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Gravitationswellen 100 Jahre nach Einstein

gesendet am 6. März 2016 von Dr. Hans Frisch
 

Was könnte Thema sein, für die nächste Sendung? Immer wieder taucht die Frage auf - und gewissermaßen gehen die Antennen auf Suchempfang. Wieder einmal kam die Antwort aus der Frankfurter - der FAS, der Sonntagszeitung.

Die Hochzeit zweier schwarzer Löcher

Vor drei Wochen berichtete die von einem erfolgreichen Suchempfang. Ganze zwei Seiten über eine empfangene Nachricht - per E-Mail kam sie an einen Physiker in Hannover. Weitergeleitet war sie von zwei Empfängern in den USA - angekündigt wurde sie vor 100 Jahren von Albert Einstein, da war die Nachricht aber schon mit Lichtgeschwindigkeit 1 Milliarde Jahre unterwegs gewesen - und am 14. September 2015 kam sie an, eine Gravitationswelle. Es war eine "Hochzeitsnachricht" - zwei schwarze Löcher hatten sich vereint, vor 1,3 Milliarden Jahren (also in 1,3 Milliarden Lichtjahren Entfernung) - das gewaltigste Ereignis, das wir uns im Kosmos vorstellen können.

Die freiwerdende Strahlungsenergie war höher als die Strahlung aller Sterne im Universum - für weniger als 1 Sekunde - doch hätten wir nichts davon gesehen, auch wenn wir damals in der Nähe gewesen wären. Denn schwarze Löcher senden kein Licht aus, es wird von ihrer gewaltigen Gravitation zurückgehalten.
Es sind Gravitationswellen die sich ausbreiten, die Einstein in seiner Relativitätstheorie behauptet und nach denen die Wissenschaft seit Jahrzehnten fahndet - bis zum September 2015 erfolglos.
Die Massenanziehung, die Schwerkraft, die Gravitation - das ist eine Verformung des Raumzeitkontinuums, hatte Einstein erkannt. Dann müssten bewegte Massen in diesem Kontinuum Wellen erzeugen, wie ein Schiff im Wasser - Gravitationswellen.
Leider sind selbst die Bugwellen, welche die Erde auf ihrer Bahn durch den Raum erzeugt zu schwach für eine Messung - und viele kosmische Ereignisse geschehen so weit weg, dass ihre Signale auch zu schwach für einen Nachweis waren. Doch nun stehen in Amerika zwei neue Geräte - im Abstand von 3000 km, die sind nach einer Generalüberholung empfindlich genug.

LIGO-Messung von Gravitationswellen in Hanford, Washington (links) and Livingston, Louisiana (rechts) und Vergleich von erwartem und gemessenem Signal. Quelle: wikipedia.de von Abbott et al. unter Creative-Commons-Lizenz Namensnennung

Das Signal, dass sie empfangen haben dauerte nur eine Zwanzigstel Sekunde und musste milliardenfach verstärkt werden, damit es auf dem Monitor sichtbar wird. Die Kurven entsprechen genau der Kurve, die nach den Berechnungen und mit Einsteins Formel erwartet wurden.
Das klingt sehr theoretisch und sehr weit weg - doch mit Sicherheit wird das Thema wieder und wieder auftauchen, wahrscheinlich auch bei der nächsten Verleihung des Nobelpreises für Physik.
So, wie der Blick Galileos durch das neue entwickelte Fernrohr das Fenster zum Kosmos öffnete, so öffnet dieses Gerät den Blick in eine kosmische Wirklichkeit, die wir bisher nur glauben und berechnen konnten - obwohl es die Wirklichkeit ist, in der wir leben. Unabsehbar, was in dieser neu eröffneten Wirklichkeit uns erwartet.
Ich beneide die jungen Zuhörer um das, was sie alles davon erfahren haben werden, wenn sie so alt sind wie ich jetzt bin.

Musik

Nicht nur das Ereignis, von dem das Signal stammt, war gewaltig (auch in kosmischen Maßstäben) - auch der Aufwand, dieses winzige Signal zu empfangen ist es.
Allein die Generalüberholung der beiden Detektoren in den USA kostete 200 Millionen Dollar - sie sind auch riesig! Zwei 4 km lange Vakuumrohre, und ein Rechenzentrum von der Größe der Meistersingerhalle. Die Baukosten dürften im Milliardenbereich liegen. Allein das Jahresbudget für das beteiligte Rechenzentrum bei Hannover beträgt 10 Millionen Euro, und von der Art gibt es 40 auf der Welt, in denen über 1000 Wissenschaftler arbeiten.
Die Kosten entsprechen denen von 1000 Kernspintomographen - doch die gibt es ja auch, und die Luxus-Kreuzfahrtschiffe, die Düsenjäger, die Raumsonden und die Satelliten für Navigationsgeräte und die Milliarden Smartphones, und, und, und.

