(2)
Der mit Einwilligung der Schwangeren von einem Arzt vorgenommene
Schwangerschaftsabbruch ist nicht rechtswidrig, wenn der Abbruch
der Schwangerschaft unter Berücksichtigung der gegenwärtigen
und zukünftigen Lebensverhältnisse der Schwangeren
nach ärztlicher Erkenntnis angezeigt ist, um eine Gefahr
für das Leben oder die Gefahr einer schwerwiegenden Beeinträchtigung
des körperlichen oder seelischen Gesundheitszustandes der
Schwangeren abzuwenden, und die Gefahr nicht auf eine andere
für sie zumutbare Weise abgewendet werden kann.
(3)
Die Voraussetzungen des Absatzes 2 gelten bei einem Schwangerschaftsabbruch,
der mit Einwilligung der Schwangeren von einem Arzt vorgenommen
wird, auch als erfüllt, wenn nach ärztlicher Erkenntnis
an der Schwangeren eine rechtswidrige Tat nach den §§
176 bis 179 des Strafgesetzbuches begangen worden ist, dringende
Gründe für die Annahme sprechen, daß die Schwangerschaft
auf der Tat beruht, und seit der Empfängnis nicht mehr
als zwölf Wochen vergangen sind.
(4)
Die Schwangere ist nicht nach § 218 strafbar, wenn der
Schwangerschaftsabbruch nach Beratung (§ 219) von einem
Arzt vorgenommen worden ist und seit der Empfängnis nicht
mehr als zweiundzwanzig Wochen verstrichen sind. Das Gericht
kann von Strafe nach § 218 absehen, wenn die Schwangere
sich zur Zeit des Eingriffs in besonderer Bedrängnis befunden
hat.
§
219 - Beratung der Schwangeren in einer Not- und Konfliktlage
(1)
Die Beratung dient dem Schutz des ungeborenen Lebens. Sie hat
sich von dem Bemühen leiten zu lassen, die Frau zur Fortsetzung
der Schwangerschaft zu ermutigen und ihr Perspektiven für
ein Leben mit dem Kind zu eröffnen; sie soll ihr helfen,
eine verantwortliche und gewissenhafte Entscheidung zu treffen.
Dabei muß der Frau bewußt sein, daß das Ungeborene
in jedem Stadium der Schwangerschaft auch ihr gegenüber
ein eigenes Recht auf Leben hat und daß deshalb nach der
Rechtsordnung ein Schwangerschaftsabbruch nur in Ausnahmesituationen
in Betracht kommen kann, wenn der Frau durch das Austragen des
Kindes eine Belastung erwächst, die so schwer und außergewöhnlich
ist, daß sie die zumutbare Opfergrenze übersteigt.
Die Beratung soll durch Rat und Hilfe dazu beitragen, die in
Zusammenhang mit der Schwangerschaft bestehende Konfliktlage
zu bewältigen und einer Notlage abzuhelfen. Das Nähere
regelt das Schwangerschaftskonfliktgesetz.
(2)
Die Beratung hat nach dem Schwangerschaftskonfliktgesetz durch
eine anerkannte Schwangerschaftskonfliktberatungsstelle zu erfolgen.
Die Beratungsstelle hat der Schwangeren nach Abschluß
der Beratung hierüber eine mit dem Datum des letzten Beratungsgesprächs
und dem Namen der Schwangeren versehene Bescheinigung nach Maßgabe
des Schwangerschaftskonfliktgesetzes auszustellen. Der Arzt,
der den Abbruch der Schwangerschaft vornimmt, ist als Berater
ausgeschlossen.
Urteil
des Bundesverfassungsgerichts vom 25.02.1975
"Im
Namen des Volkes ergeht folgendes Urteil:
1. Das
sich im Mutterleib entwickelnde Leben steht als selbständiges
Rechtsgut unter dem Schutz der Verfassung.
2. Die
Schutzpflicht des Staates verbietet nicht nur unmittelbare staatliche
Eingriffe in das sich entwickelnde Leben, sondern gebietet dem
Staat auch, sich schützend und fördernd vor dieses
Leben zu stellen.
3. Die
Verpflichtung des Staates, das sich entwickelnde Leben in Schutz
zu nehmen, besteht auch gegenüber der Mutter. Der Lebensschutz
der Leibesfrucht genießt grundsätzlich für die
gesamte Dauer der Schwangerschaft Vorrang vor dem Selbstbestimmungsrecht
der Schwangeren und darf nicht für eine bestimmte Frist
infrage gestellt werden."