Politischer Erdschutz bei den Palästinensern
Hamas erreicht bei
den Parlamentswahlen die absolute Mehrheit
27.01.2006: Nach dem
vorläufigen Endergebnis der palästinensischen Parlamentswahlen
(hier: Amtliches Endergebnis)
erreicht die radikal-islamische Hamas
die absolute Mehrheit. Sie erhält nun 76 der 132 Sitze im Palästinensischen
Legislativrat (PLC). Die bisher regierende Fatah
kommt nur noch auf 43 Mandate. Die marxistische "Volksfront
für die Befreiung Palästinas" (PFLP) kann drei Abgeordnete
stellen. Das teilte der Zentrale Wahlausschuss am Donnerstagabend
mit.
Bereits im Laufe des
Tages hatte sich der überraschende Sieg der Hamas abgezeichnet.
Vertreter westlicher Staaten forderten die Terrorgruppe auf, ihre
Waffen niederzulegen, wenn sie regieren wolle. Aus der Hamas hieß
es, Verhandlungen mit Israel oder eine Anerkennung des jüdischen
Staates stünden derzeit nicht auf dem Programm. Vielmehr werde
der bewaffnete Widerstand fortgesetzt.
Reaktionen auf Hamas-Wahlsieg
Nach dem Wahlsieg der
radikal-islamischen Hamas bei den palästinensischen Wahlen
haben viele Politiker in der Welt gefordert, dass die Hamas auf
Gewalt verzichten müsse.
Der ehemalige Premierminister
Benjamin Netanjahu sagte, der Wahlsieg sei die Gründung von
"Hamastan" gewesen. "Heute wurde vor unseren Augen
Hamastan gegründet", sagte der Likud-Chef, "ein Stellvertreter
des Iran und ein Ebenbild der Taliban." Die Hamas sei "in
Schussweite unseres Flughafens, unserer Autobahnen und unserer Städte",
fügte Netanjahu hinzu. "Die Politik der freien Land-Abgabe
hat der Hamas eine Freikarte ausgestellt." Er kritisierte zudem,
dass die Palästinenser Ost-Jerusalems an der Wahl teilnehmen
durften: "Scharon hatte gesagt, er werde die Palästinenser
in Jerusalem nicht wählen lassen. Olmert hat es getan."
Der ehemalige Außenminister
Silvan Schalom sprach von einem "Erdbeben, das uns um 50 Jahre
zurückgeworfen hat und die ganze Region ins Chaos stürzen
wird". Sowohl die israelische als auch die palästinensische
Führung hätten den Wahlsieg der Hamas verhindern können,
wenn sie der Gruppe die Teilnahme an der Wahl vorher verboten hätten.
"Die Palästinenser haben versprochen, dass sie Terror-Organisationen
nicht an den Wahlen teilnehmen lassen wollten, doch Abu Masen (Mahmud
Abbas) hat sich dafür entschieden, die Hamas zu besänftigen,
anstatt ihr entgegenzutreten", sagte Schalom.
"Auf dem goldenen
Tablett des Gaza-Abzugs"
habe die Regierung Ariel Scharon der Hamas den Sieg serviert, sagte
der Vorsitzende der Nationalen Union, Zvi Hendel.
US-Präsident George W. Bush zum Hamas-Wahlsieg
US-Präsident George
W. Bush kommentierte den Hamas-Sieg mit den Worten: "Ich habe
bereits deutlich gemacht, dass die USA keine politische Partei unterstützt,
die unseren Verbündeten Israel zerstören will. Diese Leute
müssen diesen Teil von ihrer Agenda streichen."
US-Außenministerin
Condoleezza Rice sagte vor dem Weltwirtschaftsforum im schweizerischen
Davos per Telefonschaltung: "Man kann nicht mit einem Fuß
in der Politik stehen und mit dem anderen im Terror. Unsere Einstellung
zur Hamas hat sich nicht geändert."
Die Ministerin will sich
am Montag mit Vertretern der anderen Mitglieder des so genannten
"Nahost-Quartetts" (UNO, Russland und der Europäischen
Union) in London treffen, um über die Zukunft der Region nach
dem Wahlergebnis zu sprechen. Das Nahost-Quartett veröffentlichte
am Donnerstagabend eine Stellungnahme, in der es heißt: "Das
Quartett bringt wiederholt zum Ausdruck, dass es einen grundsätzlichen
Widerspruch zwischen den Aktivitäten einer bewaffneten Gruppe
und der Bildung eines demokratischen Staates sieht. Eine Zwei-Staaten-Lösung
erfordert, dass beide Parteien sich von Gewalt und Terror distanzieren."
Ehemalige US-Präsident Jimmy Carter zum Wahlergebnis
Der ehemalige US-Präsident
Jimmy Carter, der in den Palästinensergebieten ein internationales
Team von 85 Wahlbeobachter koordiniert hatte, sagte am Donnerstag,
er hoffe, dass die Hamas mit ihrem Sieg "verantwortlich"
umgehe. Die Wahl selbst sei "völlig ehrlich, fair und
sicher vonstatten gegangen und ohne Gewalt".
Carter betonte, die internationale
Gemeinschaft müsse die neue palästinensische Regierung
unterstützen, auch wenn sie von einer Terror-Gruppe angeführt
werde. "Unabhängig von der Regierung hoffe ich, dass Spender
andere Mittel finden, das palästinensische Volk zu unterstützen,
selbst wenn sie dabei die palästinensische Regierung umgehen."
