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Hilflos gegen Flammenmeer im Karmelgebirge

Israel kämpft verzweifelt gegen die größte Brandkatastrophe seiner Geschichte

04.12.2010: Kampf gegen die Flammen im Karmel Hai-Bar Nationalpark, Haifa, Israel
04.12.2010: Kampf gegen die Flammen im Karmel Hai-Bar Nationalpark, Haifa, Israel Foto: The Israel Project

03. Dezember 2010: Das Karmelgebirge bei Haifa brennt lichterloh. Bis in die Morgenstunden wurden 42 Leichen zum pathologischen Institut in Abu Kabir gebracht, die meisten bis zur Unkenntlichkeit verbrannt.

In Krankenhäusern kämpfen Schwerverletzte um ihr Leben, darunter auch die beliebte Kommandeurin der Polizei von Haifa, Ahuva Tomer. Sie war ins Feuer gefahren, um die Insassen eines lodernden Busses zu retten. Im Bus saßen Auszubildende eines Kurses für Gefängniswächter. Die 40 jungen Menschen, Frauen wie Männer, Juden und Drusen, wurden von Ramle zum Damun-Gefängnis geschickt, um dort einsitzende 250 jüdische wie arabische Kleinverbrecher zu evakuieren. Angeblich konnten sie den brennenden Bus noch verlassen. Doch in einer Lichtung verbrannten sie fest umklammert lebendigen Leibes.

"Wir standen vor 50 Meter hohen Flammenmauern, und das Feuer lachte uns aus. Das ist kein Brand, sondern Krieg gegen einen Feind." So beschrieb Feuerwehroffizier Chezi Levi eine der größten Katastrophen in der Geschichte Israels.

Auch am zweiten Tag greift das Feuer bei wechselnden Windrichtungen weiter um sich

Auch am zweiten Tag des Großfeuers ist noch nicht die Zeit gekommen, Bilanz zu ziehen. Das Feuer greift bei wechselnden Windrichtungen um sich, in Sprüngen von 50 Metern. "Wenn ein einziger Baum Feuer fängt, explodieren die Tannenzapfen und verstreuen das Flammenmeer innerhalb von Sekunden weiter", erzählt ein Augenzeuge.

In der Nacht zum Freitag wurden 17.000 Menschen evakuiert, aus Vororten von Haifa, aus drusischen Dörfern im Karmelgebirge, aus mehreren Gefängnissen, einer Anstalt für Geisteskranke, Hotels und Kibbutzim. Kibbutz Beit Oren gibt es angeblich nicht mehr. Das weltberühmte Künstlerdorf Ein Hod ist akut gefährdet. Eine der schönsten Landschaften in ganz Israel, die "Kleine Schweiz" ist angeblich schwarz verrußt.

Naturschutzgebiete werden 50 Jahre benötigen, um sich zu regenerieren. Niemand weiß, wie viele Tiere im Flammenmeer umgekommen sind. "Vögel und Säugetiere können sich vielleicht retten, nicht aber die Kriechtiere. Ein komplettes Ökosystem wurde zerstört", erklärte eine Mitarbeiterin des Chai-Bar, wo verletzte Tiere gesund gepflegt wurden. Die Vögel konnten in Sicherheit gebracht werden. Die Säugetiere wurden zu einer Waldlichtung geführt, wo sie von Flammen umgeben sind. Am Freitag sprang das Feuer über eine Autobahn, sodass Haifa von Tel Aviv abgeschnitten ist.

Hilfe auch aus der Türkei

Am Donnerstagabend rief Premierminister Benjamin Netanjahu die Weltgemeinschaft auf, dem hilflosen und ohnmächtigen Israel zu helfen. Im ganzen Land gibt es nur 1.700 professionelle Feuerwehrmänner und keine großen Löschflugzeuge. Zypern schickte seinen einzigen Löschhubschrauber. Griechenland, Italien, Bulgarien, Spanien, Kroatien schickten Verstärkung. Sogar die neuerdings mit Israel verfeindete Türkei versprach infolge einer deutschen Aufforderung Hilfe. Aus Bulgarien flogen 92 Feuerwehrmänner ein. Netanjahu telefonierte in der Nacht mit den russischen Premierminister Wladimir Putin. Dieser sandte drei Flugzeuge, darunter eine Illjuschin 76, das größte und effektivste Löschflugzeug der Welt. Es kann mehrere Tonnen Wasser aus dem nahegelegenen Mittelmeer im Fluge tanken und Minuten später großflächig über die Feuerherde verspritzen. Jordanien schickte zwei Löschzüge und auch Ägypten bot Hilfe an. Ausdrücklich bedankte sich Netanjahu beim türkischen Regierungschef Recep Tayyip Erdogan für die Entsendung von zwei Hubschraubern.

Die Meteorologen schütten weiteres Öl in das Gefühl der Hilflosigkeit. Seit dem Frühjahr hat es nicht mehr geregnet. Das Gestrüpp und die Bäume sind durch den langen Sommer ausgetrocknet. Für das Wochenende ist weiterer Föhn mit wechselnden Windrichtungen und Sturmböen angesagt. Frühestens am Montag könnte es abkühlen und vielleicht sogar regnen.

Brandstiftung oder Unachtsamkeit

Das Feuer brach am Donnerstag um 11.25 Uhr Ortszeit in einem Tal beim drusischen Dorf Usfijeh aus, konnte nicht gelöscht werden und breitete sich dann unkontrolliert in Windeseile aus. Noch ist unbekannt, was das Feuer auslöste: Brandstiftung oder Unachtsamkeit. Der Bürgermeister von Usfijeh, Wadschi Kajuf, dementierte, dass von einer "illegalen Müllkippe" am Rande der Ortschaft das Feuer ausgegangen sei: "Die Müllkippe gibt es noch, völlig unverbrannt."

Bisher schweigt der eigentliche Verantwortliche: Innenminister Eli Ischai von der frommen Schasspartei. Ihm untersteht die Feuerwehr. Trotz Raketenbeschuss und Waldbränden während des Libanonkrieges im Sommer 2006 habe er nicht für den Ankauf von Löschflugzeugen gesorgt und die Feuerwehr mit modernen Geräten ausgestattet. Am Donnerstag gingen in Israel sogar die Reserven feuerhemmender Chemikalien aus. Ein EL AL-Flugzeug brachte in der Nacht Nachschub aus dem südfranzösischen Toulouse.

Quelle: Israelnetz.de-Newsletter

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