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Rückzug aus dem Gazastreifen begonnen
Israelische Armee im Gazastreifen
Montag, 15.08.: Die israelische Regierung hat mit der Schließung des Kissufim-Grenzübergangs um Mitternacht die Evakuierung aller Siedlungen im Gazastreifen offiziell eingeleitet. Am Montagmorgen verteilten Soldaten Handzettel an die Bewohner, in denen sie zum freiwilligen Umzug aufgefordert werden.
Nun bleibt den Israelis im Gazastreifen noch bis Mittwoch Zeit, ihre Häuser und Wohnungen freiwillig zu räumen. Mit dem Inkrafttreten des Rückzugs-Gesetzes am Montag riegelte die Armee den Gazastreifen vollständig ab. Gleichzeitig rückten Soldaten mit rund 50 Armeefahrzeugen in den Gazastreifen ein. Mehr als 20.000 Armeeangehörige wurden zur Räumung des Gebietes abgestellt.
Palästinenser feiern Rückzug
Bereits am gestrigen Sonntag verließen viele jüdische Siedler in schwer beladenen Autos und Lastwagen den Gazastreifen, berichtete der israelische Rundfunk. Die zweitgrößte Siedlung Nisanit sei schon fast verlassen, schrieb die Jerusalem Post. Etwa die Hälfte der Einwohner habe Gush Katif bereits den Rücken gekehrt, schätzten die Streitkräfte. Bewohner andere Siedlungen wollen ihre Häuser am Montag oder Dienstag aufgegeben.
In Gaza-Stadt löste der Beginn des Abzugs Freudenkundgebungen aus. Nach Augenzeugenberichten zogen Dutzende von Bewaffneten durch die Stadt. Einige feuerten Freudenschüsse in die Luft, andere knieten aus Dank nieder. Es sei der Sieg, den das palästinensische Volk durch seine Opfer erreicht habe, erklärten Demonstranten. Zu der Demonstration hatte die radikale Palästinenserorganisation Islamischer Dschihad aufgerufen (focus.de)
Jüdische Siedler wehren sich gegen Soldaten
Auch 48 Stunden vor Beginn der gewaltsamen Räumung haben sich die jüdischen Siedler den israelischen Soldaten und Polizisten widersetzt. An mehreren Orten versuchten die Bewohner, die Sicherheitskräfte daran zu hindern, in die Siedlungen einzudringen, um den offiziellen Räumungsbefehl zu verteilen.
Etwa 400 jugendliche Rückzugsgegner haben die Zufahrtsstraßen zum Siedlungsblock Gusch Katif versperrt. In Neve Dekalim haben mehr als 100 Siedler versucht, die Polizisten am Betreten der Siedlung zu hindern. Zahlreiche Demonstranten beteten und sangen. "Das ist der einzige Weg, mit der Katastrophe umzugehen", sage eine Bewohnerin von Neveh Dekalim.
Den Sicherheitsbeamten gelang es trotzdem, die Siedlung durch einen anderen Eingang zu betreten. Dort zündeten Hunderte Jugendliche Autoreifen an, berichtet die Tageszeitung "Jerusalem Post". Auch in der Siedlung Netzer Hasani versperrten mehrere Dutzend Demonstranten den Zugang.
Der Brigade-General des südlichen Bezirks, Guy Tzur, schätzt, dass in den vergangenen Tagen rund 4.000 Rückzugsgegner illegal in den Gazastreifen gelangt sind, um den Siedlern beim Widerstand gegen die Sicherheitskräfte zu unterstützen.
Die Armee kündigte eine "Null-Toleranz-Politik" gegenüber den Widerständlern ab Mittwoch an. Es würde jedoch keine Schussgewalt eingesetzt werden, hieß es. Planierraupen sollen die Häuser einreißen.
Mörsergranaten unweit der Siedler
Etwa eine Stunde, bevor die Armee den Grenzübergang Kissufim absperrte, gingen nahe der Siedlung Kfar Darom zwei Mörsergranaten nieder. Unweit davon marschierten etwa 500 Jugendliche in Richtung Kissufim-Übergang.
Die Palästinensische Autonomiebehörde (PA) hat am Sonntag etwa 7.500
Polizisten nahe den Siedlungen aufgestellt.
Massenkundgebung gegen Rückzug - Letzter Marsch nach Gusch Katif
Mehr als 100 000 Menschen hatten sich am Donnerstagabend (11.08.2005) in Tel Avivs Innenstadt gegen die bevorstehende Evakuierung der jüdischen Siedlungen aus dem Gazastreifen demonstriert. Die Siedlerführer riefen die Menge zu einem Marsch nach Gusch Katif auf - der Charakter des Widerstandes ist kämpferischer geworden.
Wie die Tageszeitung "Jerusalem Post" berichtet, versammelten sich 150.000 Rückzugsgegner auf dem Rabin-Platz in Tel Aviv. Andere Quellen sprachen von 50.000 Teilnehmern, die Organisatoren hingegen sogar von 300.000. Die Massenkundgebung stand unter dem Motto "Gusch Katif, wir schwören Treue".
Auf einem Podium saßen Likud-Abgeordnete und religiöse Führer neben Siedlervertretern. Die Redner riefen Premierminister Ariel Scharon dazu auf, den Rückzug vier Tage vor dem Beginn zu stoppen. Der Siedlerrat forderte eine Volksbefragung zum Rückzug und Neuwahlen.
"Das ist die größte Demonstration in der Geschichte Israels", sagte der Siedlerführer der Region Benjamin, Pinhas Wallerstein, angesichts eines Meeres aus orangener Farbe, der Farbe des Siedlungsblockes Gusch Katif und der Rückzugsgegner.
Der Siedlerführer von Hebron, Zviki Bar-Chai, erläuterte mit einer Multimedia-Präsentation auf einer großen Leinwand, was die Demonstranten in den kommenden Tagen tun sollten. "Wir alle werden in den Süden gehen und diese schreckliche Vertreibung stoppen", sagte er. "Wir werden an den Grenzübergängen nicht anhalten, sondern sie umrunden". Ziel sei der derzeit einzige Grenzübergang nach Gusch Katif, die Kissufim-Kreuzung.
Bar-Chai forderte die Menge dazu auf, sich "mit Entschlossenheit, Sorgfalt und Stärke, aber ohne Gewalt" den Soldaten und Polizisten entgegenzustellen. Mit Autos, Zügen, in Bussen oder zu Fuß sollten alle Rückzugsgegner in den westlichen Negev reisen. Falls sie irgendwo gestoppt werden sollten, würden Führer sie über die Felder bis nach Gusch Katif führen.
Siedlerführer Pinhas Wallerstein hatte zuvor angekündigt, die Veranstaltung in Tel Aviv werde den Charakter des Widerstandes verändern, und der Ton der Rückzugsgegner werde kämpferischer.
Quelle: Israelnetz.de, 15.08.2005
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