Martin Luther Kinggesendet am 29.03.2009 von Elsbeth Rosen |
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Teil I Martin Luther King war der Sohn des Baptistenpastors Michael Luther King und der Lehrerin Alberta King. Vor 80 Jahren, am 15. Januar 1929 wurde er in Atlanta in Georgia, heute eine Partnerstadt von Nürnberg, geboren. Zunächst erhielt er den Vornamen Michael, wie sein Vater. Erst sechs Jahre später wurde aus Michael King Martin Luther King. "Ich will, dass er ein Reformator wird", sagte sein Vater. Für ihn, der sich selber vehement für die Menschenrechte der schwarzen Bevölkerung einsetzte, war der Reformator Martin Luther ein Vorbild, ein Vorkämpfer für Freiheit und Recht. Martin Luther King wuchs auf in einem Umfeld der Diskriminierung. Menschen- und Bürgerrechte galten nur für die weiße Bevölkerung. In seiner Heimatstadt Atlanta, ja in allen Südstaaten der USA, herrschte strengste Rassentrennung: es gab nach Hautfarbe getrennte Geschäfte und Kirchen, getrennte Zugabteile für Weiße und Schwarze, es gab sogar Parkanlagen und Parkbänke, die nur von Weißen benutzt werden durften. In den öffentlichen Verkehrsmitteln hatten die Weißen grundsätzlich das erste Recht auf einen Sitzplatz. Beleidigungen und Beschimpfungen durch Weiße waren für die schwarze Bevölkerung an der Tagesordnung. Davon blieb auch der kleine Martin Luther King nicht verschont. Aber schon als Kind weigerte er sich, mit Gewalt darauf zu reagieren, er stellte sich einfach taub, tat so, als habe er nichts gehört. Wenn ihn seine Kameraden deshalb feige nannten, verteidigte er sich nicht. Damals hätte ihm keiner vorausgesagt, dass er einmal als Anführer der Bürgerrechtler weltbekannt werden würde. Als kleiner Junge wollte King, wie viele andere in seinem Alter auch, Feuerwehrmann werden. Später hatte er vor, einen Beruf zu ergreifen, bei dem er Menschen helfen konnte, er wollte Arzt werden oder als Rechtsanwalt für Recht und Gerechtigkeit kämpfen. Erst auf dem College entschied er sich dafür, Philosophie und Theologie zu studieren. Er begann seine Ausbildung in Atlanta und schon mit 17 Jahren wurde er zum Baptistenpastor ordiniert. Anschließend setzte er sein Studium am theologischen Seminar und an der Harvard Universität in Boston fort. Bereits mit 25 Jahren erhielt der begabte Student dort den Doktortitel. Verlockende Lehrangebote bedeutender Universitäten folgten. Viele erwarteten, dass Dr. Martin Luther King eines dieser Angebote annehmen und eine akademische Laufbahn an der Universität einschlagen oder wenigstens eine Pfarrstelle in New York antreten würde, aber schon als Student war King bewusst, dass man nicht schwarz sein konnte, ohne das Schicksal der schwarzen Menschen auf sich zu nehmen. Er erklärte:
So war es nur logisch, dass
er sich entschloss, zusammen mit seiner Frau, der Sängerin Coretta
Scott, zurück in den Süden zu gehen. Er schrieb dazu:
