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Opfertod Jesu am Kreuz

Christ sein ohne Glaube an Opfertod Jesu?

Neue Debatte um Kernsatz des christlichen Glaubens

29.03.09: In der evangelischen Kirche ist eine neue Debatte um einen der Kernsätze des christlichen Glaubens entbrannt. Man könne gut Christ sein, ohne an die alte Lehre vom Opfertod Jesu am Kreuz zu glauben, bekräftigte der evangelische Theologieprofessor Klaus-Peter Jörns seine Thesen in einem Gespräch mit der evangelischen Nachrichtenagentur epd.

DEA-Generalsekretär Hartmut Steeb warnt vor Verwässerung zentraler Inhalte

Der Generalsekretär der Deutschen Evangelischen Allianz, Hartmut Steeb (Stuttgart), warnt dagegen vor einer Verwässerung zentraler Inhalte der christlichen Botschaft. Ökumene-Experten sehen die Gefahr, die Diskussion könne den katholisch-evangelischen Dialog belasten, denn in der katholischen Kirche hat die Opfertod-Theologie eine zentrale Rolle.

Präses der Ev. Kirche im Rheinland: Gott braucht kein Sühneopfer

Nikolaus Schneider, Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland, glaubt nach eigener Aussage nicht, dass Gott ein Sühneopfer braucht, «denn es muss ja nicht sein Zorn durch unschuldiges Leiden besänftigt werden». Die Menschen bräuchten die Botschaft vom Kreuz vielmehr «als Zeichen für Gottes Liebe und Solidarität, als Symbol für das Mitgehen Gottes mit uns durch den Tod hindurch», sagt der leitende Theologe der zweitgrößten deutschen Landeskirche dem evangelischen Magazin «Chrismon plusRheinland .

Es gebe aber auch die »dunkle, für uns Menschen nicht verstehbare Seite Gottes«, fügte Schneider hinzu: »Wir fragen uns manchmal, weshalb der allmächtige und liebende Gott in bestimmten Situationen nicht eine Veränderung zum Besseren herbeiführt, weshalb er Leid und Tod zulässt.« Das gehört Schneider zufolge zu einem erwachsenen und demütigen Glauben: »Dass nicht alles aufgeht, dass nicht alle Rätsel Gottes zu lösen sind, sondern dass wir sie in unserem Glaubensleben auch mittragen, zum Teil auch ertragen müssen.«

EK Hessen: Opfertheologische Deutung über das Kreuz Christi ist eine von vielen

»Wie Jesus selbst seinen Gang in den Tod und sein Sterben aufgefasst hat, wissen wir nicht«, hatte das Leitende Geistliche Amt der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau in einem Grundsatzdokument im vergangenen Jahr festgestellt. Die neutestamentliche Forschung habe gezeigt, dass die »opfertheologischen Aussagen über das Kreuz Christi lediglich eine von vielen Deutungsmöglichkeiten seines Todes sind«, so das hochrangige kirchenleitende Gremium.

Jörns Kernsatz ist nicht "Jesus ist für uns gestorben", sondern "Jesus hat für uns gelebt"

Der evangelische Theologieprofessor Klaus-Peter Jörns erklärte weiter, die Opfer- und Sühnetod-Lehre passe überhaupt nicht zur Verkündigung Jesu, »denn Jesus verkündigt die Liebe Gottes als etwas Unbedingtes«. Sie sei an keinerlei Vorleistung wie ein Opfer gebunden, sondern »kommt ganz aus Gott selbst.« Zu sühnen brauche niemand etwas, der an Gottes Liebe glaubt und um Vergebung bittet. Man könne den Tod Jesu als letzte Station der Menschwerdung Gottes begreifen, betonte Jörns. »Denn Jesus war bereit, für die von ihm verkündete Liebe Gottes zu sterben.« Daher sei der Kernsatz für ihn nicht: »Jesus ist für uns gestorben«, sondern: »Jesus hat für uns gelebt«.

