zur AREF-Startseite

David und Bathscheba

gesendet am 20.09.2015 von Dr. Hans Frisch
 

„Schulden-Schnitt“ war das Thema unserer letzten Sendung – das war nahe liegend, denn Griechenland war damals im Gespräch.

„Was könnte am 20. September dran sein?" war mein Gedanke. Ich schaute nach, welcher Psalm für den Bibelflash vorgegeben ist – der einundfünfzigste, „der vierte Bußpsalm" wird er genannt. Das war wie eine Einladung, doch noch einmal über Schuld und Schuldenschnitt - über Vergebung - nachzudenken.
Dass an diesem 20. September Wiederwahlen in Griechenland sind, war damals nicht abzusehen - doch es macht die Frage nach übergroßer Schuld und Schulden aktuell.

Nun können wir zur Verschuldung Griechenlands kaum etwas Neues und vor allem nichts Hilfreiches beitragen - schon gar nicht können wir in die heutige Entscheidung des griechischen Volkes dreinreden, bei der es letztlich wohl um das Verbleiben oder das Ausscheiden des Landes aus dem Euro geht (bei einem Austritt würde der Euro aus Griechenland - und Europa vom Euro verschwinden – denn „Europa auf dem Stier" ziert die griechische Zwei Euro Münze).
Wer will kann da ein Symbol entdecken: durch ein göttliches Täuschungsmanöver kam Europa, die schöne Jungfrau, nach Griechenland (Zeus hatte sich in einen zutraulichen weißen Stier verwandelt und sie entführt) - durch ein Täuschungsmanöver kam Griechenland in den Euroraum (die vorgezeigten Bilanzen waren gefälscht).

Das alles kam noch nicht in den Blick als ich den 51. Psalm anschaute. Er handelt von Schuld und Buße – „Ein Psalm Davids, vorzusingen, als der Prophet Nathan zu ihm kam, nachdem er zu Batscheba eingegangen war." steht davor.
Die Geschichte muss ich erzählen.
„Die kenne ich doch" wird mancher denken - doch es lohnt sich, sie wieder und wieder zu bedenken.

David und Batscheba - ein beliebtes Thema für Maler vergangener Jahrhunderte, denn da durften sie nur in Verbindung mit solchen Geschichten wie der Entführung der Europa auf dem Stier, oder Batscheba
beim Baden, eine nackte Frau malen, erotisch aufreizend. So hatte David sie beim Baden gesehen im Garten, direkt neben dem Palast.

Als König konnte er sich das Objekt seiner Begierde einfach einladen - und sie wurde das Subjekt seiner Liebe.
Unglaublich genial und gekonnt hat Rembrandt diesem Moment dargestellt. Nicht im Garten, sondern schon im Palastzimmer sitzt Batscheba auf einem Bett, nackt, aber mit dezentem Schmuck und das schöne Haar kunstvoll frisiert.
In der unteren linken Ecke kommt dunkel Davids Oberkörper ins Bild - er ist bekleidet, sogar mit Hut - und mit einem kleinen Tuch trocknet er Batscheba die Zehen. Er blickt nach unten auf den Fuß, sie schaut zu ihm hinunter mit einem Ausdruck, als ob sie schon wüsste, wie die Geschichte weitergeht und wie sie endet. Ihr rechter Unterarm ruht auf dem Oberschenkel des übergeschlagenen Beines, die Hand auf dem Knie - und in der Hand einen Brief, an dessen Rand ein blutroter Fleck ist - gerade in Augenhöhe von David. Nahe beieinander sind der Brief und der kleine Schleier, der ihre Scham bedeckt, in der Bildmitte.
Wirklich wahrnehmen kann das Bild nur, wer die Geschichte kennt, drum will ich sie erzählen.
Also, sie fängt an mit Batscheba beim Baden, und David der sie sieht – sie in den Palast bestellt und „zu ihr einging" wie es im Psalm heißt.
Er hat da etwas hinterlassen in ihr, sie wurde schwanger.
„Nun ja", könnte mancher denken, „so etwas passiert ja öfters". Doch das Problem - Batscheba war verheiratet. Auch das passiert nicht selten - wahrscheinlich öfter als bekannt, ist der Ehemann nicht der Vater des Kindes - da der Mann meist nicht so genau nachrechnen kann und nachrechnet.
Doch, Uria, der Hethiter war als Soldat im Feld, bei der Belagerung einer Stadt - und das konnte dauern. Wenn er zurückkommt wären die Folgen dieses Ehebruchs offensichtlich.
Die Rechtslage war klar:
Wenn jemand die Ehe bricht mit der Frau seines Nächsten, so sollen beide des Todes sterben, Ehebrecher und Ehebrecherin, weil er mit der Frau seines Nächsten die Ehe gebrochen hat. (3. Mose 20,10)
Die Folgen wären katastrophal, nicht nur für die beiden, auch für das Volk, das seinen großen König verloren hätte.
Doch David war clever - er hatte schon manche gefährliche Krise überstanden.
Er sendet Botschaft an seinen Feldherrn, der soll Uria zum Rapport nach Jerusalem schicken - und Uria kommt. Der König lässt sich berichten, und entlässt den Boten - in der Gewissheit, dass dieser nachhause geht zu seiner Frau, nicht nur bei, sondern mit ihr zu schlafen.

