Begriff und Bedeutung
Eine Volkszählung
(auch Zensus, Census oder Makrozensus) ist eine gesetzlich angeordnete
Erhebung statistischer Bevölkerungsdaten, wobei die Bürger
bei der herkömmlichen Methode der Zählung per Fragebogen
zur Auskunft verpflichtet sind. Beim Modell des Registerzensus wird
ohne Befragung der Bürger auf Daten in den Melderegistern zurückgegriffen.
Der Begriff Volkszählung
ist dahingehend irreführend, dass mehr als die Anzahl der Einwohner,
gezählt wird. Vielmehr werden durch Volkszählungen Menschen
verpflichtet, eine Vielzahl persönlicher Daten anzugeben. In
einigen Ländern wurde die herkömmliche Methode der Zählung
vom Modell der Registerzählung (Registerzensus) abgelöst,
wobei auf die Daten in verschiedenen Melderegistern zurückgegriffen
wird. Den Bürgern werden keine Fragebögen vorgelegt.
Eine Volkszählung
wird durchgeführt, um möglichst genaue Informationen als
Grundlage für das politische und verwaltungsmäßige
Handeln zu haben. Die Planung von Wohnungsbauprogrammen, Maßnahmen
zur Verbesserung der öffentlichen Infrastruktur, Bemessungsgrundlagen
für die Finanzierung der öffentlichen Haushalte oder Steuerschätzungen
der Zahlen können durch eine Volkszählung genauer oder
zielgerichteter ausgeführt werden.
Eine methodische Besonderheit
klassischer Volkszählungen besteht darin, dass anders als bei
normalen empirischen Untersuchungen nicht etwa eine repräsentative
Stichprobe, sondern sämtliche Haushalte und nahezu die gesamte
Bevölkerung direkt befragt wird (Totalerhebung). Die ermittelten
Daten werden durch fortlaufende jährlich durchgeführte
Repräsentativbefragungen (dem Mikrozensus) fortgeschrieben
und auf die Basisdaten der letzten Volkszählung hochgerechnet.
Die Stichprobengröße
für diese Befragungen ist meist gesetzlich festgelegt, etwa
auf ein Prozent der Bevölkerung. Da die daraus resultierende
Fehlerquote mit den Jahren steigt, ist in größeren Abständen
eine Wiederholung der Volkszählung und damit eine Aktualisierung
der Basisdaten erforderlich. Daneben werden auch etwa nach fünf
Jahren größere Zwischenzählungen über eine
größere, repräsentative Auswahl durchgeführt,
begrenzt auf sich schnell ändernde Datensätze,.
Dem Datenschutz wird
mittels Anonymisierung durch voneinander unabhängige Bearbeiter
Rechnung getragen.
Geschichte
Volkszählungen können
auf eine lange Tradition zurückblicken. Belegt sind (lokale)
Volkszählungen in Ägypten um ca. 1100 v. Chr. Im
Römischen Reich gab es seit dem 6. Jahrhundert v. Chr. alle
fünf Jahre Volkszählungen und Erhebungen über die
Einkünfte der römischen Bürger.
Volkszählungen in der Bibel
Im
4. Buch Mose (Buch Numeri) der Bibel werden zwei Volkszählungen
ausführlich geschildert, die Gottes Anweisung durchgeführt
wurden. Sie fanden kurz nach dem Beginn und kurz vor dem Ende der
vierzigjährigen Wüstenwanderung der Israeliten unter Mose
statt. Der lateinische Name des Buches Numeri kommt
von diesen Zählungen. Dabei wurden nur kampffähige Männer
gezählt, ausgenommen bei den für den Priesterdienst vorgesehenen
Leviten, bei denen auch männliche Kinder und Greise mitgezählt
werden. Beide Zählungen ergeben jeweils eine Gesamtsumme von
gut 600.000 Männern. Historiker halten es angesichts fehlender
archäologischer Funde für unwahrscheinlich, dass so viele
Israeliten so lange Zeit durch die Sinai-Wüste gewandert sind.
Im Alten Testament der
Bibel wird weiterhin eine Volkszählung der Israeliten durch
den König David erwähnt (Zweites Buch Samuel, Erstes Buch
der Chronik). Diese Volkszählung war demnach nicht durch Gott
angeordnet und zog eine göttliche Strafe nach sich eine
Epidemie suchte das Land heim und forderte zahlreiche Opfer. Der
Tempel in Jerusalem wurde laut dem Bericht später an der Stelle
erbaut, wo David durch ein Schuldopfer den Zorn Gottes über
die nicht angeordnete Volkszählung wieder abwenden konnte.
Im
Neuen Testament der Bibel wird eine vom römischen
Kaiser Augustus befohlene Volkszählung erwähnt. Laut
dem Lukas-Evangelium hatte der Kaiser angeordnet, dass sich jeder
in seinem Herkunftsort in die Steuerlisten einzutragen habe. Lukas
beschreibt, dass Josef deshalb von Nazareth nach Bethlehem gereist,
wo Maria dann Jesus zur Welt bringt (Lukas 2, 1 - 5, Teil der sogenannten
Weihnachtsgeschichte).
Volkszählungen in Deutschland
Die
erste Volkszählung im heutigen Deutschland fand 1816 im Königreich
Preußen statt.
