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Ohne staatliche Hilfen wäre jeder Vierte arm

Armutsbericht der Bundesregierung: Jeder Achte gilt als arm

Armut
Foto: Uwe Schütz

19.05.: Jeder Achte in Deutschland lebt nach dem dritten Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung in Armut. Jeder Vierte wäre arm, wenn er nicht staatliche Hilfen bekäme, heißt es im Entwurf des neuen Berichts, dessen Eckdaten Bundesarbeits- und sozialminister Olaf Scholz (SPD) am Montag in Berlin vorstellte. Nach Ansicht von Scholz zeigt der Bericht, dass die sozialstaatlichen Hilfen wirken, weil sie höhere Armutsquoten verhindern.

Wer gilt als arm?

Als arm gilt Scholz zufolge, wer als Alleinstehender weniger als 60 Prozent des mittleren Einkommens verdient, umgerechnet weniger als 781 Euro netto. Reich ist, wer allein mehr als 3.418 Euro netto zur Verfügung hat. Einkommenszuwächse gab es dem Papier zufolge nur für die beiden oberen Zehntel der Arbeitnehmer. In der Mitte stagnierten die Einkommen, in den fünf unteren Zehnteln gingen sie zurück. Im Durchschnitt sanken die Bruttolöhne und -gehälter zwischen 2002 und 2005 um 4,7 Prozent.

Das Armutsrisiko unter den Erwerbstätigen steigt

«Mit Sorge» sieht die Bundesregierung die Zunahme von Niedriglöhnen selbst bei Vollzeiterwerbstätigkeit. Dadurch steige das Armutsrisiko unter den Erwerbstätigen. Zahlen nannte Scholz nicht. Dem Berichtsentwurf zufolge wächst die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung seit 2006 wieder, sie liegt jedoch immer noch unter dem Niveau von 1998.

Der beste Schutz gegen Kinderarmut ist dem Bericht zufolge dennoch die Berufstätigkeit der Eltern. Sind beide Eltern erwerbslos, liegt die Armutsquote bei 48 Prozent. Arbeitet ein Elternteil in Vollzeit, sinkt sie auf acht Prozent, arbeiten beide Elternteile, beträgt sie vier Prozent.

Den Zahlen zufolge blieb die Armutsquote gegenüber dem zweiten Armutsbericht der Bundesregierung mit 13 Prozent stabil, sie sank sogar leicht. Anderen Berechnungen zufolge ist die Quote kräftig gestiegen, von rund 15 Prozent im Jahr 2003 auf rund 18 Prozent im Jahr 2006. Die Unterschiede ergeben sich aus unterschiedlichen Datengrundlagen. Die Bundesregierung bezieht sich auf die amtliche Erhebung «Leben in Europa», mit Daten bis 2005, die 2006 veröffentlicht wurden. Berechnungen auf der Basis des Sozioökononischen Panels, einer repräsentativen Langzeiterhebung für Deutschland, führen zu höheren Armutsquoten.

Caritas: Die Menschen hinter den Zahlen wahrzunehmen

Der Präsident des Deutschen Caritasverbandes, Peter Neher, forderte, die Menschen hinter den Zahlen wahrzunehmen. In die Suppenküchen und Lebensmittelausgaben, die früher vor allem für Obdachlose da gewesen seien, kämen zunehmend ganze Familien. Neher forderte eine Erhöhung der Hartz-IV-Regelsätze und eigene, angemessene Sätze für Kinder. Wer vom eigenen Einkommen nicht leben könne, müsse durch Lohn-Zuschüsse und eine Senkung seiner Sozialabgaben unterstützt werden.

CSU: Armutszeugnis für der rot-grünen Bundesregierung

Der CSU-Bundestagsabgeordnete und Sozialpolitiker Max Straubinger wertete den dritten Armutsbericht als Armutszeugnis für rot-grüne Politik, da der Bericht die Auswirkungen der jahrelangen wirtschaftlichen Stagnation bis zum Jahr 2005 schildere. Der
familienpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Johannes Singhammer (CSU) folgerte aus dem Bericht, dass die in der Koalition umstrittene Kindergelderhöhung 2009 kommen und vor allem Mehrkindfamilien helfen müsse.

Oskar Lafontaine: "Schande für Deutschland"

Der Vorsitzende der Linksfraktion, Oskar Lafontaine, erklärte, die weit auseinanderklaffende Schere zwischen Arm und Reich sei eine Schande für Deutschland. Dass jeder Achte arm sei und jeder Vierte von Armut bedroht, sei mit dem Grundgesetz nicht vereinbar. Die Bundesarbeitsgemeinschaft der Erwerbslosen- und Sozialhilfeinitiativen forderte eine Anhebung der Hartz-IV-Regelsätze auf 500 Euro für einen Erwachsenen.

Quelle: jesus.de-Newsletter vom 19.05.2008 / epd

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