zur AREF-Startseite
Zum richtigen Reden und Tun gesendet am 11.09.2005 von Jan Henning Mehlfeldt
 

Pressekonferenzen gegen die Flut

Es gibt zur Zeit viele eindrückliche Bilder von der Flutkatastrophe in den USA. Menschen, die von ihren Hausdächern aus versuchen, Hilfskräfte herbei zu winken, Polizisten, die knietief im Wasser stehen und dafür sorgen, dass Plünderungen unterbunden werden, oder einfach nur völlig Entkräftete, die alles, aber auch wirklich alles, verloren haben: Angehörige, Freunde und ihr gesamtes Hab und Gut.

Es gibt aber auch die anderen Bilder. Der amerikanische Präsident im Krisengebiet, schulterklopfend, Tatkraft demonstrierend, dicht gefolgt von einer Heerschar Medienberater und Fotografen. Es werden Pressekonferenzen abgehalten, warum die Behörden allesamt das Ausmaß der Katastrophe unterschätzt haben und Journalisten gehen der Frage nach, wer für dieses Missmanagement eigentlich verantwortlich ist.

Große Reden, aber wenig Taten

Gerade diese zweiten Bilder regen die Menschen in den betroffenen Gebieten so auf. Es geht so weit, dass der Bürgermeister von New Orleans in einem Radio-Interview die Fassung verliert und in deftigen Worten die Behörden auffordert endlich ihre Hintern zu bewegen und Hilfe zu schicken, oder einem örtlichen Pastor, der vor laufenden Kameras in Tränen ausbricht und sagt, er habe diese Pressekonferenzen, er habe dieses Geschwafel in den Medien so satt, die Politiker sollen aufhören zu reden, sondern sollen endlich ihren Job machen.

Aber nicht nur in den USA, auch in unserem Wahlkampf hier in Deutschland wird man z.Zt. ununterbrochen mit Interviews, Talkshows oder Diskussionsrunden bombardiert.

Wenn noch vor einigen Monaten alle Politiker über die Krise in Deutschland lamentiert haben, so ist es erstaunlich, wie einige Wochen vor der Wahl von allen Parteien eine rosarote Zukunft gemalt wird. Und auch hier wird sich der ein oder andere Bürger denken: "Hört doch endlich auf mit dem Gerede und tut was".

Es wird bei uns genau wie in Amerika, schneller und intensiver darüber diskutiert, wer an einem Problem Schuld ist, als die Frage zu klären, wie man das Problem lösen kann. Es werden mit vielen Worten altbekannte Plattitüden verbreitet, von denen man schon im Augenblick der Rede weiß, dass sie einem nicht wirklich weiterhelfen.

Viel reden, nichts sagen, so könnte man das Verhalten vieler Politiker zusammenfassen. Aber dieses Prinzip gilt nicht nur für die Politik allein, es hat sich bereits in unserer Gesellschaft verbreitet und auch vor uns selbst nicht halt gemacht.

Mit Reden etwas bewirken zu wollen und dabei aber gänzlich das Tun zu vergessen, hat zwischenzeitlich unsere ganze Gesellschaft durchdrungen. Aussagen wie:" Man muss die Armut in Deutschland bekämpfen" - werden von allen Menschen - egal welcher politischen Gesinnung - begrüßt und bleiben dennoch ohne jegliche politische, gesellschaftliche oder persönliche Konsequenz. Der Wortschwall verbirgt die eigene Hilfs- oder Ratlosigkeit, und so kommt es, dass man sich bei vielen Rednern nach klaren Aussagen und greifbaren Konzepten sehnt.

Jesus führte die Selbstgerechten vor

Es gibt eine Geschichte über Jesus, in der er fast kein Wort spricht und trotzdem das Leben eines Menschen rettet und mit einem einzigen Satz den damaligen Menschen ihre doppelte Moral vor Augen führt. Eine Geschichte, die gerade aufgrund der wenigen gesprochenen Worte so kraftvoll ist.

Sie steht im Johannes-Evangelium im Kapitel 8:

…Da führten die Gesetzeslehrer und Pharisäer eine Frau herbei, die beim Ehebruch ertappt worden war. Sie stellten sie so, dass sie von allen gesehen wurde. Dann sagten sie zu Jesus: "Diese Frau wurde ertappt, als sie gerade Ehebruch beging. In unserem Gesetz schreibt Mose vor, dass eine solche Frau gesteinigt werden muss. Was sagst Du dazu?" Mit dieser Frage wollten sie ihm eine Falle stellen, um ihn anklagen zu können. Aber Jesus bückte sich nur und schrieb mit dem Finger auf die Erde. Als sie nicht aufhörten zu fragen, richtete Jesus sich auf und sagte zu ihnen:

"Wer von Euch noch nie gesündigt hat, der soll den ersten Stein auf sie werfen." Dann bückte er sich wieder und schrieb auf die Erde. Als sie das hörten, zog sich einer nach dem anderen zurück, die Älteren gingen zuerst. Zuletzt war Jesus allein mit der Frau, die immer noch dort stand.

