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"Toleranzgrenze überschritten"

Bundesland Hessen verbietet Burka im öffentlichen Dienst

02.02.2011: Das Land Hessen verbietet das Tragen von Burkas im öffentlichen Dienst. Einen entsprechenden Erlass werde er noch am selben Tag unterschreiben, sagte Innenminister Boris Rhein (CDU) am heutigen Mittwoch im Wiesbadener Landtag. Grundsätzlich sei das Tragen einer Burka im öffentlichen Dienst «nicht erwünscht». Nach Ansicht des Staatsrechtlers Hans Michael Heinig lässt das Tragen einer Burka im öffentlichen Dienst an der generellen Eignung zweifeln. Anders als das Kopftuch berühre die Vollverschleierung nicht nur Fragen der religiös-weltanschaulichen Neutralität, sagte Heinig dem epd (Evangelischer Pressedienst)..

Hintergrund ist eine Muslimin, die nach ihrer Elternzeit nicht mehr Kopftuch, sondern Burka im Amt tragen will

Hintergrund ist der Fall einer Angestellten des Frankfurter Bürgeramts, die nach ihrer Elternzeit jetzt in Vollverschleierung zur Arbeit erscheinen will. Die Stadt hat ihr untersagt, den Dienst in einer Burka anzutreten. Derzeit bleibt die 39-jährige Muslimin der Arbeit ohne Bezüge fern; ihr Rechtsanwalt verhandelt mit der Stadt.

Die Stadt hat nach den Worten von Personaldezernent Markus Frank (CDU) der Mitarbeiterin aus Rücksicht auf ihre Privatsphäre am Montag empfohlen, ihren Dienstantritt zu verschieben. Im Bürgeramt sei sie im Publikumsverkehr tätig und nehme Passanträge und Anmeldungen entgegen. Würde die Mitarbeiterin in der Burka zum Dienst erscheinen, würde sie wieder nach Hause geschickt. So lange sie der Arbeit fernbleibe, ruhten die Bezüge. Vor ihrer Elternzeit habe die Mitarbeiterin jahrelang ein Kopftuch getragen. Nun bestehe sie auf einer Vollverschleierung.

Erlass gilt für Landesbedienstete, Kommunen regeln ihre Angelegen selbst

Innenminister Rhein begründete sein Vorgehen mit der westlichen Kultur: Vollständig verhüllte Frauen vermittelten ein Bild, das sich mit freiheitlichen und weltoffenen Werten nicht vereinbaren lasse. Rhein sagte, dass es Ausnahmen geben könne: «Es wird Fälle geben, wo man möglicherweise ein Auge zudrücken kann.» Gemeint sind offenbar Angestellte wie Reinigungskräfte, die zur Nachtzeit tätig sind. Der Minister unterstrich, dass der Erlass unmittelbar nur für die Landesbediensteten gelte. Die Kommunen müssten die Angelegenheit selbst regeln. An der Landesregelung könnten sich Landkreise, Städte und Gemeinden aber orientieren.

Uwe Lübking vom Städte- und Gemeindebund sagte, das Tragen einer Burka im öffentlichen Dienst verstoße gegen die Neutralitätspflicht des Staates. Gleichzeitig verwies er darauf, dass jeweils vor Ort geklärt werden müsse, wie im Einzelfall entschieden werden solle.

In einem freiheitlich-demokratischen Gemeinwesen, habe der Bürger ein Recht darauf zu wissen, wer ihm als Repräsentant des Staates gegenübertritt. «Wer im öffentlichen Dienst im Kontakt mit Bürgern arbeitet, kann keine Burka tragen», sagte der Rechtswissenschaftler Heinig.

«Der freie Mensch zeigt dem anderen sein Antlitz.»

