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Hintergrund-Infos

Der Kosovo-Konflikt

Flagge des Kosovo seit ihrer einseitigen Unabhängigkeitserklärung

1. Aus der Geschichte des Kosovo

2. Friedensverhandlungen von Rambouillet

3. Kosovo-Status nach UN-Resolution 1244

4. Friedenstruppe KFOR

5. Was waren die US-Interessen in dem Konflikt?

6. Proklamation der Republik Kosovo 2008

Quelle: wikipedia.de
Quelle: wikipedia.de

Was ist aus der Geschichte wichtig zu wissen?

Die Serben (orthodoxe Christen) betrachten den Kosovo als ihre Wiege und würden das Land nie freiwillig hergegeben. Jahrhundertelang haben sie dafür "ihren Kopf hingehalten" haben, damit die Türken nicht nach Europa in den Balkan eindringen konnten. Die letzte große Schlacht war die berühmte Schlacht auf dem Amselfeld (1389) im heutigen Kosovo. Die Serben unterlagen und das Land wurde von den Türken erobert.

Nach dem Sieg der Balkanallianz (Bulgarien, Griechenland, Montenegro und Serbien) über das Osmanische Reich im 1. Balkankrieg (1912–1913) wird der Kosovo wieder den Serben zugesprochen, obwohl das Land inzwischen durch Zuwanderung und größerem Bevölkerungswachstum von Albanern und Abwanderung von Serben mehrheitlich von Albanern bewohnt ist.

Innerhalb Jugoslawiens war der Kosovo die ärmste Region. Ursache dafür war – neben der allgemeinen Rückständigkeit der Region – auch die Wirtschafts- und Strukturpolitik der Ära Tito. Im Kosovo wurden viele Rohstoffe gewonnen, aber es wurde nur wenig verarbeitende Industrie angesiedelt. So wurde der Kosovo von den anderen jugoslawischen Republiken subventioniert.

Seit dem Tod des jugoslawischer Staatspräsidenten Josip Broz Tito (†4.5.1980) kam es im Kosovo immer öfter zu Unruhen. Die Albaner verlangten die Unabhängigkeit von Serbien (bzw. Jugoslawien). Demonstrationen und Terroranschläge von Seiten der Albaner beantworteten die Serben mit Brachialgewalt - insbesondere durch spezielle Milizen.

1986 beginnt die Regierung in Belgrad, die Selbstverwaltung der Albaner einzuschränken. Milosevic soll im Auftrag der jugoslawischen Regierung den Konflikt entschärfen. Aber das Gegenteil passiert, und der Traum von der multikulturellen Gesellschaft ist ausgeträumt.

Aus albanischen Terroristen werden - auch durch unsere westliche Unterstützung und Propaganda - "Freiheitskämpfer" (=UCK), und es kommt schließlich zum offenen Konflikt (Krieg) mit "ethnischen Säuberungen" auf beiden Seiten. Ein Ort ist fortan albanisch oder serbisch.

Friedensverhandlungen von Rambouillet

Straßenbild in Mitrovica (südlicher = albanischer Stadtteil), Kosovo, Dez. 2002 Foto: Uwe Schütz

Im Februar 1999 fand im französischen Schlösschen Rambouillet eine Konferenz zur Lösung des Kosovo-Konflikts statt. Die Vertragsbedingungen sind für die Milosevic-Unterhändler unakzeptabel. Die westlichen Spitzenpolitiker erklärten immer wieder, man habe sich größte Mühe gegeben, den Serben entgegenzukommen - doch die wollten einfach nicht.

Ihr Friedensvertragsentwurf sah vor: Auflösung der UCK, Kosovo bleibt Provinz der Bundesrepublik Jugoslawiens, politische Selbstbestimmung, Stationierung einer internationalen Friedenstruppe. Die albanischen UCK-ler unterschrieben den Vertrag, die Regierung in Belgrad lehnten ihn ab.

Der Inhalt des Dokuments wurde seiner Zeit nicht veröffentlicht. Der sozialdemokratische Bundestagsabgeordnete Hermann Scheer war entsetzt, als er den vollständigen Text des Vertragsentwurfs zu lesen bekam: "Das NATO-Personal soll sich mit seinen Fahrzeugen, Schiffen, Flugzeugen und seiner Ausrüstung innerhalb der gesamten Bundesrepublik Jugoslawien (heute: "Republik Serbien") einschließlich ihres Luftraumes und ihrer Territorialgewässer frei und ungehindert sowie ohne Zugangsbeschränkungen bewegen können", heißt es in Artikel 8. "Es ist unvorstellbar", so Scheer, "dass irgendeine Regierung so etwas unterschreiben könnte, es sei denn eine Regierung, die nach einer militärischen Niederlage eine Kapitulationsurkunde unterschrieb, wie das 1945 in Deutschland der Fall war."

Nach Ablauf von drei Jahren wäre durch eine Volksabstimmung auch die Unabhängigkeit des Kosovo ermöglicht worden. Heute kann man im Internet nachlesen, dass der Vertrag nicht nur - wie immer gemeldet - Friedenstruppen für den Kosovo vorsah, sondern ganz Rest-Jugoslawien unter NATO-Besatzung gestellt hätte.

