zur AREF-Startseite

Wie kann Gott das zulassen?

gesendet am 3. Mai 2015 von Dr. Hans Frisch
Bodenveränderung nach Erdbeben in Nepal. Spannungen zwischen der indischen und eurasischen Erdpplatte wurden durch das Beben gelöst und erzeugten ruckartige Bodenbewegungen.  

Erdbeben-Katastrophe in Nepal

Bodenveränderung nach Erdbeben in Nepal.
Bodenveränderung nach Erdbeben in Nepal. Spannungen zwischen der indischen und eurasischen Erdpplatte wurden durch das Beben gelöst und erzeugten ruckartige Bodenbewegungen. Die entstandenen Deformationen sind farbig kodiert: Blau zeigt Hebung (hellblau: 1m; dunkelblau: 2m), Gelb und Rot Senkung (dunkelrot 2m) Grafik: DLR/EOC

Eine Radiosendung ohne Anteilnahme an dem Leid in Nepal erscheint fast unmöglich - doch die Katastrophe ist zu gewaltig für unser Gefühl und unser Begreifen. „Wie kann Gott das zulassen?“ fragen wir immer wieder bei solchem Unheil - und werden wir Christen gefragt, fast vorwurfsvoll, dass wir trotzdem noch an Gott glauben.

Auch Voltaire hat die Frage gestellt

Diese Fragen sind nicht neu - in aller Schärfe hat sie Voltaire gestellt nach dem verheerenden Erdbeben von Lissabon 1755. Logisch hatte er gefolgert: „Ein Gott, der so etwas zulässt, ist entweder nicht allmächtig oder nicht allgütig.“

Nun könnten wir fragen, ob eine Menschheit, die in einem Jahrhundert zwei Weltkriege mit Millionen Toten, mit Terrorangriffen auf Zivilisten, mit Atombomben auf große Städte, mit KZ, Gulag, killing fields, mit Religions- und Bandenkriegen, mit unvorstellbarem Reichtum neben unvorstellbarer Armut, und, und, und, die das alles „zulässt“ - ob so eine Menschheit solche Fragen stellen darf. Und die Jahrhunderte davor waren nicht viel besser.

Die Erdplattenverschiebung

Die Erde ist entstanden (oder wurde geschaffen) und hat sich entwickelt mit Plattentektonik (sonst gäbe es nicht die Kontinente und nicht die Gebirge bis zur Höhe des Himalaya). Diese Dynamik ist ohne Erschütterungen nicht denkbar - so wenig ein Straßenverkehr nicht denkbar ist, ohne dass Unfälle geschehen.

Wir fragen nicht: „Wie kann die Menschheit so etwas zulassen?“ Wenn wir diese Frage nicht stellen, können wir die andere vergessen: „Wie kann Gott?“

Erdbeben sind nach den Aussagen Jesu ein Zeichen der Endzeit

Als die Jünger Jesus fragten nach den Zeichen der Endzeit, da sprach er von Kriegen und Kriegsgeschrei, von Aufständen, von Erdbeben hier und dort, von Hungersnöten. Auch von Christenverfolgung.

Jesus wusste, Gott wird das alles zulassen, denn er hat auch zugelassen, dass der Mensch die Freiheit ergreift zu unterscheiden zwischen Gut und Böse und sich zu entscheiden.

Das sagte Jesus bei seinen Abschiedsreden, einige Tage vor Karfreitag.
Für die Jünger war die Kreuzigung eine Erschütterung, die das Haus ihres Glaubens einstürzen ließ und ihr Fundament zerstörte. „Und wir hatten gehofft, er werde Israel erlösen“ sagen die zwei auf dem Heimweg nach Emmaus zum Auferstandenen, den sie nicht erkannten.

Wer Jesus begleiten will auf seinen Weg ins Leiden, der sollte bei ihm sein im Garten Gethsemane, wo er voller Angst betet: „Mein Vater, ist's möglich, so gehe dieser Kelch an mir vorüber; doch nicht wie ich will, sondern wie du willst.“ Es ist die letzte Möglichkeit zur Flucht, doch er bleibt bis die Häscher kommen - von Judas geführt. Alle Jünger fliehen.

Dann geschieht Gottes Wille: Jesus wird wegen Gotteslästerung zum Tode verurteilt, und er stirbt qualvoll am Kreuz - zusammen mit zwei gekreuzigten Verbrechern. Wie kann Gott das zulassen?

Musik

„Wie konnte Gott das zulassen?“ dachten wohl viele auch nach der Hinrichtung Jesu

„Wie konnte Gott das zulassen?“ dachten die Jünger wahrscheinlich, als Jesus am Kreuz gestorben war - qualvoll und geschändet.
Ihren Beruf, ihre Heimat, ihre Familien hatten sie verlassen und waren ihm zuversichtlich und voller Hoffnung gefolgt - nun standen sie vor den Trümmern ihrer Hoffnung und Zuversicht, voll Angst, dass auch sie verfolgt werden.

Die letzten 40 Tage Jesu

So begannen die 40 Tage zwischen Ostern und Himmelfahrt, 40 Tage die alles ändern. „Ihnen zeigte er sich nach seinem Leiden durch viele Beweise als der Lebendige und ließ sich sehen unter ihnen vierzig Tage lang und redete mit ihnen vom Reich Gottes.“

Er redete mit ihnen vom Reich Gottes. Die Katastrophe war nicht das Ende - doch nicht so, wie nach Kriegen, nach Erdbeben oder anderen Katastrophen das Leben wieder in die alten Bahnen kommt - er redet mit ihnen vom „Reich Gottes“, einer neuen Wirklichkeit, die ihren Anfang hatte, als er am Kreuz sprach: „Es ist vollbracht“, und starb.

Diese 40 Tage waren kein Crashkurs und kein Seminar in Sachen Gottesreich - es waren einzelne Begegnungen, fast magisch und doch ganz real. Doch sie reichten aus - nicht um Glauben zu erzwingen, aber zu ermöglichen.
Zuletzt, bei der Himmelfahrt, heißt es: “Einige aber zweifelten“. Und so ist das Reich Gottes geblieben bis heute. Glauben ist möglich, und Zweifel muss möglich bleiben, wegen der Freiheit zum Ja oder Nein.

Es gibt keine Protokolle von den Gesprächen, doch zehn Tage nach der Himmelfahrt ist Pfingsten, da wird sichtbar (und hörbar) was die Jünger verstanden haben.

Immer wieder kommen wir in unserem Park an der alten Eiche vorbei, und immer wieder stelle ich mir vor, wie vor 350 Jahren eine Eichel in den Boden kam, einen Keim nach oben schob, der nach ungefähr 40 Tagen ans Licht trat - zugleich wuchs eine kleine Wurzel nach unten. Von da an war der Baum in der Welt - jetzt ist er gewaltig.

So trat damals das Reich Gottes in die Welt, mit der ersten Predigt von Petrus. „So wisse nun das ganze Haus Israel gewiss, dass Gott diesen Jesus, den ihr gekreuzigt habt, zum Herrn und Christus gemacht hat.“ Die jüdischen Zuhörer verstanden.

Als sie aber das hörten, ging's ihnen durchs Herz und sie sprachen zu Petrus und den andern Aposteln: „Ihr Männer, liebe Brüder, was sollen wir tun?“ Petrus sprach zu ihnen: „Tut Buße und jeder von euch lasse sich taufen auf den Namen Jesu Christi zur Vergebung eurer Sünden, so werdet ihr empfangen die Gabe des Heiligen Geistes.“

So beginnt die Gemeinde Christi, das „Reich Gottes“, und es wächst seitdem in der Welt - weil Gott die Katastrophe von Golgatha zugelassen hat.

Mit der Katastrophe in Nepal und auch der damals in Lissabon hat das nichts zu tun - wohl aber mit der Behauptung: „Ein Gott, der so etwas zulässt ist, entweder nicht allmächtig oder nicht allgütig.“

Die Botschaft dieser Aussage ist: „An so einen Gott glaube ich nicht und solltest du nicht glauben!“
Diese Botschaft glauben viele - kleine Geister und große, manche leise und manche laut.

Einen „allmächtigen und allgütigen“ Gott hätten sich die Jünger damals wohl gewünscht, und wir manchmal auch. Doch den gibt es nicht - und da müssen wir nach der Musik ernsthaft hinschauen und hin-denken.

Musik

Einen allmächtigen und all gütigen Gott hätten sich die Jünger damals wohl gewünscht. Doch sie hatten einen ohnmächtigen Gott erlebt, der den, welcher wie kein anderer ihm vertraute, grausam sterben ließ. Das konnten sie nicht verstehen, und das kann keiner verstehen mit dem Kopf.

In den 40 Tagen nach Ostern, da hat es Jesus ihnen erklärt, so dass sie es verstehen konnten mit dem Herzen. Sie hatten einen siegreichen Helden aus Juda erwartet und mussten sehen, wie er wehrlos und elend am Kreuz stirbt. Sein letztes Wort: „Es ist vollbracht!“ hat nur Johannes gehört, der mit Maria unter dem Kreuz stand. Und für uns verstanden hat es Johann Sebastian Bach. Hört es in der Johannes Passion: ( J.S. Bach - Johannes-Passion - Es ist vollbracht - alto aria bran - auf Youtube )

So schließt die Johannes Passion - es geht ins Herz!

„So wisse nun das ganze Haus Israel gewiss, dass Gott diesen Jesus, den ihr gekreuzigt habt, zum Herrn und Christus gemacht hat.“ So schließt Petrus die erste Predigt.

„Als sie aber das hörten ging's ihnen durchs Herz.“ Damals waren es an die 3.000 Menschen, die ihr Herz öffneten für die Botschaft und Ja dazu sagten. Seitdem sind es viele Milliarden - auch ich gehöre zu ihnen, und alle sind eingeladen!

Dr. Hans Frisch