Am gleichen Tag, an dem ich morgens die Nachricht in der Frankfurter Sonntagszeitung gelesen hatte, hörte ich bald danach Nachrichten über die Situation in Äthiopien. Eine ungeheure Dürre hat dort praktisch die gesamte Ernte vernichtet, massenhaft sterben die Tiere, vor allem die Milchlieferanten, und 10 Millionen Menschen sind vom Hungertod bedroht - vor allem Kinder, stillende und schwangere Frauen.

Aktuell werden in diesem Jahr 1,4 Milliarden Dollar für die Nothilfe gebraucht, davon ist noch nicht einmal die Hälfte eingegangen, trotz vieler Zusagen von Staaten und Organisationen. - Doch der Hunger wartet nicht.
Das hat mit dem Gravitationswellenprojekt nichts zu tun, auch nichts mit dem Luxuskonsum der reichen Länder und der reichen Leute, oder den Ausgaben für Waffen und Militär.
Ein Beobachter, der von außen die Menschheit betrachten würde, der würde aber zumindest ratlos den Kopf schütteln über eine solche Situation. Wenn er dann noch merken würde - den Menschen in Europa, Amerika und den anderen reichen Ländern werden die Hungerbilder aus Äthiopien gezeigt, und die gehen weiter ihren Vergnügungen nach - dann könnten wir nur hoffen, dass dieser Beobachter kein Richter ist.

Die Maßstäbe, nach denen so einen Richter urteilen würde, hat Jesus beschrieben: Denn ich bin hungrig gewesen und ihr habt mir nicht zu essen gegeben. Ich bin durstig gewesen und ihr habt mir nicht zu trinken gegeben. Ich bin ein Fremder gewesen und ihr habt mich nicht aufgenommen. Ich bin nackt gewesen und ihr habt mich nicht gekleidet. Ich bin krank und im Gefängnis gewesen und ihr habt mich nicht besucht.
Schon fast 1000 Jahre früher verkündete der Prophet Jesaja die Forderungen Gottes an den Menschen: Brich dem Hungrigen dein Brot, und die im Elend ohne Obdach sind, führe ins Haus! Wenn du einen nackt siehst, so kleide ihn, und entzieh dich nicht deinem Fleisch und Blut!
Solange unser Wohlstand noch wächst, wir unseren Luxus, unsere Vergnügungen nicht einschränken müssen, dürften wir nur schwer Ausreden für unterlassene Hilfe finden. Das deutsche Volk könnte auf seine Hilfsleistungen für Flüchtlinge hinweisen - doch muss es sich auch bewusst bleiben, wieviel Unheil es in die Welt gebracht hat. Die ehemaligen Kolonialmächte und die heutigen Wirtschaftsmächte sind für viele Missstände in Afrika mitverantwortlich - und auch deshalb zur Hilfe verpflichtet.
Letztlich werden alle auf einen gnädigen Richter hoffen müssen, und diese Erkenntnis könnte uns gnädig stimmen gegenüber denen, die auf unsere Hilfe hoffen.

