Weltraumsonde Rosettagesendet am 9. Februar 2014 von Dr. Hans Frisch |
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In Berlin wohnten wir bei einem alten Maurermeister, der hatte in seiner Kindheit Otto Lilienthal in Steglitz geholfen, wenn er bei seinen Flugversuchen im Teich gelandet (oder besser gewassert) war. Das war am Ende des 19. Jahrhunderts. In der Mitte des 20. Jahrhunderts erlebte er, wie russische Miggs die Schallmauer durchbrachen. Auch, dass Sputnik
die Erde umrundet, hat er noch erfahren. Die Mondlandung hätte ihn
sicher begeistert doch er lebte nicht mehr - und hätte auch
keinen Fernseher gehabt. Unglaublich viele Informationen und Bilder haben Satelliten und Raumsonden bisher geliefert - bis über die Grenze des Sonnensystems hinaus. Doch jetzt steht etwas Spektakuläres an. Raumsonde Rosetta hat 7 Millarden Kilometer zurückgelegt
Zehn Jahre war die Raumsonde Rosetta unterwegs - dreimal wurde sie durch einen Vorbeiflug an der Erde und einmal durch den Mars beschleunigt - dann schlief sie zweieinhalb Jahre, denn die Geräte wurden abgeschaltet, um Strom zu sparen. Bei der großen Entfernung bekamen die Solarzellen nur noch wenig Sonnenlicht. Nun hat am 20. Januar der Wecker geläutet, und Rosetta ist erwacht. Sie hat sich gemeldet, bereit für die eigentliche Mission: Einen Kometen einholen auf dem sonnennahen Abschnitt seiner Bahn, in eine Umlaufbahn einschwenken, einen Roboter mit einer Landefähre absetzen und die Daten seiner Messgeräte zur Erde senden - über eine Distanz von 800 Millionen km. Rosettas gesamte Reise ging über 7 Milliarden Kilometer für so eine Strecke braucht die Erde auf ihrer Bahn um die Sonne 46 Jahre. Was für eine Entwicklung von den ersten Flugversuchen über 80 m bis zu einer Distanz von 800 Millionen Kilometern. Unser Wirt hatte den Anfang, und wir haben in der in den fünfziger Jahren die Halbzeit der Entwicklung miterlebt. Wahrscheinlich werden die Kinder unserer Enkel auf unser Staunen so zurückschauen, wie wir auf das Staunen unseres alten Hauswirts über die Flugkünste Lilienthals. Doch sicher wird die Welt (die Menschenwelt) dann anders aussehen, auch anders als Science-Fiction fantasiert hat doch der Mensch ist wohl noch weitestgehend der, zu dem er in Jahrtausende langer Entwicklung geworden ist. Wir haben Bedenken, Sechzehnjährigen schon die Fahrerlaubnis zu geben. Der Umgang der Menschheit mit den gewaltigen wissenschaftlich-technischen Möglichkeiten, die sie erreicht hat, lässt Bedenken für die Zukunft durchaus berechtigt erscheinen - denn etwas unreif sind wir wohl noch. Hätte Lilienthal die Fliegerangriffe auf Berlin, auf Dresden und auf Nürnberg vorausgesehen - er hätte wahrscheinlich Bedenken bekommen. (Einstein hatte Bedenken als er an der Entwicklung der Atombombe mitarbeitete, doch er machte mit bis zum Ende.) Da bin ich jetzt gespannt, wie es mit der Rosetta-Sonde weitergeht, welche wissenschaftlich-technischen Entwicklungen die nächsten Jahre bringen - und wo wir mit unseren Überlegungen landen. Musik
Auf die nächsten Schritte der Rosetta-Mission müssen wir noch warten August, November und Dezember sind die entscheidenden Termine. Für die wissenschaftlich-technische Entwicklung ist kaum ein Ende abzusehen, und eine zunehmende Beschleunigung dieser Entwicklung ist zu erwarten. In der Zeit des kalten Krieges hatte es den Anschein, als hätten Steinzeitmenschen statt Faustkeilen Atomraketen, um den Feind zu vernichten. Der Lauf unserer jüngeren Geschichte berechtigt etwas zum Optimismus, was den Fortschritt der Menschheitsentwicklung angeht, doch der Pessimist findet noch genügend - eigentlich viel zu viele - Argumente für seine Bedenken. Nun ist AREF kein Sender für die Menschheit. In einem begrenzten Empfangsbereich sind vielleicht 30.000 Hörer dabei, und an den meisten Geräten hört ein Einzelner für sich allein. Wenn du ein Pessimist bist, lass dich vom Optimismus etwas anstecken. Wahrscheinlich kann die globale Informationsdichte die Entwicklung und Entfaltung der Vernunft des Menschen doch beschleunigen - und so wie Du merken viele, dass es Zeit ist, unsere Verantwortung, unsere sozialen und moralischen Maßstäbe, unseren Anteil an den Missständen und unsere Möglichkeiten zur Verbesserung ernstzunehmen. Es gibt Bilder der
Erde vom Mars aus gesehen: ein kleiner blauer Stern. Rosetta sieht uns
auf einem winzigen, schwach leuchtenden Punkt. Vielleicht rückt diese
Perspektive unsere Maßstäbe etwas zurecht Dass
uns werde klein das Kleine und das Große groß erscheine,
