"Es gibt vielleicht keinen Gott"
Atheistische Werbekampagne stößt bei Verkehrsbetrieben
auf Ablehnung
10.04.09: Die Initiative "Bus Kampagne Deutschland"
ist mit ihrer atheistischen Werbekampagne auf Autobussen in Köln,
München und Berlin gescheitert.
«Es gibt (mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit)
keinen Gott. Erfülltes Leben braucht keinen Glauben»:
Dieser und zwei ähnliche Sprüche sollten in diesen Tagen
in großen Lettern auf Bussen im Kölner Nahverkehr stehen,
angelehnt an ähnliche Kampagnen in London oder Barcelona.
Köln: »Wir wollen keine Konfrontationen«
Doch die Kölner
Verkehrsbetriebe (KVB) wollen sich derzeit nicht weiter mit der
Anfrage der Initiative «buskampagne.de» befassen. «Diese
Werbung wünschen wir zu diesem Zeitpunkt nicht», sagt
KVB-Sprecher Joachim Berger.
Die Kampagne sei in Köln
momentan nicht vermittelbar, die Stadt sei wegen des Stadtarchiv-Einsturzes
noch in Trauer. Zwar habe es schon dezente religiöse Reklame
gegeben, entscheidend seien jedoch Inhalte und Akzentuierung. «Kondomwerbung
würden wir zum Beispiel schalten, es sei denn, wir hätten
den Papst gerade in der Stadt», sagt Berger. «Wir wollen
keine Konfrontationen in der Gesellschaft über bestimmte Anschauungen
auslösen und nicht derart provozieren.»
Köln ist nicht die
einzige Stadt, die keine gottlosen Botschaften schalten will. München
und Berlin haben der Werbekampagne ebenfalls eine Absage erteilt.
«Wir bedauern das, setzen aber auch nicht auf Konfrontation»,
sagt Philipp Möller, Sprecher von buskampagne.de. «Es
zeigt aber auch, dass es eine säkulare Schieflage in Deutschland
gibt», meint der 28-Jährige. Die Kampagne verstehe sich
nicht antireligiös, sondern aufklärerisch. Solange in
Deutschland gepredigt werde, es gebe ohne Gott keine Moral, sei
eine solche Werbeaussage relevant.
Kampagne in Berlin aus Ärger über das Volksbegehren
«Pro Reli»
Die Idee der Kampagne
stamme aus London, sei in Berlin aber auch aus Ärger über
das Volksbegehren
«Pro Reli» und über die Berliner Verkehrsbetriebe
(BVG) befeuert worden, sagt Möller. Eine Bürgerinitiative
kämpft dort mit Unterstützung der Kirchen dafür,
dass der Religionsunterricht künftig im Rahmen eines Wahlpflichtbereichs
alternativ zum Ethikunterricht gewählt werden kann. Am 26.
April stimmen die Berliner darüber in einem Volksentscheid
ab. Die BVG hatte der Initiative «Pro Reli» zu Jahresbeginn
erlaubt, auf Berliner U-Bahnhöfen Unterschriften für den
Volksentscheid zu sammeln.
«Es gibt in Berlin
Busse, die für den größten Edelpuff der Stadt werben,
religiöse Aufkleber findet man überall, aber eine atheistische
Kampagne soll nicht möglich sein?» fragt Möller.
Seine Kampagne wird von mehreren Vereinen und der Giordano-Bruno-Stiftung
unterstützt. Gemeinsam mit sechs Mitstreitern sammelte Möller
bislang über 27.000 Euro Spenden für die Aktion. Das Ziel
ist, drei Monate lang Anzeigen auf Bussen in Berlin, München
und Köln zu finanzieren.
Initiative hofft jetzt auf Hamburg, Leipzig, Fulda oder Dortmund
Nach den Absagen mehreren
Städte hofft Möller nun auf mehr Erfolg in Hamburg, Leipzig,
Fulda oder Dortmund. «Spätestens in Dortmund muss man
uns zulassen», sagt er. In der Stadt hatten die Verkehrsbetriebe
einen Bus des Katholischen Forums mit der Aufschrift «Keine
Sorge: Es gibt Gott. Also schönen Tag» akzeptiert. Die
Dortmunder Verkehrsbetriebe winken jedoch ab, die Atheisten-Kampagne
sei kein Thema.
«Wir hatten eine
Kampagne des Katholischen Forums, aber eigentlich werben wir überhaupt
nicht mit religiösen Aussagen», sagt Jutta Sprungmann,
die bei «bus-und-bahn.de» Dortmund für die Verkehrsmittelwerbung
zuständig ist. Über den Bus des Katholischen Forums mit
der Aufschrift hätten im Stau stehende Autofahrer schmunzeln
können, erläutert Sprungmann. Bei einer Atheismus-Kampagne
könne man jedoch nicht so sicher sein, ob sich Menschen beleidigt
fühlten und im Zweifelsfall sogar Busse beschädigten.
Auch in anderen Ruhrgebietsstädten
wie Bochum oder Gelsenkirchen werden Möller und seine Mitstreiter
wohl nicht landen können. «Es gibt weder religiöse
noch rassistische noch sexistische Reklame bei uns», stellt
Sandra Bruhns, Sprecherin bei der Bochumer und Gelsenkirchener Straßenbahngesellschaft,
klar. «Politiker, die Flyer verteilen, werden Sie bei uns
auch nicht finden.» Philipp Möller will dennoch nicht
aufgeben. «Wir probieren es so lange, bis es in einer deutschen
Stadt klappt», sagt er trotzig und verweist zugleich auf Plan
B: Notfalls werde die Initiative auf Plakate ausweichen.
Was will Buskampagne.de?
Buskampagne.de will nach
eigenen Angaben die britische Atheist Bus Campaign nach Deutschland
bringen. Auch hierzulande hätten "säkulare Menschen
mittlerweile genug davon, ständig übersehen
oder missachtet zu werden".
Die Beschriftung auf
Busse solle öffentlich bekunden, dass eine nicht-religiöse,
aufgeklärte Weltsicht eine positive Möglichkeit darstellt.
"Nicht-Religiöse, Agnostiker und Atheisten sollen wahrnehmen
können, dass sie nicht alleine sind. Sie sollen mutiger werden,
sich gegen religiösen Hochmut zur Wehr zu setzen und sich in
die öffentlichen Debatten einzumischen. Das Leben ohne einen
Gott kann eine Bereicherung sein: angstfrei, selbstbestimmt, bewusst,
tolerant und frei von Diskriminierungen."
Die Kampagne wird laut
www.buskampagne.de
von folgenden Organisationen unterstützt:
Alibri Verlag
bfg - Bund für Geistesfreiheit (München und Bayern)
DFW - Dachverband Freier Weltanschauungsgemeinschaften e.V.
Giordano Bruno Stiftung - Stiftung zur Förderung des evolutionären
Humanismus
IBKA - Internationaler Bund der Konfessionslosen und Atheisten
e. V.
Quelle: jesus.de-Newsletter
vom 10.04.2009 / epd
Autor dieser Webseite:
Uwe Schütz
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