Bedeutung
Angriffskrieg bezeichnet
die Anwendung von Gewalt durch einen Staat oder Staaten gegen einen anderen
Staat, ohne dass der Angreifer (oder ein anderer verbündeter Staat)
entweder von dem angegriffenen Staat vorher selbst angegriffen worden
wäre, ein solcher Angriff unmittelbar bevorstünde oder der angegriffene
Staat dem Angreifer den Krieg erklärt hätte oder Teile seines
Territoriums besetzt hielte.
Völkerrecht
Im modernen Völkerrecht
ist ein Angriffskrieg grundsätzlich verboten.
In Artikel 1 Absatz 1 der Charta
der Vereinten Nationen heißt es:
Die Vereinten Nationen
setzen sich folgende Ziele:
1. den Weltfrieden und die internationale Sicherheit zu wahren und zu
diesem Zweck wirksame Kollektivmaßnahmen zu treffen, um Bedrohungen
des Friedens zu verhüten und zu beseitigen, Angriffshandlungen
und andere Friedensbrüche zu unterdrücken und internationale
Streitigkeiten oder Situationen, die zu einem Friedensbruch führen
könnten, durch friedliche Mittel nach den Grundsätzen der
Gerechtigkeit und des Völkerrechts zu bereinigen oder beizulegen;
In Art. 2 der Charta der Vereinten
Nationen findet sich darüber hinaus die Verpflichtung, nicht nur
auf die Anwendung von Gewalt zu verzichten, sondern auch das Drohen damit.
Der Begriff Angriffskrieg
wird in der Charta der Vereinten Nation nicht definiert. Die Generalversammlung
der Vereinten Nationen hat den Angriffskrieg in Resolution 3314
zwar definiert, ihre Resolutionen sind völkerrechtlich jedoch nicht
bindend.
Rechtslage in Deutschland
Nach dem Grundgesetz (GG) der
Bundesrepublik Deutschland ist die Vorbereitung eines Angriffskrieges
grundsätzlich verboten und unter Strafe zu stellen.
So bestimmt Art. 26 Abs.
1 des Grundgesetzes:
Handlungen, die geeignet
sind und in der Absicht vorgenommen werden, das friedliche Zusammenleben
der Völker zu stören, insbesondere die Führung eines
Angriffskrieges vorzubereiten, sind verfassungswidrig. Sie sind
unter Strafe zu stellen.
In § 80 des Strafgestzbuches
(StGB) heißt es:
Wer einen Angriffskrieg
(Artikel 26 Abs. 1 des Grundgesetzes), an dem die Bundesrepublik Deutschland
beteiligt sein soll, vorbereitet und dadurch die Gefahr eines Krieges
für die Bundesrepublik Deutschland herbeiführt, wird mit lebenslanger
Freiheitsstrafe oder mit Freiheitsstrafe nicht unter zehn Jahren bestraft.
Tatbestandsmäßig
war also nur die Vorbereitung eines Angriffskriegs mit Deutschland als
Teilnehmer, wenn die konkrete Gefahr eines solchen Krieges auch tatsächlich
drohte. Daher kamen als Täter praktisch nur Inhaber von Schlüsselstellungen
staatlicher Macht in Betracht.[4] Der Begriff des Angriffskriegs wurde
im Gesetz nicht definiert und in der Rechtsprechung und Rechtswissenschaft
als völkerrechtswidrige bewaffnete Aggression aufgefasst.[5]
Da auch die Definition im Völkerrecht nicht eindeutig war, wurde
teilweise bezweifelt, dass die Strafnorm dem Bestimmtheitsgrundsatz entsprach.[5]
Zum 1. Januar 2017 wurde §
80 StGB durch § 13 Völkerstrafgesetzbuch (Verbrechen der Aggression)
ersetzt.[6][7]
Nach Art. 2 des Zwei-plus-Vier-Vertrages
vom 12. September 1990 über die abschließende Regelung in Bezug
auf Deutschland gilt mit Inkrafttreten am 15. März 1991 (Verbot des
Angriffskrieges):
Die Regierungen der Bundesrepublik
Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik bekräftigen
ihre Erklärungen, daß von deutschem Boden nur Frieden ausgehen
wird. Nach der Verfassung des vereinten Deutschland sind Handlungen,
die geeignet sind und in der Absicht vorgenommen werden, das friedliche
Zusammenleben der Völker zu stören, insbesondere die Führung
eines Angriffskrieges vorzubereiten, verfassungswidrig und strafbar.