Er richtete sich wieder auf und fragt sie: "Wo sind sie geblieben? Ist keiner mehr da um dich zu verurteilen?" " Keiner Herr" antwortete sie. "Gut" sagte Jesus "ich will dich auch nicht verurteilen. Du kannst gehen, aber tu es nicht wieder!"

So weit die Geschichte.

Da sind also einige Gelehrte der damaligen Zeit, die Jesus in eine Diskussion über die Gesetze des alten Testamentes verwickeln wollen. Sie wollen, dass er öffentlich gegen die Gesetze wettert und ihn dadurch des Verrates überführen. Sie benutzen dafür eine Frau, die man angeblich beim Ehebruch ertappt hatte. Eine große Diskussion bricht nun über Jesus herein und wahrscheinlich gab es einen großen Aufruhr.

Nun haben die Gelehrten wahrscheinlich mit vielem gerechnet, mit einer eifrigen Diskussion über die alten Gesetze, einer Grundsatzrede Jesu über die Nächstenliebe oder aber zumindest einer ergreifenden Verteidigungsrede für die Frau. Aber Jesus tut nichts dergleichen. Er entzieht sich diesem Tumult und beginnt geradezu geistesabwesend mit einem Stock auf den Boden zu malen.

Man muss es sich einmal in unserer heutigen Zeit vorstellen, da sitzen einige wichtige Leute bei Sabine Christiansen zusammen und auf eine direkt gestellt Frage antwortet ein Diskussionsteilnehmer nicht ,sondern schaut versonnen in sein Wasserglas. Jesus macht in dieser Situation keine großen Worte. Aber dann konfrontiert er mit nur einem einzigen Satz die Ankläger mit der Diskrepanz zwischen ihrer Moralvorstellung und ihrem eigenen Leben und Tun.

Ein einziger Satz "Wer von Euch ohne Sünde ist, werfe den ersten Stein" reicht aus, damit den geschulten Gesetzeslehrer der damaligen Zeit ihr Diskussionseifer im Hals stecken bleibt.

Worte und Taten waren bei Jesus eins

Was hat diese Geschichte mit unserer heutigen Kultur des unentwegten Diskutierens mit all ihren Talkshows und Pressekonferenzen zu tun ?

Wenn wir unseren Politikern vorwerfen, viel zu Reden aber nichts zu sagen, so können wir an der Geschichte über die Ehebrecherin lernen, dass es auch anders geht: Wenig reden und trotzdem das Richtige sagen. Jesus verstand es, mit wenigen Worten die Menschen mitten ins Herz zu treffen. Und auch das Konzept Jesu von einer gerechten Welt, von der Versöhnung mit Gott brauchte nicht viele Worte:

"Liebe Gott von ganzem Herzen und deinen Nächsten wie dich selbst."

Auf diese Formel hat Jesus einmal das ganze Gesetz zusammengefasst. Ein weiterer Punkt, den wir festhalten können: Nicht das Reden über die richtige Lebensweise ist entscheidend, nicht das Wissen, was recht ist und unrecht, sondern einzig und allein dasTun. Jesus hat nicht nur davon geredet, dass Gott für alle Menschen da ist, sondern er ist zu ihnen hingegangen, zu den Armen, Kranken und Ausgestoßenen. Jesus hat nicht nur davon gesprochen, dass es gut sei, wenn alle friedlich miteinander leben, sondern hat die Gewaltfreiheit bis hin zur Gefangennahme und Geißelung praktiziert. Und Jesus hat nicht nur ein Konzept entworfen, wie die Menschen wieder Zugang zu Gott haben können, sondern ist selbst ans Kreuz gegangen und hat die Schuld der Menschen auf sich genommen. Worte und Taten waren bei Jesus eins, Wissen und Handeln gingen Hand in Hand.

Das fehlte den Gesetzeslehrern und Pharisäern damals und leider auch uns heute. Wir wissen ganz genau, was eigentlich zu tun oder zu lassen wäre, aber wir reden lieber darüber, warum es kein anderer tut. Wir wissen, was falsch in unserem Leben läuft und ändern dennoch nichts daran. Wir können viele Worte machen und betrügen uns doch nur selbst. Wie gut, dass Jesus auch uns immer wieder eine neue Chance gibt neu anzufangen.

Denn Jesus sagt am Ende zu der Ehebrecherin: "Auch ich will dich nicht verurteilen, aber tue es nicht wieder!"

Jan Henning Mehlfeldt