Karfreitaggesendet am 18. April 2014 von Dr. Hans Frisch |
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INRIÜber 2 Milliarden Menschen
gedenken heute mehr oder weniger ernst der Kreuzigung Jesu für
manche Nichtchristen ist das Kreuz, besonders der Gekreuzigte,
ein Ärgernis. Die
15 Millionen Juden dürften sich heute noch ärgern über
das Schild oben an den meisten Darstellungen der Kreuzigung: INRI
Jesus nazarenus rex judaeorum, Jesus von Nazareth,
König der Juden. Das könnte sich gerade um diese Zeit abgespielt haben, fast vier Stunden vor der Sterbestunde Jesu. Viel ist über die Tafel - den Titulus crucis geredet und geschrieben worden, auch geforscht denn in der Kreuzbasilika in Rom ist eine Reliquie, ein beschädigtes Schild mit Teilen des Textes - hebräisch, griechisch und lateinisch. Die Mutter von Kaiser Konstantin hatte es aus Jerusalem mitgebracht (da müsste es schon 300 Jahre alt gewesen sein). So oder so, echt oder nicht, kaum eine andere alte Inschrift ist so oft dargestellt, oder angedeutet (als INRI), wie diese. Es lohnt sich schon, sie einmal genauer anzuschauen besonders am Karfreitag. Pilatus war Römer in Jerusalem und im ganzen Land war er der Römer. Herrscher, nicht von Roms Gnaden sondern in Roms Macht - als solcher auch Herr über Leben und Tod, besonders an diesem Tag. Nach jüdischem Recht zum Tode verurteiltDas Synhedrium, der Hohe Rat unter Vorsitz des Hohen Priesters, hatte Jesus zum Tode verurteilt nach jüdischem Recht. Doch Pilatus musste das Urteil bestätigen - und vollstrecken. Den Juden war die Blutsgerichtsbarkeit entzogen - eine Demütigung! Der mächtigste Mann in Rom - neben dem Kaiser war Sejanus, der Chef der Praetorianergarde, und Sejanus war ein Antisemit. Er hatte Pilatus wohl den Ehrentitel amicus caesaris, Freund des Kaisers verschafft, ihn als Prokurator nach Judäa geschickt, und ihm den Antisemitismus mitgegeben. Wie die Priester Pilatus dazu bringen, die Todesstrafe zu vollstrecken, das wäre Thema für eine ganze Sendung. Der römische Ritter muss von dem charismatischen Jesus beeindruckt gewesen sein doch als die Priester drohen: Wenn du diesen nicht tötest, dann bist du des Kaisers Freund nicht mehr - also: Amicus caesaris, wir werden dich beim Kaiser Tiberius denunzieren! - da gibt er nach. Inzwischen hat sich in Rom nämlich einiges ereignet. Sejanus wurde als Verräter entlarvt und hingerichtet Tiberius tobt. Die Sejanusfreunde und Kumpane landen im Gefängnis, in der Verbannung, oder werden hingerichtet. Pilatus ist noch nicht ins Visier geraten. Eine Anklage aus Jerusalem würde das ändern, und wäre sein Ende. Er oder Ich ist da die Frage, und er lässt Jesus kreuzigen. Wer sich ohne römische Legitimation zum König macht, wird gekreuzigtHebräisch ist die Sprache der Priesterschaft - das Volk spricht aramäisch - und zunächst gilt die Aussage König der Juden wohl den Priestern. Pilatus will sie ärgern und sie ärgern sich. Griechisch ist die Sprache der Gebildeten im ganzen Reich die können erkennen, dass Pilatus diesen beeindruckenden Mann geachtet hat, der da gestorben ist am Kreuz zwischen zwei Verbrechern. Fast könnten wir übersetzen: Den hätte ich als König akzeptieren können. Ein König der Wahrheit, der wäre für Rom nicht gefährlich geworden. Lateinisch - das war an die Adresse Roms, an den Kaiser gerichtet: Wer sich ohne kaiserliche Legitimation zum König macht, stirbt am Kreuz. Ich habe ihn gekreuzigt! Dagegen kommt keine Denunziation an. So könnte man es deuten es gibt eine Reihe anderer Möglichkeiten, doch diese leuchtet mir ein. Musik Wer ist für den Tod Jesu verantwortlich?Man könnte darüber