Der Rechtswissenschaftler Heinig verweist auf das Sondervotum zum Kopftuch-Urteil des Verfassungsgerichts, in dem es heißt: «Der freie Mensch zeigt dem anderen sein Antlitz.» Die Vollverschleierung werde damit zu einem Grenzfall für die Menschenwürde erklärt. So weit müsse man nicht gehen, ergänzte Heinig, der das Kirchenrechtliche Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland leitet. Allerdings müsse der Staat selbst Gesicht zeigen, unterstreicht der Staatsrechtler. Für den öffentlichen Dienst sei deshalb ungeeignet, wer sich diesem Grundgebot des offenen Verfassungsstaates schlicht verweigere.

Ausländervertretung: «Grenze der Toleranz in einem öffentlichen Amt überschritten»

Nach der Kommunalen Ausländervertretung unterstützt nun auch der Frankfurter Rat der Religionen die Haltung der Stadtverwaltung. Mit der Vollverschleierung sei «eine Grenze der Toleranz in einem öffentlichen Amt überschritten», erklärte der Rat am Mittwoch. Die Stadt habe ein legitimes Interesse daran, die offene und ungehinderte Kommunikation zwischen ihren Angestellten und den Bürgern zu gewährleisten. Die muslimischen Vertreter im Rat legen der Angestellten nahe, ein Kleidungsstück zu wählen, «das sowohl religiöse Vorschriften erfüllt als auch die Interessen der Öffentlichkeit beachtet», etwa ein Kopftuch.

Auch Niedersachsen prüft eine gesetzliche Regelung über das Tragen der Burka

Nach Hessen will auch Niedersachsen das Tragen der Burka in Ämtern und Behörden verbieten. «Die Burka hat im öffentlichen Dienst nichts zu suchen», sagte der niedersächsische Innenminister Uwe Schünemann (CDU) der in Hannover erscheinenden «Neuen Presse» (Donnerstagsausgabe). Der Bundesgesetzgeber habe sich leider bislang nicht festgelegt. Niedersachsen prüfe zurzeit eine eigene gesetzliche Regelung sowohl für Angestellte als auch Beamte.

Unterstützung kommt von Niedersachsens Integrationsministerin Aygül Özkan (CDU). «Eine Burka in einem Bürgeramt zu tragen, überschreitet das Prinzip der Toleranz», sagte Özkan der Zeitung. Der Bürger habe Anspruch darauf, «dass eine Verwaltung auch Gesicht zeigt».

Bayerns Innenminister Herrmann: "Burka ist mit unseren Wertvorstellungen unvereinbar – öffentlicher Dienst muss sich zu unseren Werten bekennen"

Innenminister Joachim Herrmann hat die Ankündigung von Hessens Innenminister Boris Rhein begrüßt, den im öffentlichen Dienst des Landes Hessen Beschäftigten das Tragen einer Burka während der Dienstzeit zu verbieten: "Die Burka ist für mich eines der schärfsten Zeichen für die Unterdrückung und Diskriminierung von Frauen. Mit unseren Wertvorstellungen von einer pluralistischen, demokratischen Gesellschaft ist sie überhaupt nicht zu vereinbaren". Der Staat müsse immer und überall für Menschenwürde und Gleichberechtigung stehen. Eine vollständige Verschleierung an Behörden oder Schulen habe da überhaupt keinen Platz. "Wer für den Staat arbeitet, muss sich jederzeit durch Wort und Tat zu dessen Werten bekennen", so Herrmann. In Bayern habe bislang kein Handlungsbedarf für ein Burka-Verbot bestanden, da bislang kein Fall einer Burka-Trägerin im öffentlichen Dienst bekannt sei. Der Innenminister lässt jedoch keinen Zweifel: "Wenn bei uns ein vergleichbarer !
Fall wie jetzt in Hessen auftreten sollte, halte auch ich ein Verbot der Burka für den öffentlichen Dienst für geboten."

Quelle: jesus.de-Newsletter vom 02.02.2011 / epd und Presseinfo des Bayerischen Innenministeriums

Autor dieser Webseite: Uwe Schütz

 

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