Erstes Medikament zur Chemotherapie

Vor 100 Jahren: Erste Heilung von Syphilis durch Salvarsan von Paul Ehrlich

Paul Ehrlich um 1900 in seinem Arbeitszimmer in Frankfurt a. M. Quelle: wikipedia.de

03.03.1910. In der Medizinischen Gesellschaft in Magdeburg berichtet Konrad Alt von einer Sensation: Die erfolgreiche Behandlung von 27 Syphilis-Patienten mit dem Medikament "Salvarsan" von Paul Ehrlich (Bild).

500 Jahre lang ging vor der meist durch Geschlechtsverkehr übertragenen Volksseuche die Angst um. Die spanischen Eroberer hatten Syphilis nach Europa gebracht. Quer durch alle Bevölkerungsschichten schlug Syphilis zu und führte zur Erblindung, zum Wahnsinn und schließlich zum Tod.

(Als bekannteste Opfer der Syphilis gelten der Philosoph Friedrich Nietzsche (1844-1900), der Komponist Franz Schubert (1797-1828) und der Dichter Heinrich Heine (1797-1856).)

* * *

Ich vermute, die Heilung von Syphilis war damals eine so große Sensation, als ob heute jemand ein Heilmittel gegen AIDS finden würde. Aber das "Salvarsan" gegen Syphilis machte seinen Entwickler Paul Ehrlich nicht zum Volkshelden:

• Als er noch weitere Studien abwarten wollte, setzte man ihn unter Druck, das Mittel sofort freizugeben.
• Als die Fa. Hoechst es dann industriell herstellte, inszenierte man einen regelrechten Propaganda-Feldzug gegen den Arzt jüdischer Herkunft Paul Ehrlich (†1915).
• Und religiösen Fanatikern kam die Heilung unerwünscht, weil sie Syphilis als gerechte Strafe Gottes für Unzucht ansahen.

Nach dem 2. Weltkrieg wurde Salvarsan zunächst durch Penicillin und dann durch moderne Antibiotika abgelöst. Bis Ende der 80er Jahre galt Syphilis bei uns als fast ausgestorben. Aber seit 1990 sei die Infektionsrate wieder stark angestiegen, berichtete DER SPIEGEL (29/2003) und zitierte in diesem Zusammenhang den ehemaligen Präsidenten der Deutschen Gesellschaft zur Bekämpfung von Geschlechtskrankheiten, Hans-Joachim Heite:

"Zu einer Geschlechtskrankheit gehören immer drei.
Sonst gäbe es sie nicht."
Hans-Joachim Heite, ehemaliger Präsident der deutschen STD-Gesellschaft*)

Uwe Schütz