Guter Rat

Ordnung

Was ist Ordnung ?

„Ordnung ist das halbe Leben“, sagt bereits ein altes Sprichwort. Damit wird klar, dass Ordnung von jeher ein zentrales Thema in unserer Gesellschaft war und immer noch ist. Wer ordentlich ist, wird im Allgemeinen für professionell und gut organisiert gehalten. In manchen Berufen ist Ordnung geradezu Pflicht. Oder würden Sie sich bei einem Banker oder Versicherungsberater gut aufgehoben fühlen, bei dem das Chaos herrscht?

Auch Chefs trauen ordentlichen Mitarbeitern in der Regel mehr zu als unordentlichen. Es kann also sogar karrierefördernd sein, im Office auf eine gewisse Ordnung zu achten.

Doch was genau ist Ordnung? Diese Frage hat sich der amerikanische Star-Architekt Louis Kahn gestellt. Sein Fazit und Anregungen für Ihren Ordnungssinn lesen Sie in dieser Sonderausgabe.

Der amerikanische Star-Architekt Louis Kahn über Ordnung

Der amerikanische Star-Architekt Louis Kahn dachte jahrelang darüber nach, was Ordnung ist. Er schrieb viele Aufsätze und Artikel darüber, hatte dabei aber das Gefühl, dass es nie reichte: „Hätte ich, sagen wir, 2.000 Seiten mit bloßen Worten darüber gefüllt, was Ordnung ist, so wäre ich mit diesen Aussagen nicht zufrieden gewesen. Da hielt ich inne und sagte nicht mehr, was Ordnung ist, sondern nur: Ordnung ist."

ORDNUNG IST
Das lässt sich übersetzen mit: Ordnung ist in jedem Zusammenhang möglich. Alle materiellen Dinge sind bereit, sich einem wachen, strukturierenden Geist zu fügen, der ihnen zu einer Ordnung verhilft – weil sie vor Urzeiten von einem solchen wachen und schöpferischen Geist gestaltet wurden. Ordnung schaffen heißt also, in seinen Räumen die geistige Führung zu übernehmen und den Dingen ihren Weg zu weisen: Das ist dein Platz. Da gehörst du hin. Oder auch: Du hast hier ausgedient oder keine Funktion, also habe ich entschieden, dass du gehst. Wer Ordnung schafft, übernimmt die Führung.

DURCHSCHAUTES CHAOS
Damit „Ordnung ist", brauchen Sie die Haltung von Louis Kahn: Durchschauen Sie die Unordnung. Erfassen Sie die Ordnung hinter allem Chaos. Der katholische Denker Romano Guardini wies darauf hin, dass man „mit den Dingen nicht umgehen kann, wie man will, wenigstens nicht im Ganzen und auf die Dauer, sondern nur so, wie es ihrem Wesen entspricht, sonst bereitet man Katastrophen vor."

HINTER DEN DINGEN
Erinnern Sie sich an die 3D-Bücher? Hinter einem verwirrenden Vordergrund liegt auf einer 2. Ebene versteckt ein neues Bild mit einem klaren Motiv. Ordentliche Menschen durchschauen das 3D-Bild der Unordnung schneller. Ihr Trick: Sie gestalten einen Ort stets von diesem inneren Bild her. Sie sehen, wo „Ordnung ist", und lassen sich nicht dadurch aus der Ruhe bringen, dass sie zeitweilig überdeckt ist. Wer sein Bewusstsein auf diese geistige Struktur eingestellt hat, weiß intuitiv, wo was hingehört. Der kann schnell ein Zimmer aufräumen, einen Schreibtisch oder einen Schrank.

ZAUBER DES LICHTS
Das tiefere Geheimnis der Ordnung ist das Licht. Es macht die Dinge sichtbar – und die Dinge das Licht. Licht ohne Materie ist unsichtbar. Louis Kahn schreibt: „Materie ist ausgelöschtes Licht. Die Welt ist eine Schatzkammer der Schatten. Deshalb ist Raum ohne Licht kein richtiger Raum. Andererseits wusste die Sonne nicht, wie schön sie ist, bevor sie nicht die Seite eines Gebäudes oder die Farbe einer Wand getroffen hatte."

RAUM IST: WEGLASSEN
Der enge Zusammenhang von Raum und Licht ist im Wort „Raum" selbst enthalten. Es geht zurück auf „roden": eine Lichtung schaffen, eine Fläche erhellen. Aufräumen bedeutet damit etwas Ähnliches wie das Erbauen eines Hauses: dem Licht Raum geben. Eine geordnete Ablage ist Materie, die von Ihrem inneren Licht durchflutet wird.