zur AREF-Startseite

Hintergrund-Infos

Folterungen durch KFOR ?


Gerüchte über Folterfotos mit deutschen Soldaten

29.07.04: Bisher gerieten vor allem die USA wegen des Folter-Skandals im Bagdader Abu-Ghoreib-Gefängnis in Bedrängnis. Täglich tauchten neue grausame Bilder auf. Auch die britischen Truppen standen am Pranger - die Echtheit dieser Folter-Bilder wurde aber immer wieder bezweifelt. Und jetzt sind auch deutsche Soldaten im Auslandseinsatz in den Verdacht geraten, sich unmenschlich verhalten zu haben.

"Bild" hat die Folter-Fotos nicht

Die "Bild"-Zeitung hat den Stein ins Rollen gebracht. Sie berichtet von Fotos, die in Kreisen der KFOR-Truppe kursieren. Sie sollen angebliche Folterszenen deutscher Soldaten im Kosovo zeigen. Dem Blatt liegen die Bilder nicht vor und auch im Verteidigungsministerium hat sie noch niemand gesehen. Ein Stabsunteroffizier der Reserve soll sie aber einmal besessen haben. Die zwei Bilder hat er nach Infomationen der Zeitung "Die Welt" aber versehentlich von der Festplatte seines Computers gelöscht.

Informant bekam Hausverbot

Der Soldat war 1999 als Mitglied eines Fallschirmjägerbataillons in Prizren, hat die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" erfahren. Nach dem Attentat im Juli 2003 auf die Bundeswehr in Kabul habe der Ex-Soldat ein Schutzkonzept für Feldlager vorlegen wollen, sei aber vom damaligen Heeresinspekteur abgewiesen worden. Als er daraufhin gedroht habe: "Muss ich denn erst Amok laufen, damit etwas passiert?", sei der Militärische Abschirmdienst eingeschaltet und dem Mann Hausverbot erteilt worden.

Verteidigungsministerium hat eine Prüfung eingeleitet

Das Verteidigungsministerium prüft die Vorwürfe, obwohl sie als haltlos eingeschätzt werden. Weil es sich um ein sensibles Thema handele, werde besonders genau geprüft. Die zuständigen Kommandeure im Kosovo wurden dazu mehrfach befragt. "Bis jetzt können wir nicht davon ausgehen, dass es diese Szenen gab", sagte ein Ministeriumssprecher.

Heeresinspekteur: Behauptung ist erlogen

Auch der Heeresinspekteur Hans-Otto Budde nimmt die Truppe in Schutz. Behauptungen über Folter-Bilder hält er "schlichtweg für erlogen". "Ich glaube meinen Soldaten." Der stellvertretende Generalinspekteur Hans-Heinrich Dieter verwies darauf, dass die Bundeswehr ihre Soldaten auf der Grundlage von Grundgesetz und Menschenwürde ausbilde und gut auf Ausländseinsätze vorbereite. Deshalb habe die Truppe im Ausland Erfolg. "Sie kommen nicht als Besatzer, sondern als Gäste."

Struck bürgt mit seinem Amt für die Unschuld

Der Verteidigungsminister schätzt den Fall genauso ein. Peter Struck ist fest von der Unschuld der deutschen Soldaten im Kosovo überzeugt. Nachdem der US-Folter-Skandal bekannt wurde, hatte er mit seinem Amt dafür gebürgt, dass deutsche Soldaten niemanden foltern. Er sieht vor allem in der Wehrpflicht einen guten Schutz vor solchen Eskalationen.

Scharping verbot Folter und Misshandlungen

Zu Beginn des Kosovoeinsatzes hatten deutsche Soldaten für eine kurze Zeit ein Gefängnis bewacht, bevor die UN-Mission im Kosovo (UNMIK) startete. Inhaftiert waren dort "normale Straftäter". Für den Bundeswehreinsatz in der Krisenregion hatte der damalige Verteidigungsminister Rudolf Scharping (SPD) eine Weisung für die Behandlung mutmaßlicher Straftäter, die durch deutsche Soldaten in Gewahrsam genommen werden, erteilt. Darin heißt es unter anderem "Folter und Misshandlungen sind verboten".

Bundestag beschloss Verlängerung des Bundeswehreinsatzes

Die Bundeswehr ist seit 1999 im Kosovo. Anlässlich der erneuten Straßenschlachten in Mitrovica hat die Bundeswehr ihr Kontigent noch erhöht. Am Donnerstag., 27.06.04, hat der Deutsche Bundestag die Verlängerung des Bundeswehreinsatzes im Kosovo beschlossen. Von den insgesamt 17.500 KFOR-Soldaten sind derzeit 3.900 Deutsche. Die meisten von ihnen sind in Prizren im Südwesten stationiert. Im Herbst 2004 wird Deutschland von Frankreich die KFOR-Führung übernehmen.

29.07.2004

mehr zum Kosovo-Konflikt:
Kosovokrieg: Kämpften wir für eine gerechte Sache?
Geschichtliche Hintergründe