Musik

Wäre Uria gegangen und hätte mit seiner Frau geschlafen - dann hätte diese Geschichte nicht 3000 Jahre überlebt – und der 51. Psalm wäre nicht entstanden.

Beruhigt ging der König zur Ruhe, in aller Ruhe stand er am Morgen auf. Doch sein Diener (der an der Geschichte ja irgendwie beteiligt war und sich über die clevere Lösung des Problems gefreut hat) der musste seinem Herrn berichten: „Uria war nicht bei seiner Frau, er hat vor dem Tor des Palastes geschlafen.“
David gibt nicht auf - er lobt den Soldaten, der es sich nicht bei seiner Frau wohl sein ließ, während die Kameraden im Feld sind - gibt ihm noch einen Urlaubstag und lädt ihn zum Abendessen ein, mit reichlich Wein. „Dann wird der Trieb wohl über die Ehre siegen“ denkt er - und irrt sich wieder.
Uria ist hartnäckig ein ehrenhafter Soldat - vielleicht waren Hethiter so.
Die Katastrophe muss aber um jeden Preis verhindert werden - und jetzt kommt der blutige Brief ins Spiel, den Rembrandt so genial ins Bild gebracht hat.
„Stellt Uria vorne hin, wo der Kampf am härtesten ist und zieht euch hinter ihm zurück, dass er sterbe". So lautet Davids Brief an Joab, den Feldherrn – und Uria ist der Bote. - Diesmal klappt es.
Auf die Meldung von Joab tröstet David ihn: "Lass dir das nicht leid sein, denn das Schwert frisst bald diesen, bald jenen. Fahre fort mit dem Kampf gegen die Stadt und zerstöre sie.“ (2.Samuel 11,25)
Nach ihrer Trauerzeit ließ David Batscheba in den Palast holen - sie wurde seine Frau und gebar einen Sohn.
Aber dem HERRN missfiel die Tat, die David getan hatte. (2.Samuel 11, 27), so endet diese Geschichte eines simplen Ehebruchs und eines fast perfekten Mordes.

Doch jetzt erzählt Gott durch den Propheten Nathan dem David eine Geschichte - wie einen Bericht über eine Schandtat (2.Samuel 12,1)
Und der HERR sandte Nathan zu David. Als der zu ihm kam, sprach er zu ihm: Es waren zwei Männer in einer Stadt, der eine reich, der andere arm. Der Reiche hatte sehr viele Schafe und Rinder; aber der Arme hatte nichts als ein einziges kleines Schäflein, das er gekauft hatte. Und er nährte es, dass es groß wurde bei ihm zugleich mit seinen Kindern. Es aß von seinem Bissen und trank aus seinem Becher und schlief in seinem Schoß und er hielt's wie eine Tochter.
Als aber zu dem reichen Mann ein Gast kam, brachte er's nicht über sich, von seinen Schafen und Rindern zu nehmen, um dem Gast etwas zuzurichten, der zu ihm gekommen war, sondern er nahm das Schaf des armen Mannes und richtete es dem Mann zu, der zu ihm gekommen war.
Da geriet David in großen Zorn über den Mann und sprach zu Nathan: „So wahr der HERR lebt: Der Mann ist ein Kind des Todes, der das getan hat!
Dazu soll er das Schaf vierfach bezahlen, weil er das getan und sein eigenes geschont hat.“ - So ein Gerechtigkeitsfanatiker war dieser Ehebrecher und Mörder.

Die Falle schlägt zu: „Du bist der Mann!" spricht Nathan zu seinem König, und sagt ihm Gottes Meinung: „Ich habe dich zum König gemacht, habe dir Sauls Palast und seine Frauen gegeben - und du hättest noch mehr bekommen können. Warum hast du Urias Frau genommen und ihn durch das Schwert der Feinde umgebracht? – Nun wird Unheil und das Schwert über deine Familie kommen.
Du hast es heimlich getan, aber ich will dies tun vor ganz Israel und im Licht der Sonne!"
Und dann kommt etwas Unglaubliches. „Ich habe gesündigt gegen Gott“ bekennt David – „So hat Gott auch deine Sünde weggenommen, du wirst nicht sterben antwortet Nathan – „und ging heim“.
Angekündigt hatte er noch: „Der Sohn, der dir geboren ist, wird sterben". Das geschieht auch, aber es ist eine eigene Geschichte.

