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LHC / Cern

"Urknallmaschine" gestartet

In Genf ist mit dem LHC der größte Teilchenbeschleuniger der Welt gestartet worden

Der Large Haron Collider (LHC): Magneten halten den Protenenstrom auf der Kreisbahn. Die Betriebstemperatur liegt bei minus 271 Grad Celsius, also 2 Grad über dem absoluten Nullpunkt © CERN

10.09.08: Im europäischen Labor für Teilchenphysik Cern ist am heutigen Vormittag mit dem Large Haron Collider (LHC) der größte Teilchenbeschleuniger der Welt in Betrieb genommen worden. Wissenschaftler versprechen sich von dem Milliarden-Projekt Erkenntnisse über den Aufbau und die Entstehung der Materie sowie über das Universum kurz nach dem Urknall. Ein Ziel ist der Nachweis des Higgs-Bosons, auch Gottesteilchen genannt.

Tausende Techniker und Forscher arbeiten seit Jahren am Projekt LHC, mehr als zwei Milliarden Euro hat der Bau des 27 Kilometer langen Ringtunnels gekostet, durch den Protonen mit 99,9999991 Prozent der Lichtgeschwindigkeit rasen sollen. Pro Sekunde drehen sie mehr als 11.000 Runden. Erwartet werden fundamentale Erkenntnisse zum Urknall, zur Dunklen Energie und zur von Higgs theoretisch beantworteten Frage, woher Materie eigentlich ihre Masse hat.

Projektleiter Lyn Evans, der um 9:33 Uhr den ersten Protonenstrahl auf die Reise schickte, erwartet von dem "aufwändigsten Experiment der Menschheitsgeschichte" nicht weniger als eine Revolution der Physik. "Wir können nun eine neue Ära im Verständnis des Beginns und der Entwicklung des Universums erwarten." Kollege Nigel Lockyer nahm gleich den Vergleich mit der Monderkundung auf: "Man könnte sagen: Das ist ein kleiner Schritt für ein Proton, aber ein großer Sprung für die Menschheit."

Planung des Projekts begann bereits 1984

Der LHC, die größte und teuerste wissenschaftliche Apparatur der Menschheitsgeschichte, befindet sich zwischen 50 und 175 Meter unter der Erdoberfläche. Ihr unterirdischer Ring ist 27 Kilometer lang. Darin sollen Protonen bis auf 99,9999991 Prozent der Lichtgeschwindigkeit beschleunigt werden. Pro Sekunde legen sie dann mehr als 11.000 Runden zurück. Von den Kollisionen der Teilchen erhoffen sich die Wissenschaftler grundlegende Erkenntnisse, welche der vielen Erklärungsmodelle und Theorien, was die Welt im Innersten zusammenhält, sich als richtig erweisen. © CERN

Die Planung des Projekts, an dem heute über 2700 Cern-Wissenschaftler aus 36 Ländern beteiligt sind, begann im Jahr 1984. Hintergrund ist das Geheimnis der Gravitation: Während die Wissenschaft fast alle Eigenschaften der Materie durch Berechnungen erklären konnte, hat sie bislang keine Antwort auf die Frage, warum Materie Masse besitzt. Der Physiker Peter Higgs stellte vor mehr als 40 Jahren eine Theorie auf, die diese Frage beantworten könnte. Ihm zu folge handelt es sich um die, nach ihm benannten Higgs-Teilchen, die in der Art eines Pingpong-Balls zwischen je zwei Teilchen hin und her geworfen werden. Dadurch so vermutete Higgs entstehe Anziehungskraft – die Gravitation.

Die Existenz dieser Higgs-Teilchen soll in Genf bewiesen werden. Dazu werden Protonen in dem ringförmigen 27 Kilometer langen und sich 50 bis 175 Meter tief unter der Erde befindenden Tunnel mit großer Wucht aufeinander geschossen. Pro Sekunde soll es bis zu 600 Millionen Kollisionen kommen, bei denen Energiedichten entstehen, die zuletzt beim Urknall entstanden. In einem Energieblitz zerstrahlen die Protonen zunächst und formen sich dann zu neuer Materie. Diese Bruchstücke sollen von zwei riesigen Detektoren, so groß wie Kathedralen, registriert und auf ihre Eigenschaften hin vermessen werden. Dadurch lässt sich nachweisen, ob ein Higgs-Teilchen produziert wurde.

Die Energien, die im Teilchenbeschleuniger erzeugt werden, müssten ausreichen, um diese zu erkennen. Entstehen jedoch keine Higgs-Teilchen, so wäre die aufgestellte Theorie falsch und es wäre ein neues Konzept für die Erklärung der Welt nötig.

LHC-Skeptiker befürchten die Entstehung von schwarzen Löchern

 
Riesiger Aufwand für kleinste Teilchen: Dutzende Detektoren, auf dem Foto als braune schmale Kästen zu erkennen, sollen Produkte der Kollision identifizieren. © CERN
 

Das Projekt bringt auch Skeptiker hervor. Der US-Physiker Walter Wagner klagte vergeblich gegen das Experiment. Er befürchtet, in Folge der unzähligen Teilchenkollisionen könnten schwarze Löcher entstehen, die erst Genf und dann die ganze Welt verschluckten. Einwände, die man in Genf bemüht ist zu entkräften. Eine erneute Prüfung einer Sicherheitsstudie aus dem Jahr 2003 habe ergeben, dass schwarze Löcher entstehen können, jedoch gehe von ihnen keine Gefährdung aus, da sie sehr klein wären und nur kurzzeitig bestehen würden, heißt es von Insitutsseite.

Die Jagd nach dem "Gottesteilchen" soll im Oktober beginnen

Die offizielle Inbetriebnahme des LHC findet am 21.Oktober 2008 statt. Bis dahin wird die Geschwindigkeit der sich im LHC befindenden Protonen langsam erhöht, um die Anlage zu prüfen. Dann beginnt die Suche nach dem Higgs-Teilchen, dass auch "Gottesteilchen" genannt wird.

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