Zuwanderung
Israels Botschafter ist für offene Debatte in Deutschland
über Integration
20.09.2010: Der israelische
Botschafter in Berlin, Yoram Ben-Ze´ev, hat sich anlässlich
der umstrittenen Äußerungen von Thilo Sarrazin zur Zuwanderung
nach Deutschland geäußert und eine offene Debatte über
die Probleme der Integration angeregt. In Israel würden derartige
Themen nicht tabuisiert, sagte er in einem Interview, das in der
"Welt am Sonntag" veröffentlicht wurde.
In Israel werde alles öffentlich diskutiert
"Bei uns wird eigentlich
alles in aller Öffentlichkeit intensiv diskutiert", erklärte
Ben-Ze´ev. "Das ist für die Regierung, das Militär,
das politische Establishment oft ziemlich schmerzvoll. Erinnern
Sie sich nur an die Diskussion über die sogenannte Gaza-Hilfsflotte,
die von der israelischen Armee militärisch gestoppt wurde.
Bei der Frage, ob der Einsatz angemessen war, wurde uns von den
israelischen Medien nichts geschenkt. Eine arabische Abgeordnete
hat die Regierung in der Knesset heftig attackiert, es gab regelrecht
Tumulte im Parlament. Aber der Präsident der Knesset, ein Konservativer,
hat ihre Redefreiheit vehement verteidigt. Darauf bin ich sehr stolz,
obwohl ich das, was die Abgeordnete der Regierung vorgeworfen hat,
absolut nicht teile."
Botschafter äußerte sich auch zum "jüdischen
Gen" im Buch von Thilo Sarrazin
Im Zusammenhang mit der
aktuellen Debatte über die umstrittenen Äußerungen
von Thilo Sarrazin zur Zuwanderung meinte Ben-Ze´ev: "Als
Botschafter Israels halte ich mich mit Kommentaren zu innenpolitischen
Debatten in Deutschland eher zurück."
Über die Aussagen
zum "jüdischen Gen" sei in Israel kaum berichtet
worden. "Was mich betrifft: Ich bin kein Biologe, aber ich
erinnere mich gut an die Rede des israelischen Schriftstellers Amos
Oz bei Ihnen im Verlag (Anm. d. Red.: Springer-Verlag), der vor
zwei Jahren davon sprach, dass die deutsche Kultur jüdische
Gene besitzt und das Judentum deutsche Gene hat. Damals bekam er
Applaus. Ich glaube, diese Diskussion über Gene ist gar nicht
so wichtig. Das große Interesse an Sarrazin besteht doch offenbar
deshalb, weil er die Missstände der Integrationspolitik anspricht.
Mich interessiert die Reaktion auf Sarrazin deshalb mehr als seine
Thesen, die an der einen oder anderen Stelle vielleicht etwas unsensibel
formuliert sind."
Botschafter Ben-Ze´ev:"Offene Debatte ist beste Medizin
für Gesellschaft"
Aus der Erfahrung seines
Landes könne er nur empfehlen, "über die Fragen von
Integration, auch die Frage von religiösem Fundamentalismus,
offen zu sprechen. Eine Tabuisierung führt letztlich zum Gegenteil.
Sarrazin hat da ein Ventil geöffnet". Ein Klima offener
Debatte sei die beste gesellschaftliche Medizin.
Botschafter war "ein bisschen schockiert", als er 2007
nach Berlin kam
Der Botschafter fügte
hinzu, er verstehe den Ärger vieler Deutscher, wenn Einwanderer
meinten, ohne die deutsche Sprache auszukommen. "Ich war ein
bisschen schockiert, als ich 2007 nach Berlin kam und erlebte, dass
viele Einwanderer sogar der dritten und vierten Generation im Grunde
nur wenig Interesse daran haben, sich wirklich in die deutsche Gesellschaft
zu integrieren. Wie kann man sich weigern, seine Kinder in den Kindergarten
zu schicken? Oder nicht darauf achten, dass sie regelmäßig
zur Schule gehen? So etwas muss doch öffentlich zur Sprache
kommen! Wenn Kinder von Einwanderern die Umgebung ablehnen, in der
sie leben, manche sie sogar zu hassen scheinen, muss man das doch
problematisieren."
Arabisch ist neben Hebräisch offizielle Amtssprache in Israel
Natürlich gebe es
auch im Einwandererland Israel Spannungen, vor allem auch mit der
arabischen Bevölkerung. "Wir streiten uns, immer wieder.
Aber auch auf Arabisch. Das ist nämlich neben Hebräisch
eine offizielle Amtssprache in Israel."
Quelle: israelnetz.com-Newsletter
vom 20.09.2010 / E. Hausen
Autor dieser Webseite:
Uwe Schütz
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