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Hintergrund-Infos

Synagogen in Nürnberg

3. Synagoge in Nürnberg, die abgerissen wurde

Im Laufe der Nürnberger Stadtgeschichte wurden drei jüdische Synagogen zerstört:

Die Synagogen in Nürnberg
Die Synagogen in Nürnberg Quelle: wikipedia.de, public domain

Erste Synagoge

Die erste Synagoge stand auf dem Platz der heutigen Frauenkirche am Hauptmarkt und wurde als Folge der von Frankreich ausgehenden und später überall in Europa auftretenden Judenpogrome im Jahre 1349 mitsamt des dortigen jüdischen Viertels abgerissen.

Zweite Synagoge

Die zweite Synagoge stand in der Wunderburggasse und wurde 1499 infolge der antijüdischen Kirchenpolitik in Europa niedergerissen.

Dritte Synagoge

Die dritte Hauptsynagoge stand am Hans-Sachs-Platz - direkt am nördlichen Pegnitzufer.

Sie wurde nach den Plänen des Stuttgarter Architekten Adolf Wolff errichtet und 1874 eingeweiht, nachdem sich im 19. Jahrhundert erneut Juden in Nürnberg niederlassen durften. Vorher wurden jüdische Gottesdienste in angemieteten Räumen abgehalten.

Nach der Ernennung Hitlers zum Reichskanzler wurde Nürnberg zur "Stadt der Reichsparteitage". Fortan war von einer "Entschandelung der Altstadt Nürnbergs" die Rede. Damit waren die Bauten jüdischer Geschäftsleute, sowie jüdische Stiftungen, etwa dem Neptunbrunnen auf dem Hauptmarkt, gemeint.

Jüdische Hauptsynagoge am Hans-Sachs-Platz in Nürnberg
Jüdische Hauptsynagoge am Hans-Sachs-Platz in Nürnberg, erbaut 1874 nach den Plänen von Adolf Wolff Fotografie 1891

Ein besonderer Dorn im Auge der Nazis war die Hauptsynagoge an der Pegnitz, die der nationalsozialistische Oberbürgermeister Willy Liebel in einem Antrag vom 23. April 1938 sofort abreißen lassen wollte. Grundlage hierfür, war das am 4. Oktober 1937 in Kraft getretene "Gesetz über die Neugestaltung deutscher Städte". In Liebels Entwurf der "1. Anordnung über die Neugestaltung der Stadt der Reichsparteitage" hieß es: "Die schlimmste Bausünde aus vergangenen Jahrzehnten, bildet die ... Synagoge. Dieses Bauwerk verunstaltet mit seinen fremden orientalischen Bauformen nicht nur den Hans-Sachs-Platz, der eine Umrahmung aus guten alten Bürgerhäusern besitzt, sondern außerdem in besonderem Maße das mit sehr typischen Bürgerhäusern bebaute Nordufer der Pegnitz ... Eine Bereinigung kann nur durch vollständige Beseitigung des Synagogengebäudes erreicht werden."

Doch die Hetzkampagne gegen die Synagoge begann schon einige Jahre früher. Der damalige Baureferent Walter Brugmann schrieb 1934 in einem Zeitschriftenbeitrag ("Bausünden in Alt-Nürnberg"): "In das harmonische Bild des Hans-Sachs-Platzes schiebt sich rücksichtslos die Synagoge. Ein schwerer städtebaulicher Fehler, ganz zu schweigen von dem stimmungsmordenden maurischen Stil, in den der Bau gekleidet wurde. ... Kann hier etwa durch einen Vorbau wenigstens in etwas Abhilfe geschaffen werden?"

So "verhalten" wie Brugmann, musste Liebel einige Jahre später nicht mehr schreiben. Auch der Kunsthistoriker Wilhelm Schwemmer schrieb 1936 im NS-Blatt "Fränkische Tageszeitung": "Die harmonische Wirkung des Hans-Sachs-Platzes wurde durch den byzantinischen Stil der Judensynagoge völlig zerstört." Im bereits erwähnten Blatt, erschienen weitere Hetztiraden gegen das Bauwerk, so war am 22. Juli 1938 zu lesen:

"Wie der Mensch, so sein Glaube, seine Religion. Wie die Religion eines Menschen, so sein Gotteshaus. Protzig, seelenlos und frech erhebt sich die Synagoge über dem Häusermeer Nürnbergs ... Inmitten der deutschesten Stadt aller Zeiten ein Stück Orientalismus, ein Stück in Stein gesetzter Schande ..."

Jahrzehntelang wurde der Blick von der Insel Schütt über die Pegnitz auf die Häuser am gegenüber liegenden Ufer mitsamt der großen Synagoge im Hintergrund als "Malerwinkel" bezeichnet. Zahlreiche Ansichtskarten mit diesem Motiv waren im Umlauf. Aber, der selbsternannte "Frankenführer" Julius Streicher und Liebel wollten an dieser Stelle, wo einst der "Harsdörfferhof" stand, wieder ein "romantisches" Stadtbild sehen. Die Nazi-Herrscher forderten die jüdische Kultusgemeinde am 18. Juni 1938 auf, dem Synagogenabbruch "freiwillig" zuzustimmen. Nach deren Verweigerung erfolgte am 3. August die Zwangsenteignung.

