Begriff
Der Demokratischer Sozialismus
betrachtet Demokratie und Sozialismus als untrennbare, zusammen
zu verwirklichende Einheit, die es zu erreichen gilt.
Der Begriff entwickelte
sich um 1920 in Folge der Spaltung der europäischen Arbeiterbewegung
und wurde seitdem von sozialdemokratischen, sozialistischen und
kommunistischen Gruppen und Parteien in Anspruch genommen.
Begriff
Demokratischer Sozialismus in der SPD seit 1959
Die SPD verstand demokratischen
Sozialismus seit dem Godesberger
Programm 1959 als soziale Marktwirtschaft mit gerechter Verteilung
von Gewinnen, die gleiche Lebenschancen eröffnen soll.
Die Einleitung des Godesberger
Programms 1959 stellte den fundamentalen Widerspruch zwischen
hochentwickelter Produktivität und ungerechter Verteilung der
Profite heraus: Gegenwärtig seien ungeheure Reichtümer
angesammelt worden, ohne allen einen gerechten Anteil an dieser
gemeinsamen Leistung zu verschaffen.
Das könne zum
erstenmal in seiner Geschichte jedem die Entfaltung seiner Persönlichkeit
in einer gesicherten Demokratie ermöglichen [
] zu einem
Leben in kultureller Vielfalt, jenseits von Not und Furcht.
Das zu gewährleisten, den Weltfrieden zu sichern und die genannten
Widersprüche aufzulösen, sei Aufgabe und Ziel der SPD:[31]
Nur durch eine neue und bessere Ordnung der Gesellschaft öffnet
der Mensch den Weg in seine Freiheit. Diese neue und bessere Ordnung
erstrebt der demokratische Sozialismus. Dieser wurde also
einerseits als internationale Friedensordnung, andererseits als
zukünftige demokratische und pluralistische Weltgesellschaft
ohne Elend, als Teilhabe aller Menschen an Wohlstand, Selbstbestimmung,
Bildung und sozialen Absicherungen verstanden. Dabei versuchte das
Programm den Begriff als bessere Alternative sowohl zum Marxismus
und undemokratischen Realsozialismus des Ostblocks als auch zu unsozialen
Tendenzen des westlichen Kapitalismus darzustellen, um so den Anspruch
der SPD als regierungsfähige linke Volkspartei zu untermauern.
Zugleich wurde die Parteilinke mit Hilfe dieses Leitbilds eingebunden.
Das Ziel einer Demokratisierung der Produktionsverhältnisse
und Produktionsmittel, das in den frühen SPD-Programmen zentralen
Rang hatte, fehlte.
Das 1989 maßgeblich
von Oskar Lafontaine verfasste, bis 2007 gültige Berliner Programm
der SPD nannte den demokratischen Sozialismus als eine unter mehreren
Traditionen der Parteigeschichte: Die
Sozialdemokratie führt die Tradition der demokratischen Volksbewegungen
des neunzehnten Jahrhunderts fort und will daher beides: Demokratie
und Sozialismus, Selbstbestimmung der Menschen in Politik und Arbeitswelt.
Das Scheitern
des Kommunismus der Zusammenbruch der Regimes des Ostblocks
19891991 habe die Sozialdemokraten darin bestätigt,
dass soziale Gerechtigkeit und individuelle Freiheit untrennbar
seien: Das
Ziel einer freien, gerechten und solidarischen Gesellschaftsordnung
ist für alle Zukunft nicht von der Garantie der Menschenrechte
als Voraussetzung politischer und sozialer Gleichheit zu trennen.
Die Entscheidung der demokratischen Sozialisten, auf der Grundlage
von Demokratie und Menschenrechten eine bessere Ordnung der Gesellschaft
zu verwirklichen, hat sich als der richtige Weg auch für die
Zukunft erwiesen.
Unter Bundeskanzler Gerhard
Schröder (1998 - 2005) verwendete die SPD-Führung
den Begriff kaum, weder für programmatische noch für praktische
Ziele. Dies hing mit der realpolitischen Abkehr vom Berliner Programm
seit dem Schröder-Blair-Papier (1999) und der Agenda
2010 zusammen. Im August 2003 vor dem 140. Jahrestag der SPD
schlug der damalige Generalsekretär Olaf Scholz vor, den Begriff
ganz aus dem künftigen SPD-Grundsatzprogramm zu streichen:
Es gibt keinen
Zustand mit diesem Namen, der auf unsere marktwirtschaftlich geprägte
Demokratie folgen wird. Deshalb sollten wir nicht solche Illusionen
erzeugen.
Das am 28. Oktober 2007
beschlossene Hamburger Programm hebt den Begriff als Tradition der
SPD und gesamtgesellschaftliche Zielvorstellung erneut hervor: Unsere
Geschichte ist geprägt von der Idee des demokratischen Sozialismus,
einer Gesellschaft der Freien und Gleichen, in der unsere Grundwerte
verwirklicht sind. Sie verlangt eine Ordnung von Wirtschaft, Staat
und Gesellschaft, in der die bürgerlichen, politischen, sozialen
und wirtschaftlichen Grundrechte für alle Menschen garantiert
sind, alle Menschen ein Leben ohne Ausbeutung, Unterdrückung
und Gewalt, also in sozialer und menschlicher Sicherheit führen
können. Das Ende des Staatssozialismus sowjetischer Prägung
hat die Idee des demokratischen Sozialismus nicht widerlegt, sondern
die Orientierung der Sozialdemokratie an Grundwerten eindrucksvoll
bestätigt. Der demokratische Sozialismus bleibt für uns
die Vision einer freien, gerechten und solidarischen Gesellschaft,
deren Verwirklichung für uns eine dauernde Aufgabe ist. Das
Prinzip unseres Handelns ist die soziale Demokratie.
Quellen:
- Godesberger Programm - Grundsatzprogramm der Sozialdemokratischen
Partei Deutschlands von 1959
- wikipedia.de
Autor dieser Webseite:
Uwe Schütz, 06.11.2019
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