Carter hatte die Wahlbeteiligung der Hamas unterstützt.
EU fordert die Hamas auf, Israel anzuerkennen
Die Europäische
Union (EU) forderte die Hamas am Donnerstag auf, Israel anzuerkennen
und von Gewalt Abstand zu nehmen, wenn sie die Beziehungen zu Europa
behalten wollten. Die EU, die Millionen von Euro an die Palästinensische
Autonomiebehörde (PA) gegeben hat, werde fortfahren, "die
finanzielle Verpflichtung gegenüber der PA in dem Maße
in Ehren zu halten, wie die Hamas ihre politischen Versprechen gegenüber
der EU in Ehren hält", sagte der EU-Botschafter Ramiro
Cibrian-Uzal gegenüber der "Jerusalem Post". Die
EU werde mit jeder PA-Regierung zusammenarbeiten, die sich der Lösung
des Konfliktes verpflichtet habe, wenn sie friedlich sei, auf Menschenrechte
achte und Demokratie und Gesetz einhalte. So habe es auch die PA
in einem Abkommen mit der EU unterzeichnet, sagte Cibrian-Uzal.
Die Europäische
Union hatte kurz vor den Parlamentswahl zusätzliche finanzielle
Hilfe in Höhe von 1,4 Millionen Euro angekündigt mehr
England: "Wir können nur mit Menschen zusammenarbeiten,
die Terror ablehnen."
Ein Sprecher des britischen
Premiers Tony Blair sagte: "Wir können nur mit solchen
Menschen zusammenarbeiten, die Terror ablehnen." Der britische
Außenminister Jack Straw erklärte: "Die Hamas steht
vor der Entscheidung, ob sie Gewalt ablehnt und in die Richtung
einer demokratischen Partei geht und Argumente benutzt, um das zu
erreichen, was sie will. In dem Fall wird sie gute Antworten von
der internationalen Gemeinschaft erfahren." Falls sie in die
andere Richtung gehen sollte "und Gewalt nicht ablehnt",
dann "wird sie eine entsprechende Antwort erhalten".
Japan rief dazu auf, die Hamas in den Friedensprozess zu intergrieren
Japan rief die internationale
Gemeinschaft dazu auf, die Hamas in den Nahost-Friedensprozess zu
integrieren. Der Kabinettsekretär Shinzo Abe Shinzo sagte:
"Es ist wichtig, dass Japan und die internationale Gemeinschaft
sowohl mit den Palästinensern als auch mit Israel zusammenarbeiten,
damit der Friedensprozess gemäß der 'Roadmap' nicht aufgehalten
wird."
Abbas bleibt im Amt
Trotz der Niederlage
seiner Fatah-Partei
bleibt Mahmud Abbas Vorsitzender der Palästinensischen Autonomiebehörde
(PA). Die Fatah hatte bei den Parlamentswahlen am Mittwoch ihre
absolute Mehrheit an die radikal-islamische Hamas verloren.
Er wolle das politische
Programm fortführen, an dem er gearbeitet habe, sagte Abbas
am Donnerstagabend vor Journalisten. Die Diskussionen über
die neue Regierung wolle er beenden und sich mit der Zukunft befassen.
Er habe vor, die politischen Gespräche mit Israel fortzusetzen,
die er begonnen habe. Dadurch wolle er sein Programm einer friedlichen
Lösung für die Situation mit den Israelis ausführen.
Laut der palästinensischen
Nachrichtenagentur "Ma´an" forderte der PA-Vorsitzende
die neue Regierung auf, sich den Herausforderungen zu stellen. Dazu
gehörten die Sperranlage, die Angelegenheit der Häftlinge
in israelischen Gefängnissen und die Flüchtlingsfrage.
Der Palästinenserführer
hatte vor den Wahlen angekündigt, sein Amt niederzulegen, falls
die Hamas an die Macht komme. Nach
dem Hamas-Sieg hatte US-Präsident George W. Bush die Hoffnung
ausgedrückt, Abbas werde nicht zurücktreten, damit es
weiter einen Verhandlungspartner in der PA gebe.
Geschichte der Hamas
Hamas
ist ein arabisches Akronym für "Harakat al-Mukawamah al-Islamijja"
(Die Islamische Widerstandsbewegung). Die radikal-islamische Organisation
wurde 1978 im Gazastreifen
zugelassen, wo die Mitglieder unter dem Namen Al-Mudschamma Al-Islami
zunächst Sozialarbeit unter moslemischen Fundamentalisten machten.
Ihr geistlicher Führer, Scheich Ahmed Jassin, war geprägt
von der ägyptischen Moslem-Bruderschaft. Er wurde am 22. März
2004 bei einem israelischen Raketenangriff in Gaza getötet.
Seit 1991 hat die Hamas
einen militärischen Flügel, Izz Al-Din Al-Qassam, der
für Hunderte von Terroranschlägen verantwortlich ist.
Im Jahr 2004 verübte sie 18 Attentate. Im vergangenen Jahr
hat sich die Hamas zu fünf Anschlägen mit insgesamt fünf
Todesopfern bekannt. mehr
über die Geschichte der Hamas in unserem Kalenderblatt
AREF, 27.01.2006, Quelle:
Israelnetz.de-Newsletter
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