ihnen den Auftrag, das Evangelium, die frohe Botschaft in die Welt hinauszutragen.
Das geschieht seitdem ständig - auch unsere Sendungen gehören dazu.
Die Frohe Botschaft ist nicht: "Jesus lebt" sondern: "Jesus ist für dich gestorben. Alles was dich von Gott trennen könnte, was dich hindert, seine Liebe zu erkennen und anzunehmen, alles ist beseitigt. Irrtum Verblendung Trägheit Schuld und was noch dich abgehalten hat, nichts davon zählt. Du darfst kommen - und das einzige, was von dir erwartet und verlangt wird: Du sollst aus dieser Liebe leben.
Für dich wäre wahrscheinlich ein so hoher Preis nicht nötig
gewesen. Petrus, der Jesus zuletzt verleugnet hatte unter Selbstverfluchungen,
er brauchte schon einen massiven Zuspruch der Vergebung; auch Paulus, der die
ersten Christen verfolgte - und viele, sehr viele haben seitdem durch Jesu Tod
am Kreuz den Zugangs in ein neues Leben gefunden. Wie zum Beispiel der Zuhälter
in St. Pauli, der ein Heilsarmeeoffizier wurde und seinen ehemaligen Kollegen
das Evangelium verkündet, wie Martin Luther, der aus einem verzweifelten
Mönch voller Angst zu einem befreiten Menschen wurde als er den Brief des
Paulus an die Römer las.
Auch mein Leben hat sich recht plötzlich verändert, als ich im Anblick
des Gekreuzigten in einem Gottesdienst die Worte hörte: "Mir ist gegeben
alle Gewalt im Himmel und auf Erden" und erkannte: "Das stimmt."
Denn welche Gewalt hat die Welt durch zwei Jahrtausende so verändert wie
das Evangelium von Jesus Christus? Es gab und gibt Widerstand und Verfolgung.
"Religion ist Opium fürs Volk" behauptete der Kommunismus, und
auch heute werden Stimmen laut, die im Glauben die Quelle von Unheil sehen.
Dass eine gottlose Gesellschaft der Menschheit das Heil bringen kann, diesen
Beweis sind bis heute alle Versuche schuldig geblieben - manche haben die Behauptung
auf furchtbare Weise widerlegt - in Frankreich, in Deutschland, in Russland,
in China - von Kambodscha nicht zu reden.
Unter den Opfern waren viele Christen, die sich weigerten an dem Unheil mitzuwirken.
Auch die mächtigste und prächtigste Weltausstellung kann nicht darüber
hinwegtäuschen, dass nicht die Veränderung der Gesellschaft die Menschen
heil macht, sondern veränderte Menschen die Gesellschaft heilen können.
Der Anfang dazu wurde in jenen 40 Tagen vor fast 2000 Jahren gestiftet