Pfingstengesendet am 04. Juni 2006 von Dr. Hans Frisch |
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Pfingsten 2006
Fragt mal eure Freunde und Verwandten: „Wer hat heute Geburtstag?“ - vielleicht zufällig dieser oder jene - doch wir alle feiern, bewußt oder unbewußt zu Pfingsten den Geburtstag der Kirche.
Wenn man bedenkt, was aus diesem Baby in fast 2.000 Jahren geworden ist, lohnt sich schon einmal ein Blick auf den Anfang. So ganz einfach ist das aber gar nicht - denn was ist eigentlich der Anfang der Kirche?
Karfreitag, als Jesus am Kreuz starb für die Menschen - deshalb ist ja das Kreuzsymbol Zeichen des Christentums - so könnte man meinen. Kirche ist aber damals nicht entstanden, eher im Gegenteil, alle hatten Jesus verlassen, nur Johannes stand mit Maria unter dem Kreuz.
Also Ostern - als der Auferstandene Christus den Jüngern erschien. Doch er brauchte 40 Tage, um ihnen zu erklären, was da wirklich geschehen ist auf Golgatha, wer er wirklich ist. Denn sie hatten einen völlig anderen Messias erwartet und begriffen nicht gleich, dass Jesus genau der war, den die Propheten verheißen hatten, „der leidende Gottesknecht“, der unsere „Krankheit und unsere Schmerzen“ trug, für uns gestorben ist, „damit wir Frieden hätten“. Und beim Himmelfahrtbericht steht: „Einige aber zweifelten“ - also von Kirche war da noch nichts zu sehen.
Kreuzigung und Auferstehung, das war geschehen zum jüdischen Passahfest - 50 Tage später ist das Fest der Gesetzgebung, die Erinnerung daran, wie aus der Schar der aus Ägypten geflohenen Sklaven dort am Berg Sinai das Volk Gottes wird. Zu diesem Fest waren viele in den Tempel gekommen aus Jerusalem und der Umgebung, aber auch zugezogene Juden aus fernen Ländern die vielleicht Ihren Ruhestand in Jerusalem erleben wollten.
Auch die Schar der Jünger war im Tempel, wohl in einer der Hallen, die den großen Tempelplatz umgaben. Da geschah es; die Apostelgeschichte berichtet es so:
Und als der Pfingsttag gekommen war, waren sie alle an einem Ort beieinander. Und es geschah plötzlich ein Brausen vom Himmel wie von einem gewaltigen Wind und erfüllte das ganze Haus, in dem sie saßen. Und es erschienen ihnen Zungen, zerteilt wie von Feuer; und er setzte sich auf einen jeden von ihnen, und sie wurden alle erfüllt von dem Heiligen Geist und fingen an zu predigen in andern Sprachen, wie der Geist ihnen gab auszusprechen. Es wohnten aber in Jerusalem Juden, die waren gottesfürchtige Männer aus allen Völkern unter dem Himmel.
Als nun dieses Brausen geschah, kam die Menge zusammen und wurde bestürzt; denn ein jeder hörte sie in seiner eigenen Sprache reden.
Sie entsetzten sich aber, verwunderten sich und sprachen: Siehe, sind nicht diese alle, die da reden, aus Galiläa?
Wie hören wir denn jeder seine eigene Muttersprache?Andere aber hatten ihren Spott und sprachen: Sie sind voll von süßem Wein.
Das mit den Sprachen mag uns seltsam vorkommen. Wer schon einmal einen Gottesdienst in einer Pfingstgemeinde mitgemacht hat, der hat eine Ahnung, wie das geklungen haben könnte, denn Zungenrede gehört dort zu der Grundausstattung eines Christen.
Die Feuerflammen passen zum Fest der Gesetzgebung, denn von Mose wird berichtet, dass dort am Berg Sinai Strahlen von seinen Kopf ausgingen - auf alten Moses-Abbildungen werden sie als Lichtstrahlen dargestellt, manchmal auch als Hörner (durch eine Fehlübersetzung).
Und der Wind?
Ruach&ldquo heißt der Wind in hebräisch, pneuma auf Griechisch -
in beiden Sprachen bedeutet das gleiche Wort auch Geist. Und das gibt Petrus
das Stichwort für eine Erklärung - die erste christliche Predigt.
Da wollen wir nach der Musik rein hören.
* * * Musik * * *
Geburt der Kirche wird Pfingsten genannt,
zu Recht.
