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Islam und Christentum

gesendet am 17.09.2015 von Dr. Hans Frisch
 

Wo gibt es Gemeinsamkeiten und worin liegen die Unterschiede?

Am Donnerstag und eine Woche davor war ich zu Gesprächsabenden über den Islam eingeladen. Anlass war das Bemühen um Informationen angesichts des geplanten Baus einer Moschee. Es war ein offenes Gespräch unter Schwestern und Brüdern - ein muslimischer Freund war auch dabei - doch auch hier tauchten Missverständnisse, Vorurteile, Verdächtigungen auf, die nur mühsam zu klären sind.

Es könnte diesem oder jener hilfreich sein für ähnliche Gespräche, noch einmal hinzuschauen auf diese Religion - die wir ja nicht mehr übersehen können - und einen Vergleich mit dem christlichen Glauben zu versuchen. Bei der Zeit, die wir haben, müssen wir uns knapp fassen - doch ist der Islam eine relativ einfache Religion. Sie ruht auf fünf Säulen:

Die fünf Säulen des Islam

  • dem Glaubensbekenntnis: "Ich bezeuge, dass es keine Gottheit außer Gott gibt und dass Mohammed der Gesandte Gottes ist."

  • dem fünfmaligen Gebet - am Tagesbeginn, mittags, nachmittags, in der Abenddämmerung und am Beginn der Nacht

  • der Almosensteuer

  • dem Fastenmonat - einmal im Jahr

  • und der Pilgerfahrt nach Mekka - mindestens einmal im Leben.

Wer das einhält, ist gläubiger Moslem und kann auf die Gnade im jüngsten Gericht hoffen. "Allah ist der eine Gott, der will, dass die Menschen an ihn glauben und sich in Hingabe seinem Willen unterwerfen im Gebet, in guten Taten, in Gehorsam. Solche Gläubige nimmt Allah im Paradies auf." "Solange der Mensch lebt, hat er die Chance zu Allah zu kommen, denn er ist der Barmherzige und der Vergebende."

Jede der 114 Suren im Koran beginnt mit dem "Namen Allahs, des Barmherzigen und Gnädigen." Wenn Du da den Gott der Bibel erkennst, dann irrst du dich nicht - Allah ist das arabische Wort für Gott, für den Gott Abrahams, Isaaks, Ismaels und Jakobs, den Gott des Mose und der Propheten, für den Gott Jesu.

Wozu nach Altem und Neuem Testament den Koran?

"Wozu dann den Koran, wenn Altes Testament und die Evangelien Gottes Wort sind?" wirst du fragen. "Sie waren Gottes Wort als sie offenbart wurden", meint der Koran. Zuerst dem Mose, doch das Volk der Juden hat es verfälscht. Deshalb hat Gott Jesus als Gesandten geschickt, geboren von der Jungfrau Maria und erfüllt von Gottes Geist hat er das unverfälschte Gotteswort als Evangelium offenbart - doch dieses wurde von der Gemeinschaft der Christen verfälscht. Deshalb hat es Gott noch einmal und endgültig dem Propheten Mohammed diktiert durch den Engel Gabriel, Mohamed ist "das Siegel der Propheten".
"Wer dieses Wort hört und tut, der ist recht geleitet" - so einfach ist das - wenn es so einfach wäre.

Sehr bald wurde aus der Offenbarung an den einen Propheten eine wachsende Bewegung, eine politische und militärische Gemeinschaft, schließlich eine Weltreligion, mit allen komplizierten Aufgaben und Problemen, die alle Antworten aus dem Koran verlangten - und das war nicht mehr einfach. "Umma" heißt diese Gemeinschaft und "Scharia" das sich entwickelnde Rechtssystem - besser, die Rechtssysteme, denn da waren recht unterschiedliche Auslegungen möglich.
Dem Islam blieb nicht erspart, was dem Christentum geschah - bis hin zu muslimischen Religionskriegen.

Musik

Eine friedliche Religion?

"Mit Feuer und Schwert ist der Islam verbreitet worden", so lautet ein oft zu hörender Vorwurf, erhoben auf dem Hintergrund eines friedlichen Christentums. Das Schwert wurde dem Propheten gewissermaßen in die Hand gezwungen, denn als er aus Mekka geflohen war und in Medina Aufnahme fand, auch Anerkennung als Schiedsrichter zwischen den zerstrittenen Bewohnern - schließlich ihr Führer wurde, da brauchte er das Schwert.

