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Der Weg zur Passion

gesendet am 21. Februar 1999 von Dr. Hans Frisch
 

Träume sind das Thema - Lebensträume, Traumberufe, vielleicht die Traumfrau oder der Traummann.
Was Träume so wichtig macht: Im Traum kommt zusammen, was wir im Innersten fühlen und wollen mit dem, was uns begegnet und was wir erwarten - ohne störende Kontrolle durch das, was wir wissen und denken. Wer das im Leben zusammenbringt, der kann, wenn er Glück hat, seinen Lebenstraum erfüllen.
Vielleicht erscheint es etwas vermessen, das als "Erfüllung eines Lebenstraums" zu bezeichnen, was ich jetzt erzählen will - aber die Geschichte hat schon sehr viele verschiedene Deutungen ausgehalten, und nicht alle waren so von Bewunderung, Ehrfurcht und Liebe bestimmt wie die meine. So könnte es gewesen sein:

Da hatte ein Junge von seiner frommen Mutter erfahren: Du bist der, den Gott seinem Volk zur Rettung geschickt hat. Mit diesem Wissen war er aufgewachsen, es hatte ihn begleitet und bestimmt im Wachen und im Träumen, Tag und Nacht, Jahr um Jahr. Aber es geschah nichts. Dann, als er 30 Jahre alt war, da trat am Jordan ein Prophet auf, der verkündete das nahe Gottesreich, die Ankunft des Retters, den Gott verheißen hatte. Da ließ Jesus sich von Johannes taufen und danach trat er öffentlich auf. Das war im Jahr 28 unserer Zeitrechnung.

Zunächst gilt er als ein Johannesjünger der auch ein Täufer ist - über diese ersten zwei Jahre gibt es nur Andeutungen in den Evangelien. Dann aber, als Johannes gefangengenommen wird da steht er zu dem, was ihn wie ein Lebenstraum begleitet hat seit der Kindheit. Er verkündet: "Mit mir ist das Gottesreich angebrochen". Und es bleiben ihm kurze 1 ½ Jahre bis zur Erfüllung seiner Sendung am Kreuz.

Aus dieser kurzen Zeit stammen die Geschichten, die Gebete, die Gleichnisse, die Reden die in den Evangelien aufgeschrieben sind. Wir haben schon viele Predigten darüber gehört. Meist werden die Geschichten und Gleichnisse dabei isoliert betrachtet, um möglichst ihren tiefen Gehalt zu ergründen und ihre Bedeutung für uns. Dabei geht aber der Blick für den Zusammenhang verloren. - Der Beginn der Passionszeit ist ein guter Anlaß, den Zusammenhang einmal anzuschauen. Vielleicht spüren wir dabei etwas die Dramatik in dem kurzen öffentlichen Leben von Jesus.

Um eventuelle Bewunderung meines Wissens und um Zweifel an meiner Kompetenz abzuwehren: Ethelbert Stauffer, ein Theologe aus Erlangen ist mein Gewährsmann!
Das Markusevangelium fängt an: "Nachdem Johannes verhaftet worden war, kam Jesus nach Galliläa, rief das Evangelium Gottes aus und sprach: Die Zeit ist am Ziel und das Reich Gottes ist herbeigekommen." Das dürfte im Spätherbst 30 gewesen sein - und gleich erzählt Markus davon, daß "Schriftgelehrte und Pharisäer" aus Jerusalem geschickt wurden, um ihn zu überführen. Einiges an seinem Auftreten und seinem Reden wirkten ketzerisch.

Über die Einhaltung der Relgionsgesetze wacht das Synhedrium, der Hohe Rat in Jerusalem, und Hinterhaltzeugen sind das polizeiliche Mittel, um einen Ketzer zu überführen. Immer wieder tauchen solche in der Folgezeit auf, beobachten Jesus, stellen Fangfragen und versuchen zu provozieren.

Das Passah 31 feiert er in Galliläa - wohl mit der Speisung der 5000 - die Begeisterung war groß, die Menge will ihn zum König ausrufen. Er entweicht. Weil Jesus nicht zum Passahfest in Jerusalem erschienen war, kommen die Beauftragten des Synhedriums nach Kapernaum. Er wird belauert. Seine Jünger raufen Ähren und reiben die Körner aus, sie "dreschen" - am Sabbat; - sie halten die Reinheitsgebote nicht.

Jesus als ihr Führer soll sich verantworten. Seine Argumentation gerät zur anmaßenden Gotteslästerung: "Ich bin Herr über den Sabbat" - das müssen die Agenten daraus verstehen. Viel Zulauf hat Jesus in Kapernaum und Umgebung. In den Augen des Volkes ist er durch die Wunder legitimiert - die Beauftragten des Hohen Rates erklären diese zu dämonischen Wundern: "Er treibt Dämonen aus mit des Teufels Hilfe". Für Kapernaum droht der Bann - als "verleitete Stadt" - mit schlimmen Folgen. Da fallen viele von ihm ab. "Wollt ihr auch weggehen" fragt er seine Jünger und bekommt die schöne Antwort: "Herr, wohin sollen wir gehen. Du hast Worte ewigen Lebens und wir haben erkannt und geglaubt, daß du bist Christus, der Sohn des lebendigen Gottes. "

Musik

In Galliläa hält sich Jesus auf, dem Hoheitsgebiet des Herodes, da kann das Synhedrium nicht zugreifen. Man weiß aber nicht, ob und wann der Hohe Rat sich mit ihm einigt. Die Familie versucht Jesus zu retten, man will ihn als geisteskrank und damit als unzurechnungsfähig erklären. Er flieht nach Norden - Tyros und Sidon im Libanon sind Stationen auf dem langen Weg um das Hermonmassiv ins "Gebiet der 10 Städte" und weiter nach Cäsarea. Philippi, ganz im Norden, da wo der Jordan entspringt. Dort kommt es zu dem Petrusbekenntnis und zur ersten Leidensankündigung. Die Brüder von Jesus treffen ihn dort, oder sie sind vielleicht auch mit ihm gezogen. "Komm mit nach Jerusalem zum Fest und zeig endlich wer du bist" fordern sie.

Er lehnt ab, geht mit einigen Jüngern auf den Berg Tabor, wo die ihn verklärt erleben - und zieht dann auf dem kürzesten Weg doch zum Laubhüttenfest nach Jerusalem. Plötzlich taucht er im Tempel auf. Mitten in die Wasserzeremonie, bei der in einer heiligen Handlung Wasser aus dem Siloahteich über den Altar gegossen wird, ruft er: "So jemand dürstet, der komme zu mir und trinke. Wer an mich glaubt - wie die Schrift sagt: Von des Leib werden Ströme lebendigen Wassers fließen." Das ist nicht nur Störung des Gottesdienstes - ein schweres Vergehen, das ist Gotteslästerung, denn er beansprucht ein Wort des Propheten Jesaja direkt für sich.

Wieder heilt er einen Blinden am Sabbat, mit einem Brei aus Staub und Spucke, also einer am Ruhetag bereiteten Arznei, und wieder kommt es zum Streitgespräch. "Ich bin der gute Hirte - der gute Hirte läßt sein Leben für die Schafe" - nicht so der Mietling, er überläßt sie dem Wolf und bringt sich in Sicherheit. Die Priester sind eigenlich die Hirten, aber die Priesterschaft war im Amt durch Roms Macht, sie hatten sich eingerichtet und zogen durchaus Gewinn aus ihrem Amt. Und wer mußte bei "Wolf" nicht an Rom, an die römische Wölfin denken. Das saß!

Zum Lichterfest Hanukka kommt es noch stärker. Im Tempel werden die Lichter an der Menora entzündet, jeden Tag eins. "Ich bin das Licht der Weit" so ruft er in die Festgemeinde. Das darauf folgende Steitgespräch gipfelt in der Aussage: "Ehe denn Abraham wurde, bin ich". "Ich bin" hebräisch: "ani hu" ist eine hochheilige Selbstaussage Gottes im Alten Testament! "Da hoben sie Steine auf, um auf ihn zu werfen" - das ist die spontane Reaktion auf eine solche gotteslästerliche Selbstaussage.

Auf diesem Hanukkafest, es ist im Dezember 31, da bedrängen sie ihn: "Sage uns frei heraus, bist du der Christus?" "Ich habe es gesagt, aber ihr glaubt nicht, weil ihr nicht zu meinen Schafen gehört. Mein Vater, der sie mir gegeben hat, der ist größer als alles, und niemand kann sie aus des Vaters Hand reißen. Ich und der Vater sind eins." Da fliegen die Steine, aber Jesus entkommt.

Er geht über den Jordan nach Peräa, ins Gebiet seines Landesherrn Herodes. Dort unten im Jordangraben, am tiefsten Punkt der Erde, 360 Meter unterhalb des Meeresspiegels, dort wurde er vor 3 Jahren getauft, dort geht er durch den Jordan, als wäre es eine Taufe zum letzten Akt des Dramas.

In Peräa ist er vor dem Zugriff des Synhedriums sicher. Sie versuchen ihn zur Rückkehr zu bewegen - "Herodes trachtet dir nach dem Leben" - aber er bleibt, bis SEINE Zeit gekommen ist. Zum Todespassah geht er hinauf nach Jerusalem.

Dr. Hans Frisch