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Antidiskriminierungsgesetz

Hamburger Diakonie muss Entschädigung an Muslimin zahlen

05.02.08: Das Diakonische Werk Hamburg muss an eine nicht eingestellte türkischstämmige Sozialpädagogin drei Monatsgehälter als Entschädigung zahlen. Die Frau hatte sich bei der Diakonie für einen Job beworben, sich aber geweigert, in eine christliche Kirche einzutreten. Wie es in der am Montag veröffentlichten Urteilsbegründung heißt, kann nach Ansicht des Arbeitsgerichts Hamburg die Kirchenmitgliedschaft nur dann Voraussetzung für eine Anstellung sein, wenn diese den «verkündungsnahen Bereich» betrifft. Ob das Diakonische Werk in die Berufung geht, ist noch offen. (Aktenzeichen: 20 Ca 105/07)

Das Arbeitsgericht hatte das Diakonische Werk am 4. Dezember 2007 zur Entschädigung nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) verurteilt. Ausgeschrieben war die Stelle einer Sozialpädagogin in dem Projekt «Integrationslotse», die aus Mitteln des Bundes und der Europäischen Union finanziert wird. Ziel ist die berufliche Integration von erwachsenen Migranten. Die Mitgliedschaft in einer christlichen Kirche wurde vorausgesetzt.

Die Klägerin ist gebürtige Muslimin, praktiziert nach eigenen Angaben aber ihre Religion nicht. Den Eintritt in die Kirche lehnte sie ab. Das Diakonische Werk beharrte jedoch auf einer Kirchenmitgliedschaft. Dies sei durch die berufliche Anforderung gerechtfertigt und durch das Selbstbestimmungsrecht im AGG möglich.

Das Diakonie hat nicht ausreichend dargelegt, warum es auf Mitgliedschaft beharrt

Laut Arbeitsgerichts ist das Selbstverständnis einer Religionsgemeinschaft kein absoluter Maßstab. Nicht jede Tätigkeit bei der Kirche mache die Mitgliedschaft notwendig. Dies gelte auch für die ausgeschriebene Stelle. Das Diakonische Werk habe nicht ausreichend darlegen können, warum es auf einer Kirchenmitgliedschaft beharrt. Zudem habe der Zuwendungsbescheid des Bundes und der EU für das Projekt empfohlen, den Bewerberkreis nicht einzuschränken und die Mitarbeiter neutral auszuwählen.

Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG) lässt Ausnahmen zu

§ 9 Zulässige unterschiedliche Behandlung wegen der Religion oder Weltanschauung

(1) Ungeachtet des § 8 ist eine unterschiedliche Behandlung wegen der Religion oder der Weltanschauung bei der Beschäftigung durch Religionsgemeinschaften, die ihnen zugeordneten Einrichtungen ohne Rücksicht auf ihre Rechtsform oder durch Vereinigungen, die sich die gemeinschaftliche Pflege einer Religion oder Weltanschauung zur Aufgabe machen, auch zulässig, wenn eine bestimmte Religion oder Weltanschauung unter Beachtung des Selbstverständnisses der jeweiligen Religionsgemeinschaft oder Vereinigung im Hinblick auf ihr Selbstbestimmungsrecht oder nach der Art der Tätigkeit eine gerechtfertigte berufliche Anforderung darstellt.

(2) Das Verbot unterschiedlicher Behandlung wegen der Religion oder der Weltanschauung berührt nicht das Recht der in Absatz 1 genannten Religionsgemeinschaften, der ihnen zugeordneten Einrichtungen ohne Rücksicht auf ihre Rechtsform oder der Vereinigungen, die sich die gemeinschaftliche Pflege einer Religion oder Weltanschauung zur Aufgabe machen, von ihren Beschäftigten ein loyales und aufrichtiges Verhalten im Sinne ihres jeweiligen Selbstverständnisses verlangen zu können.

Quelle: jesus.de-Newsletter vom 05.02.2008 / epd