Martin Luther King hatte seine Stelle als Pastor einer Baptistengemeinde in Montgomery angetreten in der Erwartung, dass dort im Süden Bedeutendes auf dem Gebiet der Rassentrennung geschehen würde. Da wollte er unbedingt dabei sein. Diese erhofften Ereignisse begannen eineinhalb Jahre später, am 1. Dezember 1955, und veränderten das Leben Martin Luther Kings von einem Tag auf den anderen. Der Anlass dazu war etwas ganz Alltägliches, ein überfüllter Bus. Im vorderen Teil saßen 12 Weiße, im hinteren 24 Schwarze. An der nächsten Haltestelle stiegen noch einige Weiße zu, für die kein Sitzplatz mehr frei war. Der Fahrer schritt die Reihen der Schwarzen ab und forderte sieben von ihnen auf, ihre Plätze den weißen Fahrgästen zu überlassen. Sechs gehorchten, aber die siebente, Rosa Parks, eine Kaufhausnäherin, blieb sitzen. Sie sei müde, sagte sie, und es gäbe kein Gesetz, das sie verpflichte, ihren Platz zu räumen. Der Fahrer hielt an und rief die Polizei. Rosa Parks wurde von den Polizisten aus dem Bus gezerrt und verhaftet. Nach Bezahlung einer Buße von 10 Dollar kam sie wieder frei. Die Nachricht von diesem Vorfall, breitete sich rasend schnell unter den schwarzen Bürgern der Stadt aus und hatte unerwartete Folgen. Es kam zu lautstarken Protesten der schwarzen Bevölkerung. Ihre Führer, allen voran Martin Luther King, den sie zu ihrem Sprecher gewählt hatten, riefen dazu auf, die öffentlichen Busse zu boykottieren. Flugblätter wurden gedruckt, die Pfarrer warben in ihren Gottesdiensten für den Boykott. Und ihre Aufrufe hatten Erfolg: Vier Tage nach der Verhaftung von Rosa Parks waren tatsächlich die Busse, die sonst Tausende von schwarzen Menschen zu ihrer Arbeitsstelle fuhren, leer. Aber das war erst der Beginn des Protestes. In seinem ersten Film-Interview erklärte Martin Luther King:
Tatsächlich dauerte der Streik der 50.000 schwarzen Bürger Montgomerys 381 Tage, mehr als 13 Monate. Weder Drohungen noch Anklagen, noch Verhaftungen, noch Gewalttätigkeiten durch weiße Extremisten brachen den Willen der schwarzen Bevölkerung. Martin Luther King hatte es verstanden, ihnen das Bewusstsein der Solidarität zu geben und sie zu lenken. Auch King selbst wurde in dieser Zeit festgenommen, sein Wohnhaus wurde gesprengt und er bekam mehrere Morddrohungen. Trotzdem kam es zu keiner einzigen Gewalttat der protestierenden Schwarzen Und der Busboykott hatte Erfolg. Er endete mit einem kompletten Sieg der um die Gleichberechtigung kämpfenden Schwarzen, nämlich mit einem Erlass des Obersten Gerichtshofes, der jegliche Art von Rassentrennung in öffentlichen .Verkehrsmitteln der Stadt für gesetzwidrig erklärte. Die Bürgerrechtsbewegung hatte einen entscheidenden Durchbruch erreicht, nicht nur für die Stadt Montgomery. Der gewaltlose, disziplinierte Widerstand gab den Schwarzen ein ganz neues Lebensgefühl. Einem Reporter gegenüber drückte das ein schwarzer Pförtner so aus: "Wir haben den Kopf jetzt hochbekommen, und wir werden ihn nie wieder beugen - nein, Sir, nur vor Gott"!
