Ohne Zweifel
Vor 35 Jahren: Angebliche
Hitler-Tagebücher gefunden
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Titelseite
der Zeitschrift Stern Heft 18/1983: Hitlers Tagebücher
gefunden. Urheber: Gruner + Jahr (Verlag)
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25.04.1983: Auf einer
internationalen Pressekonferenz in ihrem Verlagