Psalmen, Teil 1 gesendet am 4. Mai 2003 }
|
Die Psalmen der Bibel bringen die ganze Palette menschlichen Empfindens und menschlicher Erfahrung zum Ausdruck, von dunkler, ja depressiver Niedergeschlagenheit bis hin zur überschäumenden Freude. Wenn auch in bestimmten Situation einzelner Menschen erlebt und ausgedrückt, sind sie doch zeitlos und gehören zu den meistgeliebten und -gelesenen Teilen der Bibel.
Der berühmteste aller Psalmen ist wohl der Psalm 23: "Der Herr ist mein Hirte, mir wird nichts mangeln". Aber es mangelt in den 150 Psalmen auch nicht an ungeschönten negativen Gefühlen wie Angst, Neid, Ausweglosigkeit, Wut und Gotteszweifel. Gerade das ist ein gutes Zeichen dafür, dass solche Gefühle damals wie heute einfach dazugehören und nicht versteckt werden sollen, sondern im Gebet, und nichts anderes sind die Psalmen, vor Gott gebracht werden sollen.In mehr als der Hälfte aller Psalmen geht es um persönlich erfahrenes Leid oder um die Leidenserfahrungen des gesamten Volkes Israel. Es geht um Neid und Bitterkeit darüber, dass es den gottlosen Menschen so gut geht und sie ein lockeres Leben führen können, während der Gläubige doch immer wieder belastet ist mit Leid, Schuldbewusstsein und Entsetzen über das Leid anderer oder über die Bosheit der Menschen. Da kommt auch Wut auf und die Gebete beinhalten die übelsten Verwünschungen und dass doch Gott mit dem großen Schwert dreinhauen möge, um sie alle umzubringen. Kritiker, die solche Rachepsalmen ablehnen seien aber darauf hingewiesen, dass die Psalmbeter nie selbst Vergeltung üben wollen. Sie wenden sich an den gerechten Gott und es gibt keine Selbstjustiz und keine Inquisition. Die Vergeltung ist Gottes Sache. Und am Ende eines jeden Psalmes wird immer wieder klar gemacht, dass es das Beste ist, sich an Gott zu wenden und zu halten. In Psalm 73 steht nach dem Herausschreien von tiefster Traurigkeit und Anfechtung: "Dennoch bleibe ich stets an Dir. Du leitest mich nach Deinem Rat und nimmst mich am Ende mit Ehren an. Wenn mir gleich Leib und Seele schmachtet, so bist du doch, Gott, allezeit meines Herzens Trost".
Gerhard Marsing