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Symmetriebruch

gesendet am 21. Juli 2013 von Dr. Hans Frisch
 

Wieder einmal hatte ich Anita gefragt: „Was wäre ein Thema für die nächste Sendung?“ „Symmetriebruch“ meinte sie – denn darum drehte sich unser letztes Gespräch. „Das ist zu kompliziert“ meinte ich, „vielleicht Frauenfußball, da spielt gerade heute Abend die deutsche Mannschaft im Viertelfinale.“ Es wird sich zeigen, ob sie das Spiel für sich entscheiden kann - also die Symmetrie Sieg oder Niederlage brechen zum Sieg.

Symmetriebrüche begegnen uns überall

Zunehmend kommen die Wahlen in 10 Wochen in den Blick. - Wird es der Opposition gelingen, die Symmetrie Opposition – Regierung zu brechen zu ihrem Sieg?

In Syrien und in Ägypten sehen wir, wie gefährlich, ja wie schlimm es wird, wenn das Verhältnis nicht annähernd symmetrisch ist und Demokratie nicht funktioniert. Also doch „Symmetriebruch“!

Wem Sport und Politik zu weit weg sind, der kann Symmetrie und ihren Bruch auch in seiner Biografie finden. Nach dem Schulabschluss die Berufswahl. „Lokomotivführer“ und „Pilot“ sind als Ziele längst verblasst. Auch wenn die Richtung klar ist, bleiben verwirrend viele Möglichkeiten – wie eine Kugel die auf einer Kuppe balanciert - in eine Richtung muss sie rollen, damit etwas geschieht – dann ist die Symmetrie gebrochen.

Wer seine große Liebe nicht schon in der Schulzeit gefunden hat, dem stehen noch viele Möglichkeiten offen für „falling in love“ - doch die echte Entscheidung ist dann: „heiraten oder nicht?“

Natürlich führt auch die Frage nach Symmetriebruch ins Internet. Dort erzählt Professor Lesch davon - (der von Bayern-alpha).
Eigentlich ist es eine Vorlesung, aber er „erzählt“. Eine Tafel, ein Stück Kreide und natürlich seine Hände, Arme und seine Mimik, (manchmal der ganze Körper) - mehr Mittel braucht er nicht um uns klarzumachen, dass es sich hier um das zentrale Ereignis im Kosmos handelt – vom Urknall bis zu uns.

Nur, wenn von (mindestens) zwei Möglichkeiten eine eintritt, verwirklicht wird - geschieht etwas.

Hoffen wir, dass unsere Frauenmannschaft die Symmetrie Sieg oder Niederlage mit Mut, Kraft und Können für sich entscheidet, heute Abend und zuletzt auch im Finale – obwohl es für uns selbst kaum etwas ändert.

Es sind andere Entscheidungen, die auf uns warten – manche haben wir vielleicht schon eine Weile vor uns her geschoben, manche tauchen unvermittelt vor uns auf – und sind doch entscheidend für unseren weiteren Weg.

Manche lassen sich nicht wirklich entscheiden - denn beide Seiten bieten Chancen oder haben Recht. Da wird es schwierig und spannend!

Musik

Der erste Symetriebruch

Als die Primärsymmetrie des Kosmos im Urknall gebrochen war und Wasserstoff den gesamten Raum gleichmäßig, symmetrisch, füllte, da war die Entscheidung gefallen zu unserem Kosmos. Doch, die Hintergrundstrahlung verrät es uns, die Symmetrie war nicht ganz perfekt. Einige Bereiche des Wasserstoffkosmos waren etwas dichter – sie hatten deshalb eine stärkere Gravitation und zogen Wasserstoff aus der Umgebung an. Damit startete die Sternenentstehung.

Schließlich war auch unsere Sonne entstanden - umgeben von einer homogenen Staubscheibe. Aber wieder waren einige Teilchen etwas größer, zogen Materie aus Umgebung an, wodurch die Gravitation zunahm - bis die Planeten um die Sonne kreisten. Auch im weiteren Verlauf wurde Symmetrie um Symmetrie gebrochen – und immer wieder entstand Neues, auch in der Geschichte.

Die Symmetrie des kalten Krieges

Gott sei Dank, die apokalyptisch drohende Symmetrie des kalten Krieges wurde friedlich aufgelöst - doch neue Spannungen tauchen auf in der globalisierten Welt.

Mit blutiger Gewalt hatte der Sozialismus versucht, die Spannung zwischen Kapital und Arbeit zu beseitigen durch den Sieg des Proletariats. Der Versuch ist gescheitert – die Spannung bleibt, und beide Seiten sind aufeinander angewiesen. Ein Patentrezept ist nicht in Sicht.

Wenn sich zwei Wahrheiten gegenüber stehen, beide gültig, aber sie schließen sich gegenseitig aus, dann ist das eine „Antinomie“. Eine Auflösung erscheint nur möglich durch den Sieg der einen und Vernichtung der anderen, wie in einer Revolution. Es entspricht einem Symmetriebruch.