Nach dem erfolgreichen Busboykott in Montgomery stand der 27-jährige Pastor Martin Luther King plötzlich im Rampenlicht der Öffentlichkeit. Nicht nur in den USA, in der ganzen Welt wurde sein Name mit Achtung und Bewunderung genannt. Aber King zog sich nach diesem Erfolg nicht wieder ganz auf seine Pfarrstelle zurück. Zusammen mit anderen schwarzen Pastoren gründete er die "Konferenz christlicher Führer des Südens" und setzte sich als ihr Präsident weiter für den gewaltlosen Kampf gegen den Rassenhass ein. Im Jahr 1957 reiste er durch ganz Amerika, führte Friedensmärsche durch und hielt über 200 öffentliche Reden, in denen er die Ungerechtigkeiten in der Gesellschaft anprangerte und für den Frieden unter den Menschen, egal welcher Hautfarbe, aufrief. In Mahatma Gandhi, dem Führer des gewaltlosen Widerstandes in Indien, sah King einen Mann, der die Ethik Jesu zu einer wirksamen sozialen Macht erhoben hatte. 1959 reiste er deshalb nach Indien, um dessen Methoden des Widerstandes zu studieren. Kings Handeln wurde jedoch nicht von der Philosophie Gandhis, sondern entscheidend von seiner christlichen Überzeugung und dem Gebot Jesu, sogar seine Feinde zu lieben, bestimmt. Die Problematik der Rassentrennung beurteilte er von seinem Glauben her:
1960 gab King seine Stelle als Pastor in Montgomery ganz auf, um sich auch überregional intensiver für die Gleichberechtigung der Schwarzen einzusetzen. 1962 traf er Präsident Kennedy in Washington und bat um seine Unterstützung für die Ziele der schwarzen Bevölkerung. Kennedy sagte ihm seine Hilfe zu. Viele Weiße schlossen sich der Bürgerrechtsbewegung an. Aber nicht alle Schwarzen waren mit Kings Programm der Gewaltlosigkeit einverstanden. Dauernd stand er im Kreuzfeuer von weißen und schwarzen Extremisten, die sein christliches Programm lächerlich machten. Beide meinten, mit Gewalt ihre Ziele schneller erreichen zu können. King gelang es oft nur mit großer Mühe die Demonstrationen in den Städten gewaltfrei durchzuführen. Nicht selten warf man ihn ins Gefängnis oder man verurteilte ihn zu Geldstrafen. Bei Demonstrationen wurde er durch Steinwürfe verletzt, Verleumdungen, Demütigungen und Drohungen waren an der Tagesordnung. Auf sein Haus in Montgomery wurde ein Bombenanschlag verübt, dem seine Familie nur wie durch ein Wunder entging. Tausende von Menschen belagerten daraufhin das Rathaus der Stadt. Die Stadtverwaltung wusste schließlich keinen anderen Rat mehr, als King um Hilfe zu bitten. Ihm gelang es schließlich, die aufgebrachten Menschen zu beruhigen, indem er in die Menge hineinrief:
Liebe war sein oberstes Prinzip. Er wollte keine Rache an den Weißen, er hasste oder verachtete sie nicht. Er strebte nicht die Herrschaft der Schwarzen an. Was er wollte, hat er seinen Mitstreitern deutlich klar gemacht:
Teil IV 1963 wird für die Bürgerrechtsbewegung ein historisches Jahr. Martin Luther King schließt sich der Kampagne gegen die Ungerechtigkeit zwischen Schwarz und Weiß in der berüchtigten Stadt Birmingham in Alabama an. In dieser Stadt wird die Rassentrennung besonders brutal durchgesetzt. Hier organisiert King Demonstrationen für die Registrierung Schwarzer in die Wählerlisten und Aktionen für bessere Schulbildung und Wohnungen. Die Stadtverwaltung reagiert mit großer Brutalität: Die gewaltlosen Demonstrationen werden erbarmungslos gesprengt, scharfe Hunde werden auf die wehrlosen Menschen, ja sogar auf Kinder gehetzt, viele Teilnehmer werden verhaftet. Auch Martin Luther King wird mehrmals festgenommen. Nur durch ständiges Reden erreicht er, dass keine Gewalt unter den Schwarzen ausbricht. Er schreibt, dass seiner Meinung nach, ein