streiten, warum Pilatus die Tafel am Kreuz anbringen ließ, auch
darüber, wie sie zu verstehen ist. Der Hohe Rat unter Leitung des hohen Priesters hatte das Todesurteil gefällt, und Pilatus gezwungen es zu vollstrecken so steht es im Neuen Testament. Pilatus sah Jesus als Aufwiegler in dem rebellischen jüdischen Volk, und hat ihn beseitigt. Aus Sorge um die Folgen wollten die Schreiber der Evangelien die Römer vom Vorwurf des Justizmordes freisprechen und sie schoben den Juden die Schuld zu - so sagen manche Theologen, und so argumentiert ein jüdischer Staatsanwalt in seinem Buch: Der Prozess Jesu aus jüdischer Sicht. Dort ist Gottes Wille geschehen so deutet es Petrus in der Pfingstpredigt und auch danach. Er war dabei, als Jesus nach Jerusalem ging mit dem sicheren Wissen, dort werde ich getötet werden wie der Prophet Jesaja es von dem leidenden Gottesknecht verheißen hat. Es existieren keine Prozessakten, weder jüdische noch römische, doch über wenige Ereignisse und Personen gibt es Berichte, die so zeitnah entstanden sind, wie die Erzählungen von Jesus. Die Entstehung der Gemeinde
ist nur unmittelbar nach Karfreitag und Ostern verständlich - und
die Pfingstgeschichte erzählt davon. Bei den Evangelien ist die Frist bis zur schriftlichen Fixierung der Erzählungen wesentlich kürzer - die Überlieferung dürfte hier sehr zuverlässig gewesen sein. Warum Jesus sterben musste
ist sehr knapp, sehr versteckt aber sehr deutlich mitgeteilt: Dieser
Mensch tut viele Wunder, lassen wir ihn, dann werden alle an ihn glauben,
und dann kommen die Römer und nehmen uns Land und Leute. Zu
diesem Urteil kommt die Priesterschaft und der Hohe Rat. Bedenken gegen
die Tötung eines Unschuldigen schiebt der Hohepriester beiseite:
Es ist besser für euch, ein Mensch sterbe für das Volk,
als dass das ganz Volk verderbe. Kaum ein Geheimdienst der Welt
würde zögern, eine so gefährliche Person zu beseitigen
- selbst unter Inkaufnahme von Kollateralschäden. Musik Warum musste Jesus sterben?
Wir haben nach den Ursachen gesucht und nach den Verantwortlichen gefragt.
wenn wir akzeptieren, dass letztlich verantwortlich Gott ist, dann
taucht die Frage auf: Wozu musste er sterben? Jesus hat Blut und Wasser geschwitzt
beim Gebetskampf in Gethsemane doch er hat Ja gesagt zu dem Ende.
Kreuzigung ist die grausamste Hinrichtungsart. Vor dem Gericht war noch ein letztes Mal die Möglichkeit dem Kreuz zu entgehen; eine ausweichende Antwort auf die Frage des hohen Priesters hätte gereicht. Aber er spricht sein todbringendes Geständnis: Ich bin es - und lässt sich kreuzigen für mich, für dich, für alle. Nun gibt es nur zwei Möglichkeiten:
Die Entscheidung für eine
dieser Möglichkeiten steht jedem frei wer will, kann meinen
Überlegungen folgen: Karfreitag wäre ein guter Tag, sich der Botschaft von Gottes Liebe bewusst zu stellen. Für eine oberflächliche Betrachtung oder ein gleichgültiges Ignorieren ist sie viel zu kostbar und Jesus hat teuer dafür gezahlt, auch für dich. Dr. Hans Frisch |