Von 1834 bis 1867 führte
der Deutsche Zollverein regelmäßig alle drei Jahre Volkszählungen
durch. Diese waren notwendig, da die Einnahmen des Zollvereins in
Bezug zur Einwohnerzahl verteilt wurden.
Die letzte Zählung
vor dem Ersten Weltkrieg fand am 1. Dezember 1910 statt. Danach
wurde nur noch in unregelmäßigen Abständen gezählt.
Nach zwei Kriegsvolkszählungen jeweils am 5.12.1916 und 1917
zum Zweck der Lebensmittelverteilung wurden am 8.10.1919 und 16.06.1925
wieder reguläre Volkszählungen durchgeführt.
Völkszählungen
während der NS-Zeit
Während der Zeit
des Nationalsozialismus wurden zwei Volkszählungen durchgeführt:
Bei der Zählung vom 16.06.1933 wurden etwa eine halbe Million
Glaubensjuden erfasst. Mit der Zählung 1939 wurde
für alle Juden, Mischlinge und Ausländer eine
Ergänzungskarte ausgefüllt, die als Grundlage
für die Reichskartei der Juden und jüdischen Mischlinge
im Sinne der rassistischen Nürnberger Gesetze diente. Diese
enthielt Namen, Geburtsnamen, Wohnung, Geschlecht, Geburtstag, Religion,
Muttersprache, Volkszugehörigkeit, Beruf und Kinderzahl unter
14 Jahren des jeweiligen Haushalts. Die Ergebnisse beider Volkszählungen
lieferten die Planzahlen für die Deportationen.
Nach dem Zweiten Weltkrieg
wurden im Dezember 1945 in der Sowjetischen Besatzungszone, im Januar
1946 in der Französischen Besatzungszone und im Oktober 1946
in allen vier Besatzungszonen Deutschlands unter Verantwortung der
Besatzungsmächte Volks- und Berufszählungen durchgeführt.
Dies geschah insbesondere, um die Kriegsverluste und die zahlreichen
Ströme von Flüchtlingen, Umsiedlern und Heimatvertriebenen
zu erfassen. Nach
Gründung der Bundesrepublik und der DDR 1949 fanden mehrere
Volkszählungen statt.
Volkszählungen
im geteilten Deutschland
In der DDR erfolgten
die Zählungen von 1950 und 1964 als Volks- und Berufszählungen.
Die Ergebnisse von 1950 wurden aus politischen Gründen nicht
veröffentlicht. Die Zählungen von 1971 und 1981 fanden
in der DDR als komplexe Volks-, Berufs-, Wohnraum- und Gebäudezählungen
statt. Die Daten von 1964 wurden von der Staatlichen Zentralverwaltung
für Statistik umfassend veröffentlicht, die Ergebnisse
der Zählungen von 1971 und 1981 dagegen nur teilweise freigegeben.
Die in der Bundesrepublik
1950 und 1987 durchgeführten Zählungen waren gleichzeitig
Volks-, Berufs-, Gebäude-, Wohnungs- und Arbeitsstättenzählungen,
die Zählungen von 1961 und 1970 erfolgten als Volks-, Berufs-
und Arbeitsstättenzählungen. Während der Gebäude-
und Wohnungszählung von 1956 wurde auch die Wohnbevölkerung
in der Bundesrepublik gezählt (kleine Volkszählung).
Die Veröffentlichung der Daten erfolgte vom Statistischen Bundesamt.
Was hat die letzte Volkszählung
1987 gebracht?
Durch die Völkzählung
1987 musste auf Grund der ermittelten Einwohnerdaten der Länderfinanzausgleich
um etwa 935 Millionen DM (478 Mill. €), der kommunale Finanzausgleich
der Großstädte um rund 700 Millionen DM (358 Mill. €)
korrigiert werden. Die fortgeschriebene Zahl der Erwerbstätigen
lag im Vergleich zu den Ergebnissen der Volkszählung um eine
Million (3,6 %) zu niedrig, die Anzahl der Ausländer um fast
600.000 (12,0 %), die Zahl der Wohnungen (25,9 Millionen) um rund
eine Million (3,8 %) zu hoch. Die Anzahl der Erwerbstätigen
musste auf Grund der Volkszählungsergebnisse um eine Million
nach oben korrigiert werden, die Arbeitslosenquoten in etwa einem
Drittel der Arbeitsamtsbezirke um rund 20 Prozent nach unten angepasst
werden
Die ursprünglich
für 1991 in der Bundesrepublik und der DDR geplanten Volkszählungen
wurden nicht mehr durchgeführt, auch nicht nach der Wiedervereinigung
1990. Für
die Volkszählung
2011 hat auch die Regierung in Deutschland die Umstellung auf
das registergestützte Modell durchgeführt.
Fehlen uns heute
irgendwelche Infomationen?
Da in Deutschland auch
die jährlichen Zu- und Abwanderungen in das Ausland im Gegensatz
zu den Geburten und Sterbefällen nicht vollständig registriert
werden, gibt es gegenwärtig keine genauen Angaben über
die Zusammensetzung der Bevölkerung. Nach Angaben des Statistischen
Bundesamtes haben sich schätzungsweise 1,6 Millionen Menschen
bei der Ausreise aus Deutschland in ihrem Wohnort nicht abgemeldet.
Autor dieser Webseite:
Uwe Schütz
Quelle: wikipedia.de
am 09.08.2014
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