10.08.1938: Auf einer Großkundgebung am Nürnberger Hans-Sachs-Platz verkündet Gauleiter Julius Streicher den Abriss der Hauptsynagoge (im Hintergrund)
10.08.1938: Auf einer Großkundgebung am Nürnberger Hans-Sachs-Platz verkündet Gauleiter Julius Streicher den Abriss der Hauptsynagoge (im Hintergrund)

Während einer Propagandaveranstaltung, mit Reden Liebels und Streichers auf dem Hans-Sachs-Platz, wurde am 10. August 1938 mit dem Abbruch der Hauptsynagoge begonnen. Am folgenden Tag war im Hetzblatt Fränkischen Tageszeitung zu lesen:

"Wer gestern in den Vormittagsstunden durch die Stadt lief, dem fiel auf, dass das Bild des einander entgegenkommenden Verkehrs verschwunden war. Menschen, Kraftfahrzeuge und Radfahrer bewegten sich alle in eine Richtung. Sie eilten aus allen Stadtteilen einem Ziel zu: dem Hans-Sachs-Platz. Und sie beschleunigten ihr Tempo, um ja noch einen besonders guten Platz zu erobern. Tausende und Abertausende waren gekommen ... So waren der Platz und die anstoßenden Straßen von Menschen überfüllt, die zu den Zeugen eines geschichtlichen Augenblicks wurden. ..."

Auch die Hetzrede von NS Oberbürgermeister Willy Liebel wird in dem Artikel zitiert: "In unendlicher Kleinarbeit haben wir mit Unterstützung eines großen Teiles der Bevölkerung das alte Stadtbild wiederhergestellt und die alten Straßen und Plätze, die Gassen, die Häuser, die Mauer, die Burg wieder in den Zustand gebracht, der der Stadt der Reichsparteitage würdig ist. (...) Wenn am Reichsparteitag Hunderttausende von Menschen aus dem In- und Auslande hierher gekommen sind und die Formationen der Bewegung hier in dieser alten deutschen Stadt marschierten, da mussten wir oft die unangenehme Frage hören: Alles habt ihr gemacht, nur diesen alten, staubigen orientalischen Bau da unten, wollt ihr den immer stehen lassen? (...) Der Platz, der umrahmt ist von den alten Nürnberger Bürgerhäusern, ist verunziert und verschandelt durch diesen Bau der Synagoge, die einstmals ein vom Judengeist durchdrungener Magistrat hier an dieser Stelle des alten Nürnberg erbauen ließ."

Dann betrat der "Frankenführer" Julius Streicher das Podium und heizte die Stimmung weiter an: "Es kommt die Zeit, in der einmal die Judenfrage in der ganzen Welt radikal gelöst werden wird, weil die Menschheit keinen anderen Ausweg mehr findet. Heute brechen wir eine Synagoge ab und niemals mehr wird sie errichtet."

"Auf die Frage Streichers, ob das Haus mit seinem orientalischen Stil in diese deutsche Stadt hineinpasse, antwortete ihm ein tausendfaches NEIN."

Streicher fuhr fort: "Ihr Nürnberger Arbeiter, die ihr einst Sklaven der Juden gewesen seid und die ihr jetzt freudig mithelft, das neue Reich Adolf Hitlers zu bauen, nun gebe ich Euch den geschichtlichen Befehl – Fanget an!"

Anschließend begannen die Abrissarbeiten. Ein Kran holte den großen Davidstern von der Kuppel, die Kandelaber an beiden Seiten des Synagogeneingangs wurden abgeschlagen. Bis zum Beginn des Reichsparteitages im selben Jahr, war die Synagoge verschwunden.

Bevor das Nazi-Regime die Macht übernahm, lebten und arbeiteten Ende 1932 rund 9.500 Menschen jüdischen Glaubens in Nürnberg.

Ein Wiederaufbau der Synagoge erfolgte nach 1945 nicht, obwohl das Grundstück verfügbar gewesen wäre. An Stelle der Synagoge wurden Wohnhäuser gebaut. Erst seit 1988 erinnert ein Gedenkstein an der Heubrücke an die von den Nazis ausradierte Synagoge. Die Inschrift in in deutscher und hebräischer Sprache, die da lautet:

"An dieser Stelle stand die im Jahre 1874 fertiggestellte und im maurischen Stil erbaute Nürnberger Hauptsynagoge.
Noch vor der Kristallnacht wurde sie am 10.08.1938 von den NS-Machthabern zerstört und abgetragen."

Neben dem Synagogendenkmal ist auch eine Gedenktafel angebracht, die an die Ermordung von Leo Katzenberger erinnert. Katzenberger (1873-1942), ehmaliger Vorsitzender der Israelitischen Kultusgemeinde Nürnbergs, wurde in einem Schauprozess "verurteilt" und hingerichtet.

Quellen: nuernberginfos und wikipedia.de

 

 

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3. Synagoge in Nürnberg, die abgerissen wurde

Autor dieser Webseite: Uwe Schütz