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Begeisterung

gesendet am 24.05.2015 von Dr. Hans Frisch
 


Heute ist Pfingstsonntag, morgen Pfingstmontag und dann kommen die Pfingstferien - eine ganze Woche. Da haben es die bayerischen Schüler schon gut.

In unserer Schulzeit, nach dem Krieg in der DDR, da war Pfingsten kein Anlass für Ferien – doch die Bilder verblassen langsam. Unvergessen sind einige Lehrer: In Mathe der Freitag mit seinem Spruch: „Da stehst`de da, wie die Kuh vorm neuen Tore“ - wenn einer nicht wusste, was er eigentlich wissen müsste; oder Saalmann, der Chemielehrer mit seiner Liebe zu Pilzen - damals kannte ich die Strukturformel von Penicillin (dem eben entdeckten Antibiotikum aus Pilzen) - sie füllt eine ganze Tafel.
Die „Bischof" in Biologie hat mich angesteckt mit der Begeisterung für Botanik und Zoologie - immer wenn wir nach Weißenfels kamen haben wir sie besucht, und sie kam sogar zu Besuch nach Mittelfranken.
Auch „Müller", den Deutschlehrer besuchte ich - er hat mir für die Fahrt zum Studium in Berlin ein Buch geschenkt über Nihilismus von Thielicke - es hat mir die Augen geöffnet für moderne Philosophie - auch für Sartre, Camus und für Kierkegaard und den Existenzialismus.
Das waren die Lehrer, die begeistert waren und mich angesteckt haben mit ihrer Begeisterung - und damit sind wir beim Thema von Pfingsten: Begeisterung.

Es gab manche Begeisterung, die mich ergriffen hat - als Pimpf habe ich die Nazizeit erlebt mit den Liedern, den Märschen und den (anfänglichen) Siegesmeldungen - das ist ansteckend. Der Schock, als die furchtbare Wahrheit des Lügensystems sichtbar wurde, hat unsere Generation für einige Zeit immun gemacht gegen falsche Begeisterung.
Wir erleben immer wieder (hoffentlich), das uns etwas begeistert - es muss nicht so gewaltig sein wie die Fußball WM oder der Mauerfall - bald wird wieder Rock im Park Massen zusammenbringen und eine Gemeinschaft auf Zeit stiften, wie sie anders kaum entsteht.

Die vielfältigen Angebote für solche Events lassen ahnen, welche Bedeutung sie haben - begeistert können wir Gemeinschaft erleben, und viele Fan-Gemeinden zeigen, dass es nicht nur vorübergehend ist - nicht nur beim 1. FCN.
Für sehr viele ist es ein Schutz gegen Vereinsamung und eine Möglichkeit zur gegenseitigen Bestätigung, über soziale und andere Gräben hinweg - ähnlich wie früher der regelmäßige Kirchgang - eher noch etwas besser.

Die Nachfrage nach Begeisterung wächst und auch das Angebot, denn es warten große Geschäfte - auch der Missbrauch wartet, bis hin zur Begeisterung für Neonazis, Hooligans und sogar für den IS.

Das klingt nun überhaupt nicht pfingstlich - doch es könnte uns eine Ahnung geben von der Kraft der Begeisterung. Mit der fing die Geschichte der Kirche, der „Gemeinde Christi“ damals vor fast 2000 Jahren an, und diese Kraft ist immer noch lebendig.

Musik

Ganz selbstverständlich ist für uns schon Pfingstmontag als Feiertag, auch die Pfingstferien gehören (in Bayern) zum Schuljahr einfach dazu. Doch fragt einmal: „was heißt Pfingsten" oder: „was ist das für ein Fest?" - die Antworten könnten spärlich sein.

Ich will es kurz erzählen:
Pfingsten heißt in vielen Sprachen „Pentekoste“ oder ähnlich. Das kommt vom griechischen „Pentekoste“ – „der Fünfzigste“. Eigentlich „pentekosté hemerá“, „der fünfzigste Tag“ - denn 50 Tage sind seit Ostern vergangen.
Aus dem griechischen „Pentekoste“ wurde „Pfingsten“.

Das Osterdatum ist bedingt vom jüdischen Pessach, der Erinnerung an die Rettung aus Ägypten.
Sieben Wochen später ist Schawuot, das „Wochenfest“. Es ist das Fest der Gesetzgebung, auch ein Erntefest. Nach Pessach, zählten die Juden Tag für Tag - und am 50. Tag war der Tempelhof voll von Pilgern. Die Jünger Jesu mit vielen Anhängern waren dabei, wahrscheinlich in einer der vielen Hallen in der Säulengalerie um den großen Hof.
Vor zehn Tagen war ihr Herr und Meister von ihnen gegangen. 40 Tage zwischen Ostern und Himmelfahrt war er ihnen immer wieder erschienen und hatte mit ihnen gesprochen, vom Reich Gottes, der neuen Wirklichkeit die jetzt angebrochen war. Nun ließ er sie allein zurück auf der Erde - doch mit dem Versprechen: „Ich will euch einen Tröster und Leiter senden, den Heiligen Geist“. Sie konnten sich kaum etwas darunter vorstellen - doch plötzlich geschah es, vormittags um Neun.
Es kam über sie wie Feuerflammen und wie ein Rausch.

Und es erschienen ihnen Zungen, zerteilt wie von Feuer; und er setzte sich auf einen jeden von ihnen, und sie wurden alle erfüllt von dem Heiligen Geist und fingen an zu predigen in andern Sprachen, wie der Geist ihnen gab auszusprechen.

Auch wir können wir uns kaum vorstellen, dass da Pilger aus verschiedensten Ländern (zwölf werden genannt), nicht nur angesteckt werden von der Begeisterung - sie verstehen, dass die da „von den großen Taten Gottes" reden. Jeder in seiner Sprache.

Doch nicht alle! „Andere sprachen: Sie sind voll von süßem Wein" - also volltrunken. Und dann redet Petrus Klartext: er redet vor frommen Juden im Tempel - die ihre Propheten kannten und auf den Messias warteten.

„Diese sind nicht betrunken - es ist doch noch früh am Tag. Hier geschieht was der Prophet Joel verheißen hat: Gott gießt seinen Geist aus.“

Und er spricht von Jesus, den sie auch kennen und den sie ans Kreuz gebracht haben.

„Diesen Jesus hat Gott auf erweckt, dessen sind wir alle Zeugen. Der ist bei Gott. Er hat den Heiligen Geist vom Vater empfangen und ihn ausgegossen, wie ihr hier seht und hört.

So wisse nun das ganze Haus Israel gewiss, dass Gott diesen Jesus, den ihr gekreuzigt habt, zum Herrn und Christus gemacht hat.“

Das traf! „Es ging ihnen durchs Herz“ steht da in der Apostelgeschichte.Sie fragten:

„Ihr Männer liebe Brüder, was sollen wir tun?“ Und Petrus antwortet klar und knapp: „Tut Buße und jeder von euch lasse sich taufen auf den Namen Jesu Christi zur Vergebung eurer Sünden, so werdet ihr empfangen die Gabe des Heiligen Geistes.“

- und an die 3.000 sagen Ja. - So begann die Kirche.

Musik

Wer es nicht für möglich hält, dass nach einer kurzen Predigt 3.000 Menschen zu Jesus Christus JA sagen - der sollte hinschauen, wie in unserer Zeit, als der Krieg für Deutschland schon verloren war, die Massen im überfüllten Sportpalast von Berlin, als Goebbels fragt: „Wollt ihr den totalen Krieg?“ „Ja“ schrieen.

Damals im Tempel in Jerusalem, da war das aber nicht das Ja einer Masse, jeder einzelne tat „Buße“ - er erkannte und bekannte, dass er nicht so lebte, wie er eigentlich sollte und konnte, dass er die Vergebung braucht und sie annimmt – „im Namen Jesus Christus“.

Daraus entstand keine Masse, sondern eine Gemeinschaft – „die Gemeinde Christi“. Keiner kann da sagen: „Ich bin Ehrenmitglied!“ keiner sich zum Vorsitzenden und Anführer aufschwingen, keiner kann sagen: „Ich bin besser als du!“ - denn alle sind begnadete Sünder, und wer der größere Sünder war, der hat größere Gnade erfahren - kein Grund zu Stolz, aber zur Dankbarkeit.

„Wenn die Kirche so wäre dann wollte ich dabei sein“ mag mancher jetzt denken.
So war die Gemeinde damals - das wirkte ansteckend, immer mehr kamen dazu, und jeder Einzelne ließ sich taufen „auf den Namen Jesus Christus zur Vergebung seiner Sünden“.
„Urgemeinde“ ist die Bezeichnung für diese Gemeinschaft - und „Urkommunismus“ wird die Art ihres Zusammenlebens genannt. Die Apostelgeschichte beschreibt es:

Alle aber, die gläubig geworden waren, waren beieinander und hatten alle Dinge gemeinsam. Sie verkauften Güter und Habe und teilten sie aus unter alle, je nachdem es einer nötig hatte.

Und sie waren täglich einmütig beieinander im Tempel und brachen das Brot hier und dort in den Häusern, hielten die Mahlzeiten mit Freude und lauterem Herzen und lobten Gott und fanden Wohlwollen beim ganzen Volk. Der Herr aber fügte täglich zur Gemeinde hinzu, die gerettet wurden.

Das klingt nach einem Märchen oder einer Liebesgeschichte mit Happy End – und, wie bei jeder Liebesgeschichte, die in der Ehe mündet, blieb es nicht so. Die Kirchengeschichte hat einige sehr dunkle Kapitel - so wie fast jede Ehe. Ich könnte einiges davon berichten, von der Kirche und von der Ehe.

Froh und dankbar sind wir, dass unsere Ehe trotz allem gehalten hat, und froh und dankbar sind wir, dass die Gemeinde Christi lebendig geblieben ist trotz allem - denn Gott hat seine Liebe nie aufgekündigt, sie ist am größten dort, wo sie am nötigsten gebraucht wird im Leben jedes Einzelnen.

Immer wieder leuchtet in einer Ehe die begeisterte Liebe des Anfangs auf - hoffentlich!, und immer wieder brach in die Kirche die Begeisterung hinein: - „Wie die Urgemeinde wollen wir leben!“, was niemals dauerhaft wurde, aber die Ehe und die Kirche lebendig hält - unsere Ehe schon 60 Jahre und die Gemeinde Christi durch zwei Jahrtausende.

Dr. Hans Frisch