Reaktionen auf die Rede von Netanjahu
Arabische Welt enttäuscht - Der Westen eher positiv überrascht
16.06.09: Die Reaktionen
auf die Grundsatzrede
des neuen israelischen Premierminister Benjamin Netanjahu ("Bibi")
vom Sonntag (14.06.09) könnten kaum unterschiedlicher sein.
Die Palästinenserführung in Ramallah hat enttäuscht
auf die lang erwartete reagiert. Im Editorial der syrischen Staatszeitung
"Tischrin" wurde dem Regierungschef das Streben nach "Apartheid"
unterstellt. Positive Töne waren hingegen aus dem Westen zu
hören: US-Präsident Barack Obama sprach von einem "wichtigen
Schritt nach vorn".
Palästinenser stößt sich vor allem am ungeteilten
Jerusalem
Nabil Abu Rudeineh, Sprecher
von Palästinenserpräsident Mahmud Abbas, kritisierte die
Ansprache Netanjahus. Diese habe alle Initiativen sabotiert und
alle Bemühungen gelähmt. Der Palästinenser bemängelte
vor allem die Forderung des israelischen Regierungschefs nach einem
vereinten Jerusalem und die Ankündigung, dass es kein Rückkehrrecht
für palästinensische Flüchtlinge in den Staat Israel
geben könne. "Das wird nicht zu einem kompletten und gerechten
Frieden führen. Seine Bemerkungen sind nicht genug und werden
keine Lösung bringen", sagte Rudeineh laut der Tageszeitung
"Jediot Aharonot".
"Netanjahus Rede
war eine rechtsstehende Rede, welche die Basis für Verhandlungen
zerstört hat, indem von einem vereinten Jerusalem gesprochen,
die Problematik der Flüchtlinge ausgeblendet und die Anerkennung
eines jüdischen Staates gefordert wurde. Das ist eine Rede,
in der feste Bedingungen gefordert werden", zitiert das Blatt
einen nicht namentlich genannten Vertreter der Palästinensischen
Autonomiebehörde (PA).
Laut dem palästinensischen
Minister für Arbeit im Westjordanland,
Ahmed Madschdalani, biete Netanjahus Rede keine Grundlage für
Verhandlungen. "Netanjahu hat Präsident Abbas zwar zu
Verhandlungen eingeladen, aber er hat die Infrastruktur entfernt,
die solche Verhandlungen erlauben würde, ähnlich wie in
seinem Aufruf an die arabischen Führer", so Madschdalani.
Die Hamas-Führung
im Gazastreifen
warf Netanjahu "rassistische und extremistische" Ideologien
vor, mit denen er "alle Rechte des palästinensischen Volkes
abstreitet".
Syrische Zeitung: "Netanjahu
will Apartheidpolitik"
Negative Reaktionen auf
die Rede Netanjahus kamen auch aus Syrien. Im Editorial der staatlichen
syrischen Tageszeitung "Tischrin" vom Montag heißt
es: "Die zionistische Regierung stimmt laut Netanjahus Rede
der Errichtung palästinensischer Bezirke zu, die an die schwarzen
'Bezirke' in Südafrika zu Zeiten des rassistischen Regimes
erinnern".
US-Präsident Obama sieht Chance für neue Verhandlungen
US-Präsident Obama
zeigte sich zufrieden mit Netanjahus Rede. Er hat dazu aufgerufen,
die Lage im Nahen Osten nicht nach den ersten Reaktionen auf die
Rede von Israels Premierminister Netanjahu zu beurteilen. Gleichzeitig
zeigte sich der israelische Regierungschef enttäuscht über
die negative Resonanz der arabischen Welt auf seine Ansprache. "Ich
denke, jedes Mal, wenn ein israelischer Premierminister sich äußert,
ist die erste Reaktion auf der anderen Seite negativ. Wenn die andere
Seite eine Erklärung abgibt, ist die Reaktion in Israel oft
negativ", so der US-Präsident. Netanjahu habe zwar viele
Bedingungen genannt, aber "immerhin sehen wir die Möglichkeit,
dass wir wieder mit ernsthaften Verhandlungen beginnen können",
sagte Obama im Anschluss an ein Treffen mit Italiens Premierminister
Silvio Berlusconi am Montag in Washington. Dies meldet die Tageszeitung
"Jerusalem Post".
Obama wies darauf hin,
dass über die israelischen Sicherheitsbedingungen ebenso wie
über die palästinensischen Ansprüche auf Souveränität
verhandelt werden müsse. Dabei betonte er erneut, dass Israel
den Siedlungsbau stoppen müsse. Die Palästinenser rief
er dazu auf, Israel anzuerkennen und auf anti-israelische Rhetorik
in Schulbüchern zu verzichten.
EU-Ratspräsident: "Akzeptanz von Palästinenserstaat
ist gegeben"
Auch die tschechische
Regierung, die bis Ende Juni die EU-Ratspräsidentschaft inne
hat, begrüßte die Rede des israelischen Premiers. Außenminister
Jan Kohout bezeichnete Netanjahus Befürwortung eines Palästinenserstaates
als "Schritt in die richtige Richtung". Es bedürfe
zwar noch einer "weiteren Analyse", aber die "Akzeptanz
eines Palästinenserstaates ist gegeben", sagte Kohout
am Sonntag bei seiner Ankunft in Luxemburg vor Journalisten.
Dort findet derzeit ein
Treffen der EU-Außenminister statt. Im Laufe des Montags werden
sich diese mit Israels Außenminister Avigdor Lieberman treffen.
Diese geht dann an Schweden über. Der schwedische Außenminister
Carl Bildt nannte Netanjahus Rede einen "kleinen Schritt nach
vorn".
Laut dem finnischen Außenminister
Alexander Stubb reiche Netanjahus Schritt noch nicht für eine
Verbesserung der europäischen Beziehungen zu Israel aus.
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