Musik

Wegen der Geschichte mit Batscheba kann mein jüdischer Freund den David nicht leiden – vielleicht auch den Propheten Nathan nicht, der so billig die Vergebung zuspricht.

Übermorgen beginnt Jom Kippur - als Abschluss von zehn ernsten Tagen seit dem jüdischen Neujahrstag am 13. September. Es ist der große Versöhnungstag nach den Tagen der Buße und Reue.
Am Neujahrstag werden im Himmel drei Bücher aufgeschlagen. In einem sind die wirklich Schlechten verzeichnet - und es wird ihr Schicksal im neuen Jahr beschlossen, im zweiten sind die wirklich Frommen eingetragen - ihnen wird der Segen für das Jahr zugeteilt. Im dritten Buch ist die lange Liste aller Durchschnittlichen - ihre Vergehen, Versäumnisse, Sünden sind hier aufgeschrieben. Durch Buße, Reue und Gebete lässt Gott sich bewegen. Er löscht die Schuld, und der Mensch wird für dieses Jahr ins Buch des Lebens eingetragen.
Die Schuld gegen meinen Nächsten kann mir nur mein Nächster vergeben - deshalb sind diese zehn Tage Tage der Versöhnung bei den Juden.
Kein Fest wird von dem jüdischen Volk ernster genommen als dieses, und es dürfte der Grund sein, dass dieses Volk seine so schwierige Geschichte überlebt hat.

Niemand weiß, ob und wie Jom Kippur zu Davids Zeit begangen wurde – doch Gottes Vergebung und Gnade sind nicht auf dieses Fest, auf diese zehn Tage terminiert.
Wenn eure Sünde auch blutrot ist, soll sie doch schneeweiß werden, und wenn sie rot ist wie Scharlach, soll sie doch wie Wolle werden. (Jesaja 1,18) verheißt Gott durch den Propheten Jesaja. Das war 200 Jahre nach David, aber die Verheißung ist noch viel älter, und wir können uns freuen, dass sie gültig bleibt bis heute auch für uns.
Hoffentlich ist keiner von uns im ersten Buch bei den ganz Schlechten eingetragen und wahrscheinlich kaum einer in dem der ganz Gerechten – auch wir sind schuldig und brauchen Vergebung, einen „Schuldenschnitt“.

Eigentlich geht es bei Jom Kippur um die Sünde des Volkes – sie wurde vom Hohen Priester dem Sündenbock aufgeladen, der dann in die Wüste geschickt wurde.
Jeder Einzelne, der sich als schuldig, als Sünder erkannte, konnte jederzeit umkehren, Buße tun und ein Sündopfer bringen – „und ihm wird vergeben".

Seit der Tempel im Jahr 70 n. Chr. zerstört wurde, konnte kein Opfer mehr gebracht werden - doch jedem der Buße tut, der umkehrt auf seinem falschen Weg oder schlechten Weg, wird Vergebung zuteil. Die Gebete gelten als Opfer.

Ich finde es gut, dass zusammen mit dem Bekenntnis der gemeinsamen Schuld des ganzen Volkes die Vergebung und Versöhnung zwischen den Einzelnen geschieht.


Stellt euch vor - heute, morgen und übermorgen würden in Griechenland die Politiker ihre Fehler und ihre Schuld bekennen, die Korrupten in allen Bereichen würden sich offenbaren, die Reichen und Superreichen ihre Steuerschulden beziffern und bezahlen und die vielen kleinen Sünder ihren Anteil an der Misere, an dem Schuldenberg erkennen - das würde die Bereitschaft zu einem Schuldenschnitt erheblich vergrößern. Doch ist zu fürchten, dass, wie im Kleinen die Tendenz besteht, die Schuld auf die andern zu projizieren, so auch im Großen - da bietet sich besonders Deutschland an als Sündenbock.

Nun ist AREF ja kein jüdischer und kein griechischer Sender, sondern ein christlicher – und Jesus Christus ist kein Politiker.
Auch Christen können lediglich gute oder schlechte Politik machen, aber keine christliche. Wer aber seine Schuld und seine Vergebungsbedürftigkeit erkennt und die Vergebung annimmt durch Christus, der sich für uns geopfert hat, der müsste seinen Ehrgeiz, seinen Machttrieb, seinen Neid und Ähnliches eigentlich besser beherrschen können als andere. Und das wäre der Politik sicher zuträglich.

Ich, und die meisten von uns, sind nicht in politischer Funktion - vor Ehrgeiz und all den andern Versuchungen sind wir aber auch nicht sicher - und Schuld projizieren wir alle gern.
Weil Schuld aber nur durch Vergebung aus der Welt geht, sollten wir alle dankbar den Schuldenschnitt annehmen, der uns in Jesus Christus angeboten ist. Dann hätten wir manches nicht mehr nötig, was den Schuldenberg in unserem Leben und in unserer Umgebung anwachsen lässt.