Der Wortlaut lässt Zweifel an der Ernsthaftigkeit der Bemühungen um eine politische Lösung des Konflikts seitens der beiligten westlichen Staaten aufkommen. Der militärische Teil des Vertragsentwurfs entspricht einem Besatzungsstatut für ganz Jugoslawien (das sind die Landesteile Kosovo, Montenegro, Vojvodina und Serbien). Wer als Staatsoberhaupt so einen Vertrag unterschreibt, der darf mit Sicherheit des Verfassungsbruchs und Hochverrat angeklagt werden.

Am 24. März 1999, 4 Tage nach Abbruch der Verhandlungen, startet die NATO mit deutscher Beteiligung ihre angedrohten Luftangriffe. Die Fernsehansprache, die Bundeskanzler Gerhard Schröder am Abend hält, liest sich heute wie eine Glosse: "... Wir führen keinen Krieg, aber wir sind aufgerufen eine friedliche Lösung im Kosovo auch mit militärischen Mitteln durchzusetzen." Fernsehansprache und Chronik des NATO-Krieges

Regierungsvertreter dagegen sagen, die im Internet veröffentlichte Vertragsversion wäre eine veraltete Fassung und der militärische Annex wäre noch "verhandelbar" gewesen, doch habe Belgrad jegliche Diskussion über diesen Teil des Abkommens verweigert.

mehr bei uns über den Rambouillet-Vertrag

Der Kosovo-Status nach UN-Resolution 1244

Französischer Posten der KFOR (Kosovo-Force) im Jahr 2000 in Mitrovica, Kosovo Foto: Uwe Schütz

Die Kölner "G8-Erklärung", die in die UN-Resolution 1244 mündet, stellt die Provinz Kosovo unter UN-Verwaltung, sie bleibt aber völkerrechtlich Teil der Bundesrepublik Jugoslawien, heute Serbien-Montenegro (SCG). Die Resolution 1244 des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen, die am 10. 06.1999 verabschiedet wurde, enthält im wesentlichen drei Festlegungen:

  • Sicherheit: Abzug der jugoslawischen Armee, paramilitärischer Truppen und Polizei. Gleichzeitig Auflösung und Entwaffnung der "albanischen Befreiungsarmee, UCK". Einrücken einer internationalen Friedenstruppe unter Führung der NATO und einer internationalen zivilen Polizeitruppe.

  • Zivilverwaltung: Einsetzung eines Sonderbeauftragten des VN-Generalsekretärs mit dem Auftrag, mit Hilfe einer internationalen Zivilverwaltung (UNMIK) eine lokale Übergangsverwaltung mit substantieller Autonomie zur Wiederherstellung normaler Lebensverhältnisse zu schaffen.

  • Status: Zwar wird durch die Resolution 1244 die Verwaltungshoheit in dem Gebiet Kosovo an die UNMIK übertragen, aber die territoriale Integrität der Bundesrepublik Jugoslawien (mit Verfassungsänderung im Febr. 2003 wurde der Staatsname in "Serbien und Montenegro" geändert) nicht berührt. Dennoch erteilt 1244 dem Sonderbeauftragten den Auftrag (Ziff. 11 (e)), einen politischen Prozess vorzubereiten, mit dem Ziel, den zukünftigen Status Kosovos unter Berücksichtigung der Vereinbarungen von Rambouillet zu bestimmen.
  • Quelle: Auswärtiges Amt

Friedenstruppe KFOR

Am 11.06.1999 beginnt die Stationierung der KFOR-Truppen im Kosovo. 19 NATO-Staaten und 11 Mitglieder des NATO-Partnerschaftsprogramms stellen hierfür zunächst knapp 50.000 Mann bereit. Deutschland beteiligt sich mit bis zu 8.500 Soldaten an der KFOR. Nach dem Einrücken der KFOR-Truppen beginnt unter chaotischen Zuständen die Massenrückkehr der Flüchtlinge aus Nordalbanien und Mazedonien in den Kosovo.

Anlässlich erneuter Straßenschlachten im April 2004 in Mitrovica / Kosovo hat die Bundeswehr ihr Kontigent wieder erhöht. Am Donnerstag., 27.06.2004, hat der Deutsche Bundestag die Verlängerung des Bundeswehreinsatzes im Kosovo beschlossen. Von den insgesamt 17.500 KFOR-Soldaten sind derzeit 3.900 Deutsche. Die meisten von ihnen sind in Prizren im Südwesten stationiert. Im Herbst 2004 übernimmt Deutschland von Frankreich die KFOR-Führung. mehr bei uns über Bundeswehr im Kosovo

Was waren die US-Interessen in dem Konflikt?

Heute konnte man es in einer großen deutschen Tageszeitung (DIE WELT) lesen, dass die USA die kosovo-albanische Untergrundarmee (UCK) unterstützt hat, um das System "Milosevic" zu destabilisieren - wie so oft in der Geschichte.