Doch alle Experimente der Vergangenheit haben ergeben: Die besiegte Wahrheit ist nicht aus der Welt - weder im politischen noch im privaten Bereich. Wenn ich meine Wahrheit als absolut behaupte, wird sie zur Ideologie – und jede Ideologie ist potenziell (oder real) tödlich - die Weltgeschichte ist voll davon, nicht erst im Sozialismus.

Im politischen Bereich ist Demokratie eine geniale (und wahrscheinlich die einzige) Möglichkeit zu einer Lösung: in ständigem öffentlichen Streitgespräch treffen die Wahrheiten aufeinander – welche die Meisten überzeugt, bekommt die Chance zur Verwirklichung - für eine Wahlperiode; so wie der Titel „Europameister“ im Fußball auch nur sicher ist bis zur nächsten Meisterschaft.

Im Privaten ist es ähnlich, aber spannender - weil ich persönlich Teil des Problems bin.
Wenn dem, was ich mit Anstrengung und Arbeit als Wahrheit erkannt und mir angeeignet habe, von meinem Gegenüber widersprochen wird, muss ich ihm widersprechen (wenn ich ihn ernst nehme und die Beziehung erhalten will).
Wenn wir im Gespräch anerkennen und erkennen, dass auch der andere im Recht ist - dann können wir in seiner und in meiner Wahrheit unsere Wahrheit finden - die uns nicht trennt sondern verbindet. So entsteht wirkliche, lebendige Wahrheit!
Das klingt leichter als es ist – denn es verlangt Vertrauen, das die Spannung aushält – und das ist die schwerste menschliche Leistung.

Musik

 

Wenn von Antinomie die Rede ist, muss unbedingt vom Licht gesprochen werden.
Schon vor 360 Jahren wurde die Wellennatur des Lichts erkannt - 230 Jahre später sprachen Beobachtungen für seine Teilchennatur.
Einstein nannte sie „Lichtquanten“ und bekam für die Erforschung den Nobelpreis. Inzwischen heißen sie „Photonen“.

1951 schrieb Einstein in einem Brief: „Die ganzen 50 Jahre bewusster Grübelei haben mich der Antwort auf die Frage, was sind Lichtquanten, nicht näher gebracht. Heute glaubt zwar jeder Lump, er wisse es, aber er täuscht sich.“

Ja, es ist bewiesen: Licht ist elektromagnetische Welle.
Ja, es ist bewiesen: Licht besteht aus Teilchen - Photonen.
Da hilft wahrscheinlich auch uns keine Grübelei, das zusammen zu denken – es ist eine Antinomie.
Zum Glück weiß das Licht es nicht. Von jeder Linse lässt es sich beugen, weil es Welle ist – und erzeugt so ein Bild auf der Netzhaut; in den Sehzellen löst es photoelektrische Effekte aus, weil es Teilchen ist - und so gerät das Bild ins Gehirn.

Gottes Symmetriebruch

Nun sind wir nicht in einer Physikstunde, sondern in einer Sendung von AREF, der „Arbeitsgemeinschaft Rundfunk evangelischer Freikirchen“. Eine angemessene Symmetrie wäre da die Aussage: „Gott ist - Gott ist nicht“. Beide Seiten sind nicht zu beweisen.
Wenn diese Symmetrie gebrochen wird nach dieser und jener Seite entsteht eine Antinomie – und auch hier ist auf jeder Seite Ideologie möglich, oft mit tödlichen Folgen. Auch davon ist die Weltgeschichte voll.

Die weitgehende Bestätigung der Urknalltheorie und der Evolution, auch die Erkenntnisse der Hirnforschung sind kein Beweis, dass Gott nicht ist. – Andererseits könnten wir von Gott nur etwas erkennen, wenn er sich offenbart - denn Teleskope, Mikroskope und Teilchenbeschleuniger werden ihn nicht in den Blick bekommen. Die Offenbarung müsste vom Menschen zu verstehen sein - von Menschen vor Jahrtausenden und von Menschen heute.

Die Menschheitsgeschichte zeigt durchgehend eine solche Offenbarung - in zunehmender Reifung - von magisch (mit Magier und Medizinmann) über mythisch (mit den großen Mythologien Ägyptens und Babylons) zur Mysterienreligion, die eine individuelle Beziehung durch Einweihung ins Mysterium schenkte – wie dem der Demeter oder Isis und Osiris.

„Als die Zeit erfüllt“ war, da offenbarte Gott sich endgültig in Jesus Christus dem Gekreuzigten. Er offenbart sich aus Liebe und als Liebe.

So wenig, wie ein Hirnforscher bei seiner Geliebten mit seinen Instrumenten die Liebe nachweisen oder überprüfen will, so wenig kann Gottes Liebe bewiesen werden. Liebe kann nur im Vertrauen erlebt und gelebt werden.

Die Botschaft des Evangeliums ist eigentlich unglaublich: Gott hat seinen Sohn - das Liebste, das Wichtigste was er hat, gesandt, den Menschen anvertraut, bis in den Tod - in der Hoffnung, dass Menschen seine Liebe glauben, annehmen und in ihr leben.

Eine dreifache Antinomie: der Allmächtige duldet ohnmächtig; der Allwissende hofft; der ganz Gerechte ist absolut gnädig.

Nur wer die Liebe kennt, wird das begreifen.

Dr. Hans Frisch