Weihnukka gesendet am 21.12.2008 von Dr. Hans Frisch |
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Letzer Adventsonntag, heute wird die letzte der vier Kerzen am Advent Kranz
angezündet.
Erster Tag von Hanukkah - heute wird die erste von acht Kerzen am Hanukkahleuchter
angezündet.
Am 25. Dezember ist Weihnachten - am 25. Kislev, das ist der neunte Monat im
jüdischen Kalender - beginnt das Tempelweihefest- und weil Sonnen- und
Mondkalender differieren, bewegt sich der Hanukkahtermin um das Weihnachtsfest
herum.
Nun bin ich sicher, dass mancher nicht weiß, was für ein Fest das
ist - und ich hoffe, dass mancher es wissen möchte. Darum will ich etwas
davon erzählen. Weihnachtlich wird uns in den kommenden Tagen schon noch
werden.
Die jüdische Geschichte war von Anfang an turbulent. Die Flucht aus der
Knechtschaft in Ägypten, der Zug durch die Wüste, die Eroberung und
die Verteidigung des Landes, die Spaltung in das Nordreich Israel und das Südreich
Juda, die Vernichtung des Nordreiches und die Verschleppung und Zerstreuung
der 10 Stämme, die Zerstörung Jerusalems und die babylonische Gefangenschaft,
die Rückkehr und der Wiederaufbau der Stadt und des Tempels - und dann
nach einer Atempause, die griechische Besetzung.
Die war in den ersten 100 Jahren erträglich. Das Riesenreich Alexanders
war dreigeteilt. Ägypten und Juda regierten die Ptolemäer, und die
waren gebildet und tolerant. Doch dann eroberten die Seleukiden, denen Persien
und Syrien zugefallen war, Juda - und Antiochus Epiphanes war schlimm. Er raubte
erst den Tempel aus, er entweihte ihn dann durch eine Zeusstandbild und Schweineopfer
auf dem Altar, er verbot den Sabbat, die Beschneidung, dass Einhalten der Speisegebote,
bei Todesstrafe!
Er schickte Beamten über Land, die errichteten Altäre vor einem Zeus
Standbild und verlangten Teilnahme am Opfer von allen.
Doch ein Landpriester weigerte sich, erschlug einen Juden, der zum Altar ging
um zu opfern, erschlug den Beamten und zerschlug den Altar und das Zeusstandbild.
Dann ging er mit seinen Söhnen in die Berge. Viele folgten ihnen - und
es begannen die Makkabäerkriege. Da wurde es richtig turbulent.
Schließlich hatten sie gesiegt, der Tempel wurde gereinigt, ein neuer
Altar wurde gebaut und geweiht, der Leuchter wurde wieder entzündet und
der Tempelgottesdienst wieder aufgenommen. An dieses Datum erinnert das Tempelweihefest
Hanukkah.
Musik
Wohl jeder wird den jüdischen Leuchter kennen, die Menora. Siebenarmig
ist der - doch der Hanukkahleuchter hat acht Lichter, meistens Kerzen, und eine
neunte Kerze als Diener, die anderen zu entzünden, jeden Tag eine mehr.
Der Talmud erzählt warum.
Als der Tempel gereinigt war, und der neue Altar fertig, da wollte man den Leuchter
anstecken. Doch der durfte nur mit geweihtem Öl brennen, und davon fand
man nur eine Flasche, die für einen Tag reicht. Aber - O Wunder - der Leuchter
brannte acht Tage, und bei seinem Leuchten konnte neues Öl geweiht werden.
Deshalb dauert das Hanukkahfest acht Tage, und deshalb hat der Leuchter acht
Arme (und einen neunten als Diener).
So kommt es, dass Christen vier Adventkerzen in vier Wochen entzünden,
und die Juden acht Kerzen in acht Tagen, beide bringen Licht in die dunkelste
Zeit des Jahres.
Doch, mit dem Glanz der Weihnachtsbäume konnte das jüdische Licht
nicht konkurrieren. Dazu noch sahen die jüdischen Kinder, wie ihre christlichen
Freunde beschenkt wurden. Da mußte etwas geschehen - und was sprach dagegen,
den Kindern beim Anstecken der nächsten Kerze ein kleines Geschenk zu machen,
oder ein größeres? Auch gegen Tannenzweige oder einen geschmückten
Baum ist ja nichts einzuwenden. Und so wurde in vielen Familien das winterliche
Lichterfest immer weihnachtlicher, aus Hanukkah wurde Weihnukka.
