Amerika auf dem Weg ins Gelobte Land?
Vorbereitungen für die Amtseinführung von Barack Obama
angelaufen
15.01.2009: Entlang der
Pennsylvania Avenue in Washington warten neu errichtete Zuschauertribünen
auf den großen Tag der Inauguration - beheizte für die
Prominenz, winterlich kalte für das Normalvolk. Beim Festumzug
zur Amtseinführung des Präsidenten am 20. Januar marschieren
vor diesen Tribünen die Musikkapellen, und dann beziehen die
Obamas das teilweise von versklavten Afrikanern erbaute Weiße
Haus. Millionen werden in der US-Hauptstadt erwartet als Augenzeugen
des Beginns einer neuen Epoche. Zwei Monate nach Barack
Obamas Wahlsieg gewöhnt man sich allmählich an die
Wortkombination: der erste schwarze Präsident der USA.
Besonders für ältere
Afro-Amerikaner, die nackten Rassismus und harte Diskriminierung
am eigenen Leib erlebt haben, sei die Wahl eines Schwarzen zum Präsidenten
ein «magischer Augenblick der Transformation», schrieb
Henry Louis Gates (58), afro-amerikanischer Literaturkritiker und
Professor an der Harvard Universität. Obamas Erfolg sei die
«symbolische Kulmination des schwarzen Freiheitskampfes»,
knapp 400 Jahre, nachdem die ersten Afrikaner als Sklaven in die
Neue Welt verschleppt wurden.
Jesse Jackson, Weggefährte von Martin Luther King, weinte
bei der Siegesrede
Bei Obamas Siegesansprache
weinte Bürgerrechtler Jesse Jackson, Anfang der sechziger Jahre
ein Mitstreiter von Dr. Martin Luther King. Der Baptistenpastor
und Friedensnobelpreisträger King wäre am 15. Januar 80
Jahre alt geworden. Der kleine Barack war zwei, als King im
August 1963 seine «I
have a Dream»-Rede hielt. Er sprach von seinem Traum,
dass eines Tages «die Söhne früherer Sklaven und
die Söhne früherer Sklavenhalter miteinander am Tisch
der Brüderlichkeit sitzen» und «meine vier kleinen
Kinder in einer Nation leben werden, in der man sie nicht nach ihrer
Hautfarbe beurteilt, sondern nach ihrem Charakter.»
Obama sagt oft, dass er «auf den Schultern» Martin
Luther Kings stehe
Obama sagt oft, dass
er «auf den Schultern» von schwarzen Aktivisten wie
King stehe, die in der Bürgerrechtsbewegung große Opfer
gebracht hätten. Sie seien sie die «Moses Generation»
gewesen. Der biblische Moses hat die Israeliten aus der ägyptischen
Gefangenschaft geführt, aber selber das «Gelobte Land»
nicht mehr erreicht. King wurde am 4. April 1968 ermordet.
Harry Belafonte erinnert sich an die letzte Rede von Martin Luther
King
Kings
Freund, der Entertainer Harry Belafonte, erinnert sich an dessen
aufwühlende Rede spät Abends am 3. April in Memphis, als
der 39-jährige Pastor auch vom «Gelobten Land»
predigte, dem Land, das Gott dem Volk der Israeliten versprochen
hatte und in dem Milch und Honig fließen sollten: «Ich
bin auf dem Berggipfel gewesen, und habe das Gelobte Land gesehen,»
verkündete King. Er habe Tränen in den Augen gehabt, berichten
Anwesende. «Vielleicht komme ich nicht mit euch dorthin. Aber
ihr sollt heute Abend wissen, dass wir, als ein Volk, in das Gelobte
Land gelangen werden.» Und leiser sagte er: «Wie jeder
andere würde ich gerne lange leben... Aber darüber mache
ich mir jetzt keine Sorgen.» Denn: «Meine Augen haben
die Pracht des Kommen unseres Herrn gesehen.» (Am
Tag darauf, am 04.04.1968 wurde Martin Luther King erschossen)
Seit Obamas Wahlsieg
wisse man, dass King «prophetisch» gesprochen habe,
sagte Belafonte in einem Fernsehinterview. Ein Stück weit sei
das «Gelobte Land» durch Obama Wirklichkeit geworden.
Ein genauer Blick auf das Wahlergebnis
vom 4. November zeigt allerdings, dass die USA nicht plötzlich
«rassenblind» geworden sind. Obama hat gewonnen, aber
landesweit ging die Mehrzahl der Stimmen der Weißen an den
Republikaner John McCain.
In manchen Bundesstaaten bleibt der Graben Abgrund tief
In manchen Bundesstaaten
bleibt der Graben Abgrund tief, wie eine CNN-Untersuchung zeigte:
In Mississippi und Alabama beispielsweise stimmten 88 Prozent der
Weißen für McCain, und 98 Prozent der Schwarzen für
Obama. Colin Powell, General a.D., Ex-Außenminister, Republikaner
und selber Afro-Amerikaner, hat sich gegen Ende des Wahlkampfes
für Obama ausgesprochen. Er sei der qualifiziertere der beiden
Kandidaten. Die «post-rassistische» Gesellschaft habe
man noch nicht erreicht, sagte Powell kürzlich im Magazin «New
Yorker». Amerika sei seinen Idealen aber näher gekommen.
Oboam sei nicht als der schwarze Kandidat angetreten,
sondern als «Amerikaner, der schwarz ist»
Obama habe eine «vollkommen
neuen Wahlkampf» geführt, anders als vorhergehende afro-amerikanische
Kandidaten, so Powell. Er habe sich nicht distanziert von seiner
schwarzen Identität - aber er sei nicht als der schwarze Kandidat
angetreten, sondern als «Amerikaner, der schwarz ist».
Das sei ein Unterschied.
Barack Hussein Obama ist kein Martin Luther King
Dr.
Martin Luther King
war Prophet, Obama ist Politiker. King sprach von radikalen Umwälzungen,
der Pragmatiker Obama vom Wandel. King verabscheute Krieg, Obama
will US-Streitkräfte schrittweise aus dem Irak abziehen, und
in Afghanistan stationieren. Umfragen zufolge ist die Mehrheit der
US-Amerikaner zufrieden mit Obama in der Übergangsperiode;
seine Kabinetternennungen werden parteiübergreifend begrüßt.
Angesichts der Hiobsnachrichten
über Aktieneinbrüche und Stellenabbau ist es für
viele Weiße wohl gar nicht mehr so wichtig, dass Obama mit
zweitem Vornamen Hussein heißt und sein Vater aus Kenia stammte:
Wenn der 44. Präsident der Vereinigten Staaten nur etwas Vernünftiges
zustande bringt.
Von Konrad
Ege, Quelle: jesus.de-Newsletter vom 28.12.2008 / epd
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