Milliarden von Dollars flossen über den CIA nach Afghanistan zu Bin Laden & Co, um die bösen Kommunisten (Russland / UdSSR) zu vertreiben. Die USA sorgte für eine starke irakische Armee im Krieg gegen den Iran. mehr bei uns: Stationen des Krieges der USA gegen den Irak 2003

Wenn das Ziel erreicht ist, wechselt man die Seite und erklärt die "Handlanger" zu den Bösen. So fühlen sich viele junge Kosovo-Albaner, die für die "Freiheit" gekämpft haben, heute von den USA getäuscht und missbraucht.

2008: Proklamation der Republik Kosovo

Flagge des Kosovo
Flagge des Kosovo Quelle: wikipedia.de

Am 17. Februar 2008 erklärte das Parlament in Priština mit der Proklamierung der Republik Kosovo die Unabhängigkeit des Territoriums von Serbien. International ist die Unabhängigkeit umstritten. 48 der 192 UN-Mitgliedsstaaten (Stand Oktober 2008) - darunter auch Deutschland - erkennen den Kosovo bisher als unabhängigen Staat an, manche Staaten lehnen die Anerkennung entschieden ab. Die Mehrheit der Staaten verhalten sich abwartend. Serbien betrachtet den Kosovo weiterhin als seine autonome Provinz.

Auf einer internationalen Geberkonferenz in Brüssel im Juli 2008 sagten die beteiligten Länder bzw. Organisationen dem Kosovo Hilfen von insgesamt 1,2 Mrd. Euro bis 2011 zu. Davon kommen 100 Mio. Euro aus Deutschland. An die Vergabe der Mittel wurde Bedingungen zu deren Verwendung geknüpft, zum Beispiel für die serbische Minderheit.

Nach dem Kosovo-Krieg waren bereits rund 2 Milliarden Euro Hilfsgelder für den Wiederaufbau zur Verfügung gestellt worden (für 50.000 Häuser, 1.400 Kilometer Straßen sowie Krankenhäuser und Schulen).

 

Hashim Thaci, Mitgründer der UCK und 1.Premierminister des Kosovo
Hashim Thaçi, Mitgründer der UCK und 1.Premierminister des Kosovo
Quelle: wikipedia.de Rechte: public domain

Der Kosovo wird weiterhin von der UNMIK kontrolliert. Präsident des Kosovo ist Fatmir Sejdiu und Regierungschef ist Premierminister Hashim Thaçi.

Wer ist Hashim Thaçi?

Der heutige Premierminister und Vorsitzender der Vorsitzender der Demokratischen Partei des Kosovos (albansisch: Partia Demokratike e Kosovës) Hashim Thaçi war Mitbegründer und Führer der Guerilla-Truppe UÇK und erwarb sich in dieser Zeit den Beinamen „die Schlange“.

Ca. 1993 setzte er sich in die Schweiz ab. Von dort organisierte er (als "Student") den Waffenschmuggel ins Kosovo sowie Finanzierung und Ausbildung der UÇK. Wegen Überfällen auf jugoslawische Polizeieinheiten und Kasernen in den Jahren 1993 bis 1996 verurteilte ihn ein Bezirksgericht in Priština/Prishtinë 1997 wegen terroristischer Anschläge zu zehn Jahren Gefängnis.

1999 gehörte er bei den Verhandlungen von Rambouillet zur Kosovo-albanischen Delegation.

Über Hashim Thaci, den sie in der UCK "Schlange" nannten, heißt es einem Bericht des Bundesnachrichtendiensts aus dem Jahr 2005, er kontrolliere "ein im gesamten Kosovo aktives kriminelles Netzwerk". In einem Rapport des Europarats aus dem Jahr 2011 wiederum werden führende UCK-Mitglieder, allen voran Thaci, schwerster Kriegsverbrechen beschuldigt. Von Mord, Folter und Organhandel ist die Rede. (Quelle: spiegel-online)

Nachtrag Juni 2020: Das Sondertribunal in Den Haag klagt Hashim Thaci, den Präsidenten des Kosovo, an. Die vorläufige Anklage wirft dem früheren politischen Sprecher der Guerillaorganisation UCK und mehreren Mitstreitern Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen vor, in Zahlen: "beinahe hundert Morde" an Kosovo-Albanern, Serben, Roma und Mitgliedern anderer Volksgruppen. Eine letztgültige Entscheidung des Haftrichters steht aus. (Quelle: spiegel-online)

Uwe Schütz

Erstellt 2009, letzte Änderung: 2020

06.02.1999 : Beginn der Friedensverhandlungen von Rambouillet
24.03.1999 : Beginn des Nato-Kriegs gegen Jugoslawien
11.04.1999 : Radio-AREF-Interview zum Jugoslawienkrieg der NATO
12.06.1999 : Friedenstruppe KFOR rückt in Kosovo ein
2000 : AREF-Kalenderblatt "Nie wieder Krieg"
2001 : AREF-Kalenderblatt "Es begann mit einer Lüge"
2000 : Radio-AREF-Reportage aus Mitrovica / Kosovo
2004 : Gerüchte über Folterfotos mit Bundeswehrsoldaten
2009 : Klage vor dem Bundesverfassungsgericht zum Bundeswehreinsatz im Kosovo ohne Erfolg