Eine wichtige Einnahmequelle der Araber in der Wüste war die Razzia, der Überfall auf Karawanen oder Nachbarstämme, um Beute zu machen - und eine straff geführte geeinte Gemeinschaft hatte da größere Chancen. Für die Handelsstadt Mekka war die Sicherheit der Handelskarawanen aber wichtig, so entstand Feindschaft und Krieg. Auch hier blieb der Prophet mit seiner Gemeinschaft siegreich - und 12 Jahre später war er Herr auch in Mekka.

Überfälle auf Karawanen, die nach Mekka zogen oder von dort weiter, fielen damit fort, auch Überfälle auf Stämme, die sich in die Umma eingegliedert hatten, gab es nicht mehr. So diente das erprobte und anwachsende Heer der Ausdehnung des muslimischen Gebietes. Zu Lebzeiten des Propheten auf den größten Teil der arabischen Halbinsel, danach in alle Richtungen - westlich bis nach Spanien.

Unterworfene Stämme hatten nur die Wahl, sich auch Allah zu unterwerfen, denn die Botschaft des einen Gottes hatte aus den Stämmen mit einer Vielzahl von Göttern die starke Gemeinschaft der Umma gemacht - und die einzige Sünde, die Allah nie verzeihen würde, war die Anbetung eines Gottes neben ihm.

Juden und Christen wurden bei Zahlung einer Schutzsteuer toleriert

Juden und Christen beteten zu dem gleichen Gott, deshalb wurden sie toleriert, mussten aber eine besondere Schutzsteuer bezahlen. Doch die war oft niedriger als die Steuern, die sie bei den vorherigen Herrschern zahlen mussten. Die Beziehung zu den Juden war allerdings belastet von Anfang an. Der Prophet meinte, die Juden in Medina müssten die Botschaft, die er vom Gott Abrahams und Moses erhalten hatte, mit Freuden annehmen - doch das taten sie nicht. Sie unterstützen sogar den Feind, als Mekka Medina angriff. Das wurde nach dem Sieg hart bestraft, und es blieb ein Misstrauen gegenüber den Juden, das auch im Koran zu finden ist.

Die Christen standen ihm näher, doch störte ihn die Trinität, wobei damals gemeint war: Gott, der Heilige Geist und die "Gottesgebärerin" Maria. Jesus gehörte direkt zu Allah, denn er hatte ihn in der Jungfrau Maria geschaffen, wie er Adam geschaffen hatte durch sein Wort "Sei!" - und er war. Auch der Heilige Geist war kein Problem, durch diesen Geist tat Jesus seine Wunder, schon als kleines Kind, und auch seine Botschaft war Wirkung des Heiligen Geistes.

Dass die Juden die erneute Offenbarung Gottes durch diesen heiligen Propheten Jesus ablehnten zeigte, wie weit sie sich vom rechten Weg entfernt hatten. Schließlich wollten sie Jesus sogar kreuzigen, doch Allah täuschte sie. Den Judas haben sie hingerichtet, in der Meinung es sei Jesus. Jesus wurde von Gott in den Himmel aufgenommen, von dort wird er wiederkommen am Tag des jüngsten Gerichtes und wird über Christen und Juden richten - so verkündet es der Koran.

Missbrauch im Islam wie im Christentum

Wenn du jetzt nervös geworden bist, bei so viel Fürsprache für den Koran, den Propheten und den Islam, dann geht es dir wie einem Bruder bei dem Gesprächsabend. Er fragte mich danach: "Sind Sie Moslem oder Christ?" Meine Antwort "ich bin Christ" hat ihn offensichtlich nicht völlig beruhigt. Ich kann es verstehen, denn er hat wohl mehr den Missbrauch des Korans und des Islam im Blick. Der ist zwar nicht ganz so schlimm wie der Missbrauch des Christentums im Lauf der Geschichte, doch reicht er stärker in die Gegenwart und ist uns deshalb bewusster.