so heißt es in einem Lied über Ewigkeit. Doch als Mensch hat er Anteil an einem so weit ausgreifenden Experiment. Das ist auf der anderen Seite Grund zum Staunen und zum Stolz - auch zur Hoffnung. Ein so intelligentes Wesen müsste es eigentlich schaffen, das Miteinander auf diesem wunderbaren Planeten zu ordnen und zu gestalten. Wir können nur in unserem kleinen Umfeld daran mitarbeiten - und das sollten wir tun. Doch, wenn wir auch unsere Versäumnisse, unsere Fehler, unsere Verschuldung hochrechnen auf die ganze Menschheit denn die anderen sind auch nicht viel besser als wir da kommt schon etwas zusammen. Und wenn dann noch die Schuld aneinander dazu kommt, die Schuld der Einzelnen, der gesellschaftlichen Gruppen und der Völker, dann kann einem angst werden. Auch das wird durch die globale Informationsdichte immer deutlicher sichtbar. So sind wir zwischen Hoffen und Bangen gefangen - angesichts dieser Schwierigkeiten erscheint die Herstellung, der Start und die Steuerung einer solchen Sonde doch relativ einfach - was die Bewunderung für die Leistung überhaupt nicht schmälert. Hoffen wir mit den direkt Beteiligten auf einen erfolgreichen Abschluss der Mission - selbst dann wird wohl die Diskussionen aufkommen: Wozu der Aufwand? Musik Welche Nutzen können wir aus der Rosetta-Mission ziehen?Bei der Suche nach Kosten für Rosetta Sonde taucht nur eine Angabe auf: 1 Milliarde. Das dürften die Kosten für die Herstellung sein - das ganze Projekt liegt sicher viel höher. Die Diskussion: Wozu der Aufwand? wollen wir keinesfalls eröffnen doch etwas darüber nachdenken, welchen Nutzen wir darinnen sehen können. Zunächst ist
es ein wichtiger Fortschritt in der Raumfahrt die dadurch aber
sicher nicht billiger wird. Die Auswirkungen für
uns als unbeteiligte Zuschauer sind schwieriger zu erkennen. Auf dem Mars könnten
wir die Erde nur als hellen Stern am Abend - oder Morgenhimmel sehen -
die Sonde ist doppelt so weit entfernt, da wären wir nur ein winziger
Punkt. Das wird durch die sicher noch zu erwartenden zahlreichen Berichte
von Rosetta in unser Bewusstsein kommen und unsere Vorstellung
von der einen Menschheit vertiefen. Ich glaube, das hat eine
viel größere Bedeutung als wir ahnen. An den Problemen und Konflikten der Menschheit ist jeder auf seine Art an seinem Platz beteiligt - an ihrer Lösung sollte auch jeder sich beteiligen. Beim planetaren Blick auf die kleine Erde leuchtet die Dringlichkeit ein, doch wird es im irdischen Maßstab schwierig. Denn, ganz eindeutig ist doch der andere schuld - die Anderen, die Gesellschaft, die Bank- und die Wirtschaftsbosse, die Politiker. Nehmen wir einmal an, Gott sieht aus unendlicher Entfernung - aber unmittelbar anwesend - dich und mich und alle, jetzt und in allen Zeiten. Er kennt die Ursachen und die oft furchtbaren Folgen unserer menschlichen (und auch der unmenschlichen) Entscheidungen und Taten, sieht Schuld und Vergeltung sich aufschaukeln zu zwei Weltkriegen in einem Jahrhundert und alle Verbrechen und Kriege durch Jahrtausende - er liebt den Täter wie ein Vater den Sohn, der auf Abwege gerät, und das Opfer, auch wenn es nicht unschuldig war. Jedem Einzelnen will er sich offenbaren in seiner Liebe jedem will er helfen wirklich frei zu leben - frei von Schuld und frei zur Vergebung und Versöhnung. Das müsste er können, wenn er Gott ist. Und das müsste er tun, wenn er unser Gott, der Gott der Menschen sein will. So sehr hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen einzigen Sohn gab, damit alle, die sich darauf einlassen, diese Befreiung und Erlösung erfahren - so lautet die Botschaft des Evangeliums - und eine bessere Botschaft für die Menschheit und für jeden Einzelnen kann ich mir nicht vorstellen. Leider ist Gott darauf angewiesen, dass wir wollen - doch er hat die Wette gewagt. Was das mit Rosetta zu tun hat? Mit dieser Sonde greift der Mensch 800 Millionen km von der Erde aus und untersucht Materie, die seit viereinhalb Milliarden Jahren unverändert ist - also älter als Erde und Planeten. Von dort aus ist diese Erde mit ihrer Menschheit ein winziger Lichtpunkt. In dieser Menschheit ist der Einzelne ein winziges Molekül, doch, nur aus solchen Einzelnen besteht sie, bestand sie und wird sie bestehen - auf Gedeih und Verderb. Eine Botschaft, eine Befreiung, ein Erlösung die jeden Einzelnen erreichen und erfassen kann, die wäre eine Hoffnung für die ganze Menschheit. Eine solche Botschaft ist seit zwei Jahrtausenden in der Welt - und die Schau auf die Erde aus planetarer Perspektive könnte uns helfen, es auf den Punkt zu bringen. Dr. Hans Frisch |