Die Regierungen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen
Republik erklären, daß das vereinte Deutschland keine seiner
Waffen jemals einsetzen wird, es sei denn in Übereinstimmung mit
seiner Verfassung und der Charta der Vereinten Nationen.
Als einzige Ausnahme
kann angesehen werden, wenn nach einer Resolution des UN-Sicherheitsrats
gemäß der Artikel 42 oder 53 der Charta der Vereinten Nationen,
die eine Basis für das Völkerrecht ist, die Anwendung militärischer
Gewalt unter deutscher Beteiligung beschlossen wird. In diesem Fall liegt
zumindest kein Verstoß gegen den Zwei-plus-Vier-Vertrag vor.
Beispiele für internationale Konflikte
|
1939
|
Nach
dem
2. Weltkrieg war bei der Vorbereitung der Nürnberger Prozesse
die Strafbarkeit von Angriffskriegen der hauptsächliche Streitpunkt
zwischen den Alliierten. Eine Einigung kam erst zustande, nachdem
eine beschränkende Klausel in den Einleitungssatz des Artikels
6 aufgenommen worden, der explizit nur die Staaten der europäischen
Achsenmächte in Betracht zog. Neu am Nürnberger Statut war
nicht, dass Angriffskriege geächtet waren. Neu war die Strafbarkeit.
Daher warfen sie dem Gericht Siegerjustiz vor. Der Gerichtshof wies
diese zentralen Argumente der Verteidigung zurück. |
|
1967
|
Im Juni 1967 greift Israels
Luftwaffe Ägypten an.
Dieser sogenannte Sechstagekrieg
wird allgemein als präventiver Verteidigungskrieg
dargestellt. Der bislang einzige Fall, der nach vorherrschender
Meinung als gerechtfertigte Verteidigung angesehen wird.
|
|
1999
|
Am 23.03.1999 beginnt
die NATO mit Luftangriffen
gegen Jugoslawien. Es wurde nicht versucht, den Krieg der NATO
gegen (Rest-)Jugoslawien als Verteidigungskrieg darzustellen noch
mit dem bestehenden Völkerrecht zu begründen, sondern
mit einer der Nothilfe vergleichbaren erweiterten
Auslegung des humanitären Völkerrechts. Die humanitären
Gründe (der angebliche Hufeisenplan) wurden aber nie bewiesen
und das Massaker in Rugova hat es nie gegeben. Eine juristische
Aufarbeitung dieser Angriffe auf Jugoslawien hat es bisher nicht
gegeben.
|
|
2003
|
Der Angriff der Koalition
der Willigen unter Führung der USA auf den Irak (Operation
"Iraqi Freedom", 3. Golfkrieg, Irakkrieg ) im Jahr 2003
wurde von George W. Bush als Präventivkrieg zur Abwehr
einer drohenden Gefahr gerechtfertigt, da der Irak angeblich
Massenvernichtungswaffen besitze. Im Irak wurden jedoch keine Massenvernichtungsmittel
gefunden. Deshalb gilt der Irakkrieg wegen der Bestimmungen der
UN-Charta und dem fehlenden UN-Mandat als völkerrechtswidriger,
illegaler Angriffskrieg. Weil die Vereinigten Staaten den Internationalen
Strafgerichtshof nicht anerkennen, sind juristische Konsequenzen
nicht absehbar.
|
Autor dieser Webseite: Uwe
Schütz, 03.07.2020
Quelle: wikipedia.de
|