zur AREF-Startseite

Hintergrund-Infos

Martin Luther King jr. 1964 in Ost-Berlin

Martin Luther King 1964 in Berlin

Ein Jahr nach seiner berühmten Rede "I have a dream" in Washington D.C. besuchte der Baptistenpastor und Bürgerrechtler Martin Luther King auf Einladung des Regierenden Bürgermeisters Willy Brandt und der Ev. Kirche vom 12. - 13.09.1964 Berlin. Der Politikwissenschaftler und Professor für Zeitgeschichte Dr. Stefan Appelius hat die Geschichte zu ihrem 45. Jahrestag recherchiert

In der Nacht Schießerei an der Berliner Mauer

13.09.1964: Martin Luther King jr. (35) besucht die Stelle der Berliner Mauer, wo man Morgen einen schwer verletzten DDR-Flüchtlling über die Mauer gezogen hat
13.09.1964: Martin Luther King jr. (35) besucht die Stelle der Berliner Mauer, wo man am Morgen einen schwer verletzten DDR-Flüchtlling über die Mauer gezogen hat
Foto: Landesarchiv Berlin

Kurz nach Sonnenaufgang des 13.09.1964 liefern sich DDR-Grenzer mit West-Berliner Schupos und amerikanischer Militärpolizei in der Nähe der Grenzübergangsstelle Heinrich-Heine-Straße (Stadtteil Kreuzberg) minutenlang ein Feuergefecht mit automatischen Waffen.

Während Volksarmisten die Laufgräben im Todesstreifen besetzen und sich zwei ostdeutsche Schützenpanzerwagen bedrohlich in Position bringen, gelingt es einem Sergeant der US-Armee, den von fünf Kugeln schwer verletzten 21-jährigen DDR-Flüchtling Michael Meyer aus Fredersdorf mit einem Seil über die Mauer in den Westen zu ziehen, berichtet Dr. Stefan Appelius 2009 im SPIEGEL

Als Martin Luther King von dem Zwischenfall erfährt, lässt er sich sofort nach Kreuzberg fahren. "Das ist unfassbar", entfährt ihm, als er die Einschusslöcher in einer West-Berliner Hauswand in Augenschein nimmt. King besichtigt auch eine Wohnung, in der Kugelsalven einen Teil der Einrichtung zerstört haben. Der Vorfall zeige, wie wichtig die internationale Entspannung sei, erklärt King gegenüber Reportern.

Obwohl das US-State-Department nach diesem "Zwischenfall" an der Berliner Mauer seinen Pass abgenommen hat, damit Martin Luther King nicht wie geplant in den Osten der geteilten Stadt reist, gelingt der Besuch auf abenteuerliche Weise doch.

13.09.1964: Martin Luther King am Abend mit Übersetzer auf der Kanzel der völlig überfüllten Sophienkirche in Ostberlin.
13.09.1964: Martin Luther King am Abend mit Übersetzer auf der Kanzel der völlig überfüllten Sophienkirche in Ostberlin. Foto: Siegfried Krüger

"Let my people go!"

Am Abend des 13. September 1964 predigt Martin Luther King jr. zunächst in der völlig überfüllten Marienkirche und dann, weil viele Leute vor der Tür standen, in dem spontan organisierten Gottesdienst in der Sophienkirche.

In beiden Ostberliner Kirchen singt ein Chor den Gospel "Go down Moses" und die Gemeinde antwortet mit dem Gospel „Let my people go.“ und der der afroamerikanische Menschenrechtler und Baptistenpastor mahnte in seiner Predigt: „Auf beiden Seiten der Mauer leben Gottes Kinder, und keine durch Menschenhand gemachte Grenze kann diese Tatsache auslöschen.“

13.09.1964: Nach zwei Predigten in völlig überfüllten Kirchen in Ost-Berlin wird Martin Luther King im Hospiz am Bahnhof Friedrichstraße bewirtet. Rechts im BIld Generalsuperintendent Gerhard Schmitt (stehend), Patenonkel von Bundespräsident Joachim Gauck.
Foto: Siegfried Krüger

 

Martin Luther King mit Berliner Studenten  1964 in Berlin
Martin Luther King (35) im Gespräch mit einem Berliner Studenten Foto: Siegfried Krüger

Nach zwei Predigten in völlig überfüllten Kirchen gibt es im Evangelischen Hospiz am Bahnhof Friedrichstraße im kleinen Kreis ein Treffen mit Ostberliner Kirchenleuten. Erst kurz vor Mitternacht steigt M. L. King wieder in die Limousine, um durch die Friedrichstraße über den Checkpoint Charlie zurück ins noble Gästehaus des Berliner Senats am kleinen Wannsee zu gelangen.

Es bleibt sein einziger Besuch hinter dem Eisernen Vorhang. Einen Monat später, Mitte Oktober 1964, wird in Oslo verkündet, dass Dr. Martin Luther King jr. den Friedensnobelpreis erhält.

Dr. Martin Luther King Besuch in Berlin, Gedenktafel
Gedenktafel am Gebäude des ehemaligen "Hospiz am Bahnhof Friedrichstraße", dem heutigen Hotel Albrechtshof in Berlin Mitte erinnert an den Berlin-Besuch von Dr. Martin Luther King jr. 1964

 

Gedenktafel - erst seit 2010

Erst seit 2010 erinnert eine Gedenktafel am Gebäude des ehemalige "Hospiz am Bahnhof Friedrichstraße" an den Berlin-Besuch von Dr. Martin Luther King jr. Er sprach dort mit Vertretern der Evangelischen Kirche von Berlin-Brandenburg und des Bundes der Baptisten über Probleme des kirchlichen Lebens in der geteilten Stadt.

 

 

mehr über den Marsch nach Washington
28. August 1963, zum 100. Jahrestag der Emanzipationserklärung, hält Martin Luther King vor über 200.000 Menschen seine berühmteste Rede vor dem Lincoln Memorial

 

 

mehr bei uns
über Martin Luther King:

Martin Luther King Lebenslauf
Stationen seiner Lebens:
Martin Luther King jr. wird 1929 in Atlanta geboren
1963 : Der berühmte Marsch nach Washington
1963 : Der berühmte Marsch nach Washington
Martin Luther King 1964 in Berlin
1968: Attentat auf Martin Luther King

Autor dieser Webseite: Uwe Schütz