Sieg in Birmingham eine positive Auswirkung auf den gesamten Süden haben wird. Und er behält Recht. Innerhalb von wenigen Monaten nach den Aktionen in Birmingham marschieren in nahezu 1000 Städten fast 1.000.000 Schwarze mit ihren weißen Verbündeten und demonstrieren für Frieden, Freiheit und Gerechtigkeit. Im August des gleichen Jahres führt Martin Luther King den historischen Marsch auf Washington an. Damit soll Druck auf den Kongress ausgeübt werden, endlich die Integrationsgesetze in Kraft zu setzen. Vor 300 000 Menschen hält King zu Füßen der Statue von Abraham Lincoln seine berühmte Rede "I have a dream "
Die Ermordung von Präsident Kennedy am 22. November 1963 ist ein harter Schlag für die Bürgerrechtsbewegung, hat sie mit ihm doch ihren mächtigsten Unterstützer verloren. Aber auch Kennedys Nachfolger, Lyndon B. Johnson, sieht die Zeit gekommen für eine Beendigung der Rassentrennung. Er sorgt dafür, dass am 19. Juni 1964 endlich die historischen Bürgerrechtsgesetze verkündet werden. Nachdem er diese unterzeichnet hat, überreicht er den Füller dem Mann, der mit seinen Aktionen den Anstoß dazu gegeben hat, Martin Luther King. Im Dezember desselben Jahres erhält King als Wortführer des gewaltlosen Kampfes gegen die Rassentrennung den Friedensnobelpreis und ist mit seinen 35 Jahren der jüngste Nobelpreisträger überhaupt. Nun sind zwar einige Gesetze für die Integration der Schwarzen verabschiedet, aber in den Köpfen von vielen Weißen sind sie noch nicht angekommen. Deshalb organisiert King in den folgenden Jahren weitere Protestkundgebungen für die Umsetzung der neuen Rechte. Diese werden teilweise massiv gestört durch bewaffnete weiße Milizen, die von uniformierten Neonazis und Mitgliedern des Ku Klux Klan angeführt werden. Aber auch von schwarzen Extremisten, die meinen, mit Gewalt ihre Ziele schneller erreichen zu können, wird King angefeindet. Sogar einige seiner Glaubensbrüder wenden sich gegen ihn. Bei einer seiner großen Kampagnen 1967 stellen sich ihm in Chicago öffentlich schwarze Baptisten entgegen. Im Jahr 1968 streiken in Memphis in Tennessee die Angestellten der städtischen Müllabfuhr gegen die ungerechte Behandlung durch den neuen Bürgermeister. King soll vermitteln. Seinen ersten Protestmarsch zum Rathaus von Memphis nutzen schwarze Extremisten zu Tumulten und Plünderungen. Er bereitet einen zweiten vor. Aber dazu kommt es nicht mehr. Am 4. April wird er während einer Abendveranstaltung auf dem Balkon seines Motels in Memphis erschossen. Er wurde nur 39 Jahre alt. Kings Witwe Coretta berichtete nach seiner Ermordung, er habe immer gewusst, dass sein Leben plötzlich gewaltsam enden könnte. Einen Tag vor seinem Tod hatte er vor einer Baptistengemeinde in Memphis gesagt:
Auf einem Mauleselkarren, dem Symbol der Armut in den Südstaaten, wurde der Sarg von Martin Luther King zum Friedhof gefahren. Etwa 50.000 schwarze und weiße Amerikaner nahmen an dem Trauergottesdienst teil. Auf dem Weg zum Grab sangen sie das Kampflied der Bürgerrechtsbewegung "We shall overcome - Wir werden überwinden." Auf Kings Grabstein stehen die Worte: "Free At
Last, Free At Last. Endlich frei! Dank sei dir, allmächtiger Gott, ich bin endlich frei!
Der weiße entflohene Häftling James Earl Ray wurde wegen des Mordes an King festgenommen. Er legte ein Geständnis ab und wurde zu 99 Jahren Gefängnis verurteilt. Später widerrief er sein Geständnis. Im Dezember 1999 kam ein Gericht in Memphis zu dem Schluss, dass King keinem Einzeltäter zum Opfer gefallen war. Bis heute sind die genauen Umstände der Tat ungeklärt. Elsbeth Rosen, 06.03.2009 |
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