„O Herr, er will mich fressen!“

Die Schule hat wieder angefangen, hurra: Präsenzunterricht, aber ... irgendwie ... die richtige Frische fehlt manchmal.

Bei mir ist die Schule schon eine Weile her, aber ich weiß noch, was mein Lateinlehrer immer dann sagte, wenn jemand seinen Frischezustand mit offenem Gähnen kundgetan hat: „Ja, ja, Tobias 6, Vers 3!“.

Tobias? Wer sollte das sein? Einen antiken Schriftsteller kannte ich nicht mit diesem Namen, und ein Prophet aus dem Alten Testament ... nein, auch nicht. Aber warte, hier, in der dicken Bibel von der Oma, da kommt noch ein Abschnitt mit Büchern nach dem Alten Testament: die Apokryphen. Wie steht da von Luther als Zitat über die Apokryphen geschrieben: „Das sind Bücher, so nicht der Heiligen Schrift gleich gehalten und doch nützlich und gut zu lesen sind.“

Tatsächlich, da gibt es ein Buch Tobias. 6. Kapitel: Tobias wandert irgendwo im Gebiet des heutigen Irak am Tigrisufer entlang mit den Füßen im Wasser. Und aus dem Wasser schnellt plötzlich ein großer Fisch auf Tobias zu, sehr wahrscheinlich mit weit aufgerissenem Maul:

„Vor dem erschrak Tobias und schrie mit lauter Stimme und sprach:
O Herr, er will mich fressen!“
Tobias 6,3

Tobias 6, Vers 3. – Wenn euch mal jemand diese Textstelle zitiert, weil ihr vergessen habt, beim Gähnen die Hand vor dem Mund zu halten, dann wisst ihr zumindest, dass diese Person sogar seltene Bücher aus der Bibel kennt.

Heiko Müller