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Ehegattensplitting vor dem Aus?
Familienpolitiker des Bundes wollen Ehegatten-Splitting abschaffen
15.06.2006: Soviel Einigkeit ist selten: Quer durch die Bundestagsfraktionen rufen Familienpolitiker nach der Abschaffung des Ehegatten-Splittings. Die Regelung benachteilige berufstätige Frauen, heißt es. Außerdem könnten durch eine Reform mehrere Milliarden Euro eingespart werden.
Familienpolitische Sprecherin der SPD: "Doppelte Benachteiligung"
Das Ehegattensplitting stehe für eine doppelte Benachteiligung, sagte die familienpolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion, Christel Humme, der "Leipziger Volkszeitung". "Durch die Bevorzugung der Alleinverdiener-Ehe wird gefördert, dass die Frauen zu Hause bleiben. Durch die weitere Begünstigung großer Einkommensunterschiede wird Frauen signalisiert, es lohnt sich gar nicht, zu arbeiten", sagte sie.
CDU-Abgeordnete ergreifen Initiative
Die SPD-Politikerin bezog sich damit auf eine Initiative der beiden CDU-Bundestagsabgeordneten Ole Schröder und Michael Kretschmer, die das bisherige Splitting als nicht mehr zeitgemäß kritisiert hatten. Humme sprach sich für eine gleichwertige Individualbesteuerung von Männern und Frauen aus mit einer Ergänzung durch das Elterngeld und forderte eine Reform noch in dieser Legislaturperiode.
22 Milliarden Euro weniger Steuern
Union und SPD sollten dazu eine Initiative starten, sagte Hummel. Ein Einstieg wäre eine Begrenzung des bisherigen Ehegatten-Splittings auf die Höhe der jeweiligen Unterhaltszahlung im Scheidungsfall, der Rest des Einkommens sollte dann ganz normal besteuert werden. Der nette Nebeneffekt: "Eine solche Kappung würde rund 2,5 Milliarden Euro jährlich bringen", erklärte Humme. "Dieses Geld könnte man sinnvoller in eine kinderfreundliche Infrastruktur investieren." Laut einer Studie des DIW entgehen dem Fiskus durch das bisherige Splitting jährlich rund 22 Milliarden Euro. 43 Prozent davon kommen Kinderlosen zugute.
FDP: Weg vom "überholten" Familienbild
Auch in der Opposition hält man viel von dem Vorstoß der Koalitionspolitiker: So erklärte die familienpolitische Sprecherin der FDP-Bundestagsfraktion, Ina Lenke: "Gefördert wird noch heute das Modell der fünfziger Jahre, als der Mann arbeitete und die Frau zu Hause blieb und die Kinder erzog", sagte sie der Zeitung. Die Steuerpolitik müsse "weg von diesem überholten Familienbild". Entlastet werden sollten diejenigen, die Kinder haben. Notwendig sei aber ein "abgemilderter zeitlicher Übergang" bei der Abschaffung der bisherigen Regelung. Das Steuermodell der FDP begrenze die Wirkung des Ehegatten-Splittings.
Grüne: "Antiquierte steuerliche Begünstigung"
Ebenso begrüßte die finanzpolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion, Christine Scheel, dass auch die Union die "antiquierte steuerliche Begünstigung der Alleinverdiener-Ehen" in Frage stelle. Jedes Kind müsse dem Staat gleich viel Wert sein. Das könne über Kindergeld, steuerliche Kinderfreibeträge und eine Individualbesteuerung mit einem übertragbarem Höchstbetrag von 10.000 Euro geregelt werden.
PDS: Kinder direkt fördern
Auch die stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Linkspartei. PDS im Bundestag, Barbara Höll, verlangte eine schnelle Abschaffung des bisherigen Ehegatten-Splittings. Kinder sollten direkt gefördert werden, erklärte sie.
Nur CSU will Ehegatten-Splitting beibehalten
Der Vorstoß sächsischer CDU-Abgeordneter zur Umwandlung des Ehegattensplittings in ein Familiensplitting sorgt in der Union für Krach.
Der familienpolitische Sprecher der Unions-Bundestagsfraktion, Johannes Singhammer (CSU), verteidigte dagegen das Splitting als zeitgemäß. Im Fall einer Abschaffung der bisherigen Regelung wären vor allem die Frauen benachteiligt, die ihre Kinder aufgezogen und dafür auf ein eigenes Einkommen verzichtet hätten und nun im Alter - wenn die Kinder aus dem Haus seien - nicht mehr die Vorteile des Ehegatten-Splittings in Anspruch nehmen könnten. Im Übrigen sei die besondere Bevorzugung traditioneller Lebensgemeinschaften ein Privileg, das das Grundgesetz für Ehe und Familien reserviert habe.
Auch Bayerns Familienministerin Christa Stewens (CSU) lehnte die Abschaffung des Ehegattensplittings am Mittwoch ab. Stewens sagte:
Wir brauchen keine Diskussion über die Abschaffung des Ehegattensplittings. Was wir aber brauchen, sind mehr familienpolitische Impulse, die den Mut und den Optimismus für Kinder verstärken. Vom Ehegattensplitting profitierten vor allem Familien mit Kindern oder Frauen, die zugunsten der Kinderbetreuung auf die Erwerbstätigkeit verzichten und damit auf entsprechende Alterseinkünfte. Diese Frauen dürfen nicht zusätzlich belastet werden. An dieser guten und bewährten Regelung sollte nicht gerüttelt werden
Ehegattensplitting fördert, dass ein Elternteil zu Hause bleibt
Die Förderung von Familien durch das steuerliche Ehegattensplitting ist seit vielen Jahren umstritten. Kritisiert wird vor allem, dass die 1958 eingeführte Regelung nicht mehr zeitgemäß sei, weil sie die Einverdiener-Ehe bevorzuge und andere Formen der Lebensgemeinschaften überhaupt nicht berücksichtige.
Den rechtlichen Rahmen liefert Artikel 6, Absatz 1 des Grundgesetzes, der den besonderen Schutz von Ehe und Familie proklamiert. Eheleuten dürfen aus ihrer Ehe keine wirtschaftlichen Nachteile entstehen. Dabei profitieren Ehepartner vom Splitting unabhängig davon, ob sie Kinder haben oder nicht.
Beim Splitting (Aufteilen) addiert der Fiskus die zu versteuernden Einkommen der Eheleute und halbiert dann den Gesamtbetrag. Die von den Hälften berechnete Einkommensteuer wird anschließend verdoppelt. Am größten ist der Steuervorteil, wenn ein Partner viel und der andere gar nichts verdient. Die Regelung begünstigt vor allem besser verdienende Paare, bei denen die Frau zu Hause bleibt.
Den Urteilen des Bundesverfassungsgerichts zufolge stellt das Ehegattensplitting aber keinen Steuervorteil dar. Vielmehr werde der Nachteil beseitigt, der entstünde, wenn die Einkommensverteilung von Ehepaar zu Ehepaar unterschiedlich wäre. Somit unterliegen alle Ehepaare mit gleichem Gesamteinkommen der gleichen Besteuerung.
Quellen: onnachrichten und focus.de
Autor: Uwe Schütz, 15.06.2006
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