Zum
Tod von
gesendet am 10.04.2005
von Dr. Hans Frisch
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Der Papst ist tot, und alles ist schon gesagt, geschrieben und gezeigt. Kaum jemand, der nicht sieht oder spürt: Hier ist etwas Wesentliches geschehen. Als AREF, der Arbeitsgemeinschaft Rundfunk Evangelischer Freikirchen, sind wir natürlich in keiner Weise kompetent, da mitzureden - aus katholischer Sicht gehören die Freikirchen ja fast nicht dazu. In einem Film wurde vom "Wachstum der evangelikalen Sekten" gesprochen, und offen gelassen, wer damit gemeint ist. Die Feindschaft zwischen den Großkirchen und den Täufergemeinden, also den Gemeinden, die nur taufen auf Grund des Bekenntnisses zum Glauben an Jesus Christus, diese Feindschaft ist - Gott sei Dank - Geschichte, doch an der Basis lebt noch einiges Misstrauen. Über die Haltung von Johannes Paul II. in dieser Frage ist mir nichts bekannt, doch hatte ein Papst, der mit Buddhisten, mit Moslems und mit Juden Gemeinschaft gesucht hat bestimmt keine Berührungsängste zu Baptisten. Was kann dieser Papst für uns bedeuten? Zunächst der klar formulierte Unterschied, ja, der Gegensatz: Die Kirche vermittelt das Heil - an ihrer Spitze der Papst. Nur durch die Vollmacht, die von Jesus an Petrus übergeben wurde und über die Nachfolger von Petrus auf die Priester übergeht, ist Lösung - ist Erlösung - möglich. Denn Jesus hatte zu Petrus gesprochen: Und ich sage dir auch: Du bist Petrus, und auf diesen Felsen will ich meine Gemeinde bauen, und die Pforten der Hölle sollen sie nicht überwältigen. Ich will dir die Schlüssel des Himmelreichsgeben: Alles, was du auf Erden binden wirst, soll auch im Himmel gebunden sein, und alles, was du au f Erden lösen wirst, soll auch im Himmel gelöst sein. Die Kirche hat diese Vollmacht als erblich in der Reihe der Petrusnachfolger angesehen, und das war für damaliges religiöses Denken einleuchtend. Immer hatten Priester vermittelt zwischen den Menschen und dem Heiligen. Im Alten Testament kann nur Priester das Opfer, besonders das Sündopfer, entgegennehmen und damit die Vergebung Gottes zusprechen. In dieser religiösen Tradition steht die katholische Kirche. Nur durch die sakramentale Handlung des Priesters wird in der Eucharistie Brot und Wein zu Leib und Blut Christi, deshalb ist die gültige Messe ohne geweihten Priester nicht möglich. Nur der Priester trinkt aus dem Kelch das erlösende Blut Christi, deshalb hat er Vollmacht zur Absolution, zur Lösung von Sünden. Und deshalb ist diese Kirche die "alleinseligmachende Kirche". Früher war wohl die Angst vor dem Verlorensein ohne die Kirche das Fundament ihrer Macht - heute dürfte eher der Heilszuspruch die Gläubigen an sie binden. Die Bilder von den Begegnungen Johannes Paul II. mit den Massen des Kirchenvolkes lassen daran kaum einen Zweifel. Die Selbstverständlichkeit, mit der trotz nachlassender Kräfte und lähmender Krankheit die Autorität seines Amtes sichtbar blieb, ja, auch und besonders der letzte sprachlose Ostersegen, haben unmittelbar die Glaubwürdigkeit dieses Papstes und seines Amtes spürbar werden lassen. Dieser Papst ist tot. Es waren schon ganz andere auf seinem Thron - was für einer wird folgen? * * * Musik * * * Es waren schon andere Päpste auf dem Thron Petri in Rom, Martin Luther hat sie kennengelernt. Erst als er erlebt hatte, daß seine Mahnungen, seine Appelle und seine Proteste gegen den Mißbrauch der päpstlichen und kirchlichen Macht vergeblich waren, ja, als ihm der Tod drohte, da drang er durch zu der befreienden Erkenntnis: "Nicht durch die Kirche werden wir erlöst, wir sind erlöst durch die Gnade Gottes, die sich in der Kreuzigung und Auferstehung Jesu offenbart hat". Jeder, der Ja dazu sagt, hat Zugang zum Kelch des Abendmahls. Die "Priesterschaft aller Gläubigen" verkündete er - und konnte sich auf zwei Stellen in den Evangelien berufen, wo Jesus die Vollmacht der Sündenvergebung allen Jüngern zuspricht. Sogar: "Wo zwei oder drei in meinem Namen beisammen sind, da bin ich mitten unter ihnen." Weil diese Wahrheit in der katholischen Kirche keinen Platz fand, kam es zur Kirchenspaltung; und weil die mächtige Kirche Roms mit der Vernichtung drohte, mußte sich die neue, die evangelische Kirche mit den Mächtigen verbinden. Es wäre interessant, wie viele Fürsten protestantisch wurden, weil es ihren Macht und Besitzinteressen entsprach - das Volk wurde nicht gefragt. Wurde der Fürst evangelisch, dann waren es seine