Wer schon eine Geburt miterlebt hat - ich meine natürlich nicht die eigene
- also besser, eine Entbindung, der weiß, da geht es zuletzt oft recht
dramatisch zu. Da hilft kein ruhiges Zureden und Abwarten - da will, und da
muss ein neuer Mensch ans Licht, in die Luft zum Atmen, und der Vorgang der
Geburt macht sich zuletzt selbstständig, sie geschieht einfach (oder auch
schwierig und kompliziert).
So könnte man auch die Geburt der Kirche sehen. Es war etwas herangewachsen
in der Jüngerschar - im Zusammenleben mit Jesus, durch seine Reden und
Wunder, durch sein Leiden, seinen Tod und seine Auferstehung, dann in den 40
Tagen bis zur Himmelfahrt - jetzt überfiel es sie wie Wehen und drängte
heraus, noch unartikuliert, wie der erste Schrei eines Kindes.
Wer eine Frau bei der Entbindung beobachten würde ohne zu wissen, was geschieht,
er hätte Schwierigkeiten, das Verhalten zu verstehen - und die Beobachter
der Jünger, die nichts verstanden, die meinten: die sind besoffen.
Da findet Petrus Worte:
Ihr Juden, liebe Männer, und alle, die ihr in Jerusalem wohnt, das sei
euch kundgetan, und lasst meine Worte zu euren Ohren eingehen!
Denn diese sind nicht betrunken, wie ihr meint, ist es doch erst die dritte
Stunde am Tage; - also 9 Uhr vormittags.
Und so wie Jesus ihnen nach Ostern seine
Wirklichkeit offenbart hatte durch die Deutung seines Todes als erfüllte
Verheißung, so deutet Petrus jetzt das Geschehen durch Prophetenworte:
Sondern das ist's, was durch den Propheten Joel gesagt worden ist: »Und
es soll geschehen in den letzten Tagen, spricht Gott, da will ich ausgießen
von meinem Geist auf alles Fleisch; und eure Söhne und eure Töchter
sollen weissagen, und eure Jünglinge sollen Gesichte sehen, und eure Alten
sollen Träume haben;
und auf meine Knechte und auf meine Mägde will ich in jenen Tagen von meinem
Geist ausgießen, und sie sollen weissagen «
Dann erklärt er ihnen, was er selbst
gerade verstanden hatte in den Tagen nach Ostern, als der Auferstandene Christus
ihnen die Schrift aufschloß. Aus den Schriften des Alten Testamentes,
die den Zuhörern bekannt waren, belegt er, daß Jesus, den nach Gottes
Vorsehung die Juden ans Kreuz gebracht hatten, der Christus, der Messias ist.
Und er schließt:
So wisse nun das ganze Haus Israel gewiss, dass Gott diesen Jesus, den ihr gekreuzigt
habt, zum Herrn und Christus gemacht hat.
Der Bericht fährt fort.
Als sie aber das hörten, ging's ihnen durchs Herz und sie sprachen zu Petrus
und den andern Aposteln: Ihr Männer, liebe Brüder, was sollen wir
tun?
Petrus sprach zu ihnen: Tut Buße und jeder von euch lasse sich taufen
auf den Namen Jesu Christi zur Vergebung eurer Sünden, so werdet ihr empfangen
die Gabe des Heiligen Geistes.
Ich muss wieder auf die Geburt zurückkommen.
Die erste Entbindung erlebte ich mit im Hörsaal der Universitätsfrauenklinik
der Charite in Berlin. Sie gehörte zur Vorlesung in Geburtshilfe.
Sachlich erklärte der Professor die Phasen der Geburt, die wir an der Frau
da unten im Bett beobachten konnten. Und dann kam das Kind - und sein erster
Schrei ertönte in die Stille des Hörsaals - alle saßen wie gebannt.
Da war plötzlich ein Mensch, wo vorher nichts war im Licht der OP-Leuchten.
Es ging uns durchs Herz - unverändert spüre ich jetzt noch dieses
Ereignis.
So war im Herzen und im Geist dieser jüdischen Männer plötzlich
etwas Neues, was in der Tiefe sich vorbereitet hatte und gewachsen war.
„Ihr Männer, liebe Brüder, was sollen wir tun?“ Das war
jetzt die Frage. Petrus antwortet knapp und klar: tut Buße und laßt
euch taufen auf den Namen Jesus Christus.
Der Bericht geht weiter:
Die nun sein Wort annahmen, ließen sich taufen; und an diesem Tage wurden
hinzugefügt etwa dreitausend Seelen.
3000 Seelen. Nun ein Baby mit 3000 g Geburtsgewicht
ist normal, aber 3000 Bekehrungen an einem Tag - das klingt schon stark!
Wir wollen uns nach der Musik das genauer ansehen.
* * * Musik * * *
Also: Petrus hält eine Predigt - seine
erste, die erste christliche Predigt überhaupt - und 3000 Menschen werden
Christen. Da kann Billy Graham neidisch werden. Bei Pro Christ haben sich noch
mehr für Jesus Christus entschieden, aber in ganz Europa, innerhalb einer
Woche, und mit was für einem Aufwand. Petrus hatte keine Lautsprecheranlage,
und schon gar keine Großleinwand.
Man könnte sagen: „Nun ja, wo der Heilige Geist so kräftig bläst,
da muss ja so etwas geschehen“. Doch dann wäre der Anfang der Kirche
ja nicht aus Bekehrung sondern aus Manipulation gekommen - und dann wäre
der Geist aus dem es geschieht nicht heilig. Er steht ja nicht da: „Sie
wurden überzeugt“, auch nicht: „Sie waren überwältigt“.
„Es ging ihnen durchs Herz!“ Es traf sie zentral! Das bei 3000 zugleich.
Was hatte Petrus da getroffen?
Wer die Filme der Reichsparteitage in Nürnberg sieht und die Begeisterung,
die ein Mann auslösen konnte mit seiner Rede, wer die Massentumulte in
islamischen Ländern gesehen hat, ausgelöst durch ein paar Karikaturen,
der ahnt, was passieren kann, wenn eine vorbereitete Menschenmenge von einer
Botschaft getroffen wird.
Die Juden in Jerusalem waren vorbereitet - durch tausend Jahre erwarteten sie
die Verheißung in den heiligen Schriften der Thora, der Psalmen und der
Propheten, dass einst auf dem Thron Davids ein Nachkomme sitzen wird, ein Gesalbter
Gottes, der das Reich Gottes, das endgültige Heil bringen wird. „Und
jetzt muss er kommen“, das war die dringende Erwartung in dem von Rom
besetzten und ausgebeuteten Land.
„Er steht vor der Türe!“ das war die Botschaft des Täufers
am Jordan. In Scharen liefen sie hin und ließen sich taufen. Zur Vergebung
der Sünden, damit sie Anteil haben könnten am anbrechenden Gottesreich.
Auch Jesus hat sich taufen lassen, Johannes hatte ihn als Lamm Gottes bezeichnet
welches der Welt Sünde trägt. Und danach war Jesus selbst mit seinen
Jüngern im Kreis des Täufers geblieben - mit großem Zulauf.
Viele von denen dort im Tempel waren wohl von Johannes, einige sogar von Jesus
getauft worden, um zum Reich Gottes zu gehören.
Doch Johannes war gestorben, enthauptet in der Königfestung, Jesus war
gestorben am Kreuz, und die Hoffnung der Juden war auch am Sterben.
Auch die Hoffnung der Jünger war ja erloschen am Karfreitag. Petrus wußte
genau, wie seinen Zuhörern zu Mute war, und er hatte erlebt, wie der Auferstandene
Christus sich ihm offenbart hatte als der wirkliche, verheißene Messias.
Deshalb fand er genau die Worte, die zu Herzen gehen. Und was ihm geschehen
war das geschah seinen Zuhörern. Sie erkannten Jesus Christus als ihren
Erlöser.
Ob es damals wirklich an die 3000 waren oder weniger, dass ist genauso unbedeutend
wie das Geburtsgewicht eines großen starken Mannes. Denn viele Millionen,
sogar einige Milliarden Menschen haben seitdem das Gleiche erlebt - die Botschaft
ging ihnen durchs Herz, sie erkannten und bekannten Jesus Christus als ihren
Erlöser.
Nicht wenige haben das erlebt als Wiedergeburt zu einem neuen Leben - und damit
wäre Pfingsten eigentlich ein anhaltender Geburtstag durch zwei Jahrtausende.
Dr. Hans Frisch
mehr bei uns:
Pfingsten 2008 - Geburtstag der Kirche und des
Staates Israel fallen zusammen