Kern des Evangeliums: Jesus Christus sei für unsere Sünden am Kreuz gestorben

Steeb, deutscher Repräsentant der Deutschen Evangelischen Allianz, der weltweiten Glaubens- und Bibelbewegung, warnte mit Blick auf die traditionellen Bekenntnisschriften vor Hochmut gegenüber dem »was früher formuliert worden ist.« Jesus Christus sei für unsere Sünden am Kreuz von Golgatha gestorben. »Das ist der Kern des Evangeliums. Wenn jeder seine eigene Sünde und Schuld tragen müsste und es keine Stellvertretung gäbe, dann wären wir hoffnungslos verloren«, sagte er dem epd. »Wie will man denn alles Unrecht, das Menschen auf sich häufen, wieder gutmachen?«, betonte Steeb.

Kath. Theologe B. Neumann beklagt begriffliche Unschärfe in der Debatte

Der innerevangelische Streit um die Bedeutung des Todes Jesu am Kreuz ist nach Ansicht des katholischen Theologen Burkhard Neumann keine Belastung für die Ökumene. Der Direktor am Johann-Adam-Möhler-Institut für Ökumenik in Paderborn beklagt aber eine begriffliche Unschärfe in der protestantischen Debatte um die Begriffe «Opfer» und «Sühnetod». Der Begriff «Sühneopfer» verbinde sich bei einigen wohl mit der Vorstellung, dass Gott ein Menschenopfer brauche, um milde gestimmt zu werden, sagte er dem epd. Neumann: «Und das ist zutiefst unbiblisch.»

B. Neumann Tod: Jesu Christi am Kreuz für die Menschen um ihres Heils willen und für ihre Sünden kann keine christliche Kirche leugnen

08.04.: In der katholischen Glaubenslehre werde das Kreuz als ein Zeichen der Liebe Gottes verstanden, fügte Neumann hinzu. Man müsse daher genau darüber nachdenken, was mit Opfer gemeint sei und was nicht. «Da scheinen die Positionen in der innerevangelischen Diskussion nicht ganz klar.» Dass aber der Tod Jesu Christi am Kreuz für die Menschen um ihres Heils willen und für ihre Sünden geschehen ist, dies sei «so genuin christlich, dass keine christliche Kirche das leugnen kann, ohne ihren christlichen Grundbestand aufzugeben.»

Man dürfe die Ereignisse am Kreuz nicht isolieren, unterstrich der promovierte Theologe und Priester. Das gesamte Leben, Sterben und die Auferstehung Jesus Christi seien wesentlich für das Heil der Christen. Die Frage sei daher, wie die Kirchen den Begriff Opfer heute theologisch und seelsorgerlich so deuten können, dass er im Sinne des christlichen Glaubens richtig verstanden wird.

Die Opfer-Theologie stehe heute auch nicht mehr zwischen den beiden großen Kirchen, sagte Neumann. So sei die Frage nach dem Opfercharakter der Messe zwischen den Kirchen geklärt, «dies ist nicht mehr kontrovers». Die reformierte Kirche etwa habe inzwischen ausdrücklich erklärt, dass die evangelischen Verurteilungen der römisch-katholischen Messe aus der Reformationszeit heute nicht mehr zutreffen. Hier sei daher kein neuer Abendmahlsstreit zu befürchten.

Wenn die evangelische Kirche in großen Teilen von dem Glauben an die universale Heilsbedeutung des Todes Jesu Christi abrücken würde, könnte es freilich Spannungen in der Ökumene geben, räumte Neumann ein: «Das kann ich mir aber nicht vorstellen.» Gerade die evangelischen Kirchen seien sehr stark von der Rechtfertigungslehre geprägt, also von der Lehre, «dass wir als Sünder allein aus Gnade durch Jesus Christus, durch sein Leben, Sterben und Auferstehen gerechtfertigt sind». Sie würden sich sozusagen in einen Selbstwiderspruch verwickeln und ihre eigenen Grundlagen abschneiden.

Das 1957 gründete Ökumene-Institut der römisch-katholischen Kirche in Paderborn erinnert mit seinem Namen an den Theologen und Konfessionskundler Johann Adam Möhler (1796-1838). Es ist der Theologischen Fakultät Paderborn angegliedert. Der 1961 geborene Neumann ist ausgewiesener Experte für die Fachgebiete Ökumenik und Sakramentenlehre.

Quelle: jesus.de-Newsletter vom 29.03.2009 und 08.04.2009 / epd

 

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