Eine große Ausstellung im jüdischen Museum in Berlin hat diese Entwicklung
ausgiebig gezeigt - im Internet ist noch etwas davon zu finden unter Weihnukka.
Für orthodoxe Juden ist das wohl ein Graus, denn unter dieser, mit Gefühlen und Geschenken aufgeladenen Decke war das Ursprungsfest fast nicht mehr zu erkennen. So wie unter dem Weihnachtstrubel und Weihnachtsrummel das Christengeburtsfest fast verschwindet.
Solange an Heiligabend die Kirchen noch überfüllt sind, solange wird
wohl wenigstens die Weihnachtsgeschichte noch in Erinnerung bleiben; und es
ist zu hoffen, dass auch jüdischen Kinder und Erwachsenen immer wieder
an den Anlaß des Festes erinnert werden - denn es ist die Erinnerung an
die Rettung des tödlich bedrohten jüdischen Glaubens und damit des
jüdischen Volkes.
Es ist schon eine spannende Frage, was aus dem Judentum wird, wenn die Beziehung
zum Glauben weiter schwindet, so wie im christlichen Abendland. Ich fürchte,
da werden die jüngeren unter uns noch noch Einiges beobachten können.
Musik
Einiges von Hanukkah haben wir uns jetzt angeschaut - doch geht uns als christlichem
Sender das überhaupt etwas an?
Meine Vorfahren waren Mennoniten - eine Religionsgemeinschaft, die aus der Täuferbewegung
der Reformationszeit entstanden ist. Erst in Holland, von dort sind viele nach
Ostpreußen gegangen und haben den Sumpf urbar gemacht, später gingen
Siedler in die Ukraine und haben aus der Grassteppe eine fruchtbare Landschaft
gemacht. Dort bin ich geboren - doch wegen Stalin wanderten meine Eltern mit
der Familie nach Deutschland aus.
Für mein Selbstverständnis und Selbstbewußtsein hat diese Vorgeschichte
eine nicht geringe Bedeutung. Es wurden große Leistungen und viele Opfer
gebracht für den Bestand der Gemeinschaft, aus der ich stamme.
Damals, zur Zeit der Makkabäerkriege und der Tempelweihe, wurden große
Leistungen und viele Opfer gebracht für die Erhaltung und Verteidigung
des jüdischen Glaubens, aus dem das Christentum hervorgegangen ist.
Wenn uns unser Glaube an Jesus Christus wichtig ist, dann können wir mit
Sympathie und Dankbarkeit das Fest zur Erinnerung an die damalige Tempelweihe
wahrnehmen. So große Opfer für unser Glauben werden, Gott sei Dank,
von uns nicht gefordert, doch sind die damals auch für uns gebracht worden.
Ich fühle mich dadurch in die Pflicht genommen, nicht leichtfertig, träge
oder gleichgültig damit umzugehen.
Turbulent blieb die Geschichte dort in jüdischen Land und in Jerusalem.
Die siegreichen Makkabäer beanspruchten Macht, und nahmen sie sich. Sie
wurden HochPriester und Könige in Personalunion - für ganz fromme
Juden ein Greuel. Einer dieser Priesterkönige ließ 800 der frommen
Pharisäer kreuzigen - als Schauspiel bei einen Festmahl, mit erotischer
Komponente.
Die griechische Herrschaft wurde von der römischen abgelöst und ungeduldig
wurde die Erwartung, wann Gott endlich den verheißen Befreier, den Messias
schickt.
In diese Zeit wurde Jesus geboren - und seine Mutter hat ihm sicher erzählt
von der Engelsverheißung, dass er der Erlöser ist.
Er hat es geglaubt, so wie sein Cousin Johannes glaubte, dass er der Prophet
ist, der die Ankunft des Messias vorbereitet. In Scharen liefen Menschen an
den Jordan und ließen sich taufen von Johannes, um Anteil an dem anbrechenden
Gottesreich zu bekommen.
"Als die Zeit erfüllt war sandte Gott seinen Sohn" schreibt Paulus
an die Galater.
In einem ruhig dahingehenden Leben wäre Jesus wahrscheinlich als netter Mensch angesehen worden, es hätte keine Notwendigkeit bestanden, ihn zu beseitigen - und ohne Kreuz und Auferstehung gäbe es kein Christentum, so wie es ohne Erhalt des jüdischen Glaubens kein jüdisches Volk mehr gegeben hätte, aus dem unser Heil und unser Heiland kam.
Es gibt einige Ereignisse, die den Gang der Weltgeschichte mitbestimmt haben - das Sieges- und Tempelweihefest Hanukka gehört bestimmt dazu.