Musik

Am deutlichsten sind die Unterschiede in der Person Jesus

Es mag manchen überraschen, wieweit der Koran mit dem Evangelium übereinstimmt - die Jungfrauengeburt Jesu, seine Wunder, seine Botschaft als wahres Wort Gottes, die Ablehnung durch die Juden, sogar seine Aufnahme in den Himmel und die Wiederkunft am jüngsten Tag. Nur die Kreuzigung wird negiert - wie hätte das Gott auch zulassen können?

Wir haben bei der Entstehung des Islam auf den Anfang geschaut, das müssen wir auch beim Christentum. Ganz klar und ganz eindeutig ist Anfang, Ursprung und Ursache des christlichen Glaubens das Kreuz von Golgatha. Wer die Passionsgeschichte streicht, der behält ein "jesuanisches" Evangelium, die Geschichte eines großen Menschen, eines faszinierenden Lehrers - ja eines gottgesandten Propheten - doch er begegnet nicht dem Erlöser, dem Christus.

Ja, man kann das mosaische Gesetz als Gottes Wort zur Rechtleitung des menschlichen Lebens verstehen - und ist gut beraten. Doch es war die Bundesurkunde Gottes mit den Nachkommen Abrahams, mit seinem heiligen Volk - ein Bund aus Liebe!
Das Gesetz ist die Tabugrenze um dieses Heiligtum, das Volk Gottes. Wer sie verletzt, ist draußen!

Das konnte aber nur Bestand haben, wenn es für den, der herausgefallen ist, einen Weg zurück gibt - sonst hätte Gott bald kein Volk mehr gehabt. Dieser Weg zurück ist das Sündopfer. Wer "inne wird", dass er aus dem Heiligen herausgetreten, herausgefallen ist, und das Heilige anerkennt, der darf umkehren, ein Tier aus seiner Herde nehmen, es zum Heiligtum tragen und es draußen schlachten. Der Priester nimmt dann etwas von dem Blut und streicht es an die Hörner des Altars, - "und ihm wird vergeben!" Er hat nicht bezahlt durch das Opfer - jeden Tag wurden mehrere Tiere geschlachtet für die Familie und das Personal - er ist an den Ort gekommen, und in die Haltung, wo er die Vergebung erfahren kann, so erfahren, dass sie die Trennung aufhebt und ihn verändert, und die Beziehung reifer wird. Dieser Prozess zieht sich durch die Geschichte des jüdischen Volkes und weckte die Sehnsucht, dass endlich ein Ziel erreicht wird, das Gottesreich anbricht, dass Gott den Messias, den Erlöser schickt, der die Beziehung endgültig heilt.

Als diesen Erlöser hat Jesus sich gesehen. Er starb am Kreuz als das endgültige Sündopfer - im Tempel wurden zur gleichen Zeit die Opferlämmer geschlachtet. Wer dieses Opfer für sich annimmt, der ist an dem Ort und in der Haltung, wo ihn der Zuspruch: "Dir ist vergeben!" erreicht, dessen Beziehung zum heiligen Gott ist geheilt. Was daraus folgt? Da sagt ein Zolleinnehmer in Jericho: "Die Hälfte meines Reichtums gebe ich den Armen, und was ich unrecht erworben habe, gebe vierfach zurück" und Jesus antwortet darauf: "Der Menschensohn ist in die Welt gekommen, um Sünder selig zu machen."

Da wird ein Zuhälter in St. Pauli zum Heilsarmeeoffizier und kümmert sich um die verirrten und gestrandeten Existenzen hinter den Kulissen. Da setzt ein Baptistenpastor sein Leben ein (und gibt es hin) für die Rechte und die Befreiung seiner schwarzen Geschwister. Da werden Menschen frei zu einem Leben nach dem Motto: "Liebe - und tu was du willst", weil sie sich geliebt wissen. Sie bleiben immer der Vergebung bedürftig, doch sie können immer der Vergebung sicher sein. Das ist die Wirklichkeit des Todes Jesu am Kreuz. Wer sie ignorieren will, darf es; wer sie annehmen will, kann es.

Eigentlich dürfte er weiter den einen Gott bekennen, fünfmal am Tag beten, Almosen für die Armen geben, einen Fastenmonat halten mit der Familie und den Freunden, er dürfte auch den Propheten Mohammed achten und den Koran als Offenbarung für die Nachkommen Ismaels, die Araber, ansehen - in die Liebe Gottes, die sich am Kreuz endgültig offenbart hat, ist er eingeschlossen.

Dr. Hans Frisch

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