Landsleute auch - über Nacht!. Natürlich konnte man diesen Menschen nicht die Sakramente wegnehmen - so blieben die Kindertaufe, das Abendmahl, die Trauung und die Beerdigung kirchliche Handlungen - und der Pfarrer mußte doch mehr "Priester" sein als alle Gläubigen, wobei auch nicht der Glaube Bedingung der Zugehörigkeit war - man war entweder katholisch oder evangelisch. Ähnlich ging es in der Schweiz. Dort verband sich der Reformator Zwingli mit der städtischen Macht in Zürich. Als hier einige Männer aufmerksam die Evangelien lasen, und dort nirgends die Kindertaufe fanden, wohl aber die Taufe als Antwort und Bekenntnis des Glaubens, da tauften sie sich gegenseitig. Sie waren "Wiedertäufer", weil sie ja als Kind schon getauft worden waren. Sofort kam Protest und Verfolgung, sowohl von evangelischer wie von katholischer Seite. Die Evangelischen ertränkten und die Katholischen verbrannten diese ersten Täufer. Doch die Bewegung breitete sich aus, obwohl viele Tausende umgebracht wurden. Auch Luther rief zur Verfolgung auf. So entstanden neben den beiden Großkirchen die Freikirchen, die völlig unabhängig von der politischen Macht blieben, und deshalb auch Vorkämpfer der Religionsfreiheit wurden. * * * Musik * * * Die Feindschaft zwischen den Großkirchen und den Freikirchen ist Geschichte. Ohne Berührungsängste, ja brüderlich und schwesterlich feiern Katholiken, Protestanten und Baptisten zusammen Gottesdienste. Die Unterschiede sind dadurch nicht aufgehoben, auch der Gegensatz, der besonders im Amt und der Person des Papstes sichtbar wird, besteht weiter. Er ist nicht zu überbrücken, und er ist so alt wie das Christentum. Damals, als Jesus lebte, starb und auferstand, da war das eine rein jüdische Angelegenheit; auch die Entstehung der Kirche am jüdischen Pfingstfest. Die an Jesus Christus glaubten, das waren Juden, die in Jesus den verheißenen Messias sahen. Sie blieben gläubige Juden, hielten die Gebote, besuchten den Tempelgottesdienst und sahen in Jesus das Lamm Gottes, das Opferlamm für die Sünder. Der Brief an die Hebräer beschreibt das sehr deutlich. So wie der Priester in Tempel das Opfer vor Gott bringt, so bringt in der Eucharistie der Priester das "Lamm Gottes" als Opfer der Kirche für die Sünder dar, also für alle, die seiner bedürfen. Auch die Liturgie ist weitgehend alttestamentliche Opferliturgie. Man kann also mit einigem Recht sagen: In der katholischen Kirche ist die judenchristliche Struktur lebendig geblieben mit Heilsvermittlung durch den Priester, mit einem Hohen Priester, mit einem zentralen Heiligtum, ja, auch mit der Beschneidung, die in der Kindertaufe weiterlebt. Als neben der judenchristlichen Gemeinde die Gemeinden der Heidenchristen entstanden und sehr schnell wuchsen, da trat die Frage auf, ob diese Christen jetzt die Gebote Gottes aus demm Alten Testament halten müßten oder nicht, ob sie den Sabbat halten, die Speisegebote beachten, sich beschneiden lassen sollten. Paulus, der Heidenapostel, kämpfte für die Freiheit vom Gesetz. Zur Freiheit hat uns Christus befreit! So steht nun fest und laßt euch nicht wieder das Joch der Knechtschaft auflegen! schreibt er an die Galater - und meint damit das jüdische Gesetz. Der Streit wurde heftig, doch Petrus und Paulus gaben sich die Hand darauf, daß dem Petrus das Evangelium für die Juden und dem Paulus das Evangelium für die Heiden anvertraut ist. So ist es richtig, daß die Petrustradition in Rom, auf dem Stuhl des Petrus lebendig bleibt - und das Evangelium der Freiheit vom Gesetz, wie es Paulus verkündigt hat, daneben und im Gegensatz dazu lebt. Ich glaube und habe es erlebt, daß die Unterschiede und der im Vertrauen ausgehaltene Gegensatz fruchtbar werden und beleben können. Ein Papst wie Johannes Paul II. macht Mut, das Vertrauen durchzuhalten. Ich wünsche der katholischen Kirche und uns einen Nachfolger auf dem Stuhl Petri, der dieses auch ermöglicht und hoffe, dass die Spannung nicht durch billige Kompromisse verringert sondern im Vertrauen ausgehalten wird bis sie fruchtbar wird. So wie damals bei Petrus und Paulus. Die Freikirchen werden niemals eine so starke zentrale Gestalt bekommen wie Johannes Paul II - sie haben kein Machtzentrum. Doch wünsche ich uns, daß wir uns von dem Mut, dem Ernst, der Treue dieses Papstes ermutigen lassen zu einem Leben in der "Freiheit der Christenmenschen" - um mit Luther zu reden. Dr. Hans Frisch mehr bei uns
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