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Paul Gerhardt, der Liederdichter, Teil 2
Paul Gerhardt
hinterließ 137 deutsche Gedichte und Lieder. Lieder zu allen Festen des
Kirchenjahrs, Adventslieder wie "Wie soll ich dich empfangen?", Weihnachtslieder
wie "Ich steh an deiner Krippe hier", Passionslieder wie "O Haupt
voll Blut und Wunden". Er bedichtete Tages- und Jahreszeiten, Ehe- und
Familienleben. Manche seiner Lieder sind zu wahren Volksliedern geworden, so
z. B. "Geh aus mein Herz und suche Freud".
Auch viele andere Dichter schrieben zu seiner Zeit geistliche Lieder zu allen
möglichen Anlässen. Doch ihre Namen und Werke sind fast ausnahmslos
vergessen, während die Lieder Paul Gerhardts noch heute nach 400 Jahren
in unseren Gesangbüchern stehen und auch noch gesungen werden. Was ist
das Besondere an ihnen?
Sagen wir es mit den Worten von Daniel Wisler. Er ist Leiter der "Arts Ministry School", einer Musik- Bibelschule in der Schweiz: "Paul Gerhardt war ein exzellenter Songwriter. Für mich gehört er in die Liga von Bob Dylan & Co. Kein Wort zu viel, keines zu wenig. Schlichte treffende Sätze, die saßen. Sehr poetisch! Ein Wortmaler. Seine Lieder könnten Tote zum Leben erwecken. Texte, die manchmal klingen, wie am Steuer eines brennenden Schiffes geschrieben, dann wieder so verspielt wie ein junger Hund im Frühling. Auffallend in seinen Liedern ist dieser unverschämte Glaube, der wohl dem Teufel manche Ohrfeige verpasste (vermutlich hat er noch heute blaue Flecken)."
Ein Glücksfall war die Begegnung mit Johann Crüger, dem Kantor der St. Nikolaikirche in Berlin, der den Dichter sozusagen entdeckte und bekannt machte. Er vertonte viele Gedichte Paul Gerhardts und nahm sie in sein Gesangbuch auf. Schon in der Ausgabe von 1653 waren mehr als 80 Lieder von Paul Gerhardt. Bis dahin gab es in den Gottesdiensten kaum Gesangbücher. 50 % der Bevölkerung waren wohl noch Analphabeten. Nur durch Vorsingen konnten sie die Lieder lernen. Da kamen ihnen die einfache Sprache Paul Gerhardts und die eingängigen Melodien Johann Crügers sehr entgegen.
Paul Gerhardts Dichtungen haben nicht nur die Zeiten überdauert, sondern auch sprachliche und konfessionellen Schranken überwunden. Seine Lieder stehen nicht nur in evangelischen, sondern auch in katholischen Gesangbüchern, und auch in reformierten Gottesdiensten werden sie gesungen. Sie wurden ins Holländische, Französische, Englische und Spanische übersetzt und sogar in afrikanische, asiatische und andere Sprachen.
Selbst im afrikanischen Urwald konnten sich Menschen mit ihrer Situation in den Liedern Paul Gerhardts wiederfinden. Der bekannte Urwalddoktor Albert Schweitzer berichtet von der Missionsstation in Lambarene: "Der Eingeborene hat ein elementares Bewusstsein von der Erlösung. Das Christentum ist für ihn das Licht, das in der Finsternis der Angst erscheint. Es versichert ihm, dass er nicht der Gewalt von Naturgeistern, Ahnengeistern und Fetischen ausgeliefert ist, sondern dass in allem Geschehen der Wille Gottes waltet." Nirgends sei das besser ausgedrückt als in dem Vers von Paul Gerhardt aus dem Lied "Wie soll ich dich empfangen": "Ich lag in schweren Banden, du kommst und machst mich los." In jedem Gottesdienst auf der Missionsstation müsse er daran denken, dass es das ist, was das Christentum für die afrikanischen Menschen bedeutet.
Elsbeth Rosen
mehr bei uns:
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1
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Paul-Gerhard-Biographie
Paul Gerhardt,
der Theologe