Musik

Da sind wir zwischen zwei Katastrophen geraten - eine gewaltige kosmische, die eigentlich nichts mit uns zu tun hat, außer dass ihr nachträglicher Nachweis Milliardenkosten erfordert - und eine lokale irdische, für deren Abwendung eineinhalb Milliarden notwendig wären, und an deren Entstehung wir, die reichen Länder, irgendwie beteiligt sind. Die bedroht sehr viele Menschenleben - und das Sterben hat schon begonnen. Auch das Leiden im Hungerelend ist furchtbar.
Doch keiner fühlt sich wirklich schuldig.
Sicher, meine Flugreise in südliche Urlaubsländer trägt bei zum Klimawandel, der wahrscheinlich die klimatischen Störungen verstärkt, die Katastrophen mitverursachen - doch das Flugzeug fliegt trotzdem, auch wenn ich verzichte.
Völlig sinnlose millionenteure Fernsehshows laufen, auch wenn ich nicht zuschaue - die Einschaltquote (und damit die Werbeeinnahmen des Senders) beeinflusst das nicht.
Dass ich kein Smartphone brauche ändert nichts an der fast fanatischen Gier nach dem neuesten I-Phon, und damit der Nachfrage nach seltenen Erden aus Afrika, über die meist korrupte Machthaber verfügen.
Nein, ich kann zur Abwendung der Katastrophen in Äthiopien (und der sich anbahnenden anderen Katastrophen in Afrika) nichts beitragen - auch Du nicht.
Dass viele Superreiche der Welt, wie Bill Gates und Mark Zuckerberg, die Hälfte oder mehr ihres Milliardenvermögens für Hilfsprojekte spenden wollen (und schon damit anfangen) das weckt Hoffnung, die Hilfe möge schneller wachsen als die Probleme. Wenn allerdings Zuckerberg mit seinen Milliarden (unter anderem) den Zugang zu Facebook (der Quelle seines Reichtums), für die Jugend Afrikas fördern will (mit entsprechender Nachfrage nach zugehöriger Technik), dann kommen mir Zweifel.
Ein gewichtiger Grund für das boomende Geschäft der sozialen Netzwerke, das Zuckerberg zum Multimilliardär macht, ist das Bedürfnis nach Zugehörigkeit des Einzelnen. Ein Maß dafür ist die Zahl der Likes - denn jedes davon bedeutet ein kleines "Ja" zu mir, das ich so dringend brauche.
Hier ist es billiger zu haben, als da wo ich mit einem tollen Outfit imponiere, oder dem neuesten Auto, oder mit einer besonderen Leistung, oder auch der helfenden Zuwendung zu meinem Nächsten.
Wenn ich bei einer so blöden Veranstaltung wie "2 gegen Alle" unter den 500 Teilnehmern gewesen wäre und bei der Frage: "Was ist das Lieblingsgericht der Deutschen" auf "Currywurst" getippt hätte, und damit an einem Punkt für "Alle" teilgehabt hätte - der Beifall gälte auch mir, und wäre ein "Ja". Für einen Moment!
Auch der rauschende Beifall, der einen Star bejaht, trägt nur kurz - er braucht ihn immer wieder.
Mein Hunger nach Bejahung kann letztlich nur gestillt werden in der Liebe, und je geringer da das Angebot ist, umso mehr wächst die Nachfrage nach Ersatz.
Denn jeder Einzelne braucht dieses Ja im Kern seiner Person - das kollektive Ja, das man beim Eintritt in eine Gemeinschaft erfährt, reicht nicht aus, obwohl es eine wichtige Stütze sein kann.
Nun ist ein Ja in der Welt, das jeden meint:
"So sehr hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen eingeborenen Sohn gab, damit alle die an ihn glauben, nicht verloren gehen, sondern das ewige Leben haben."
Das sagt Jesus am Anfang seines Weges zu einem jüdischen Ratsherrn - und wahrscheinlich war der im Hohen Rat dabei, als dieser zu Gericht saß über Jesus.
Er mag zufrieden gewesen sein, als der Verteidiger alle Zeugenaussagen entkräftete, und er meinte vielleicht: Jetzt ist Jesus frei. Doch als dann der Hohe Priester die Frage stellt: "Bist du der Messias, der Sohn des Hochgelobten?" und Jesus antwortet: "Ich bin es!" - da hört auch er das als Gotteslästerung, und stimmt zu: "Todesstrafe". Denn so erbärmlich konnte ein "Sohn Gottes", der Messias, nicht aussehen.
Damit sind wir in der Passionszeit angekommen. Es dauerte damals nur wenige Stunden vom Urteil bis zur Kreuzigung - doch Gott hat seinen Sohn hingegeben aus Liebe zu uns, zu jedem Einzelnen, und jeder Einzelne darf dieses Ja der Liebe annehmen. Es kann zum Fundament seiner Person werden, so dass er auf Ersatz nicht mehr angewiesen ist.
Aber, so wie jede Liebe nur im Vertrauen entstehen und leben kann, so lebt auch dieses Ja nur im Glauben. Wer es erlebt hat, der versteht mich und wird es bezeugen.
Die Begeisterung über die unglaublichen Leistungen der Wissenschaft und Technik wird dadurch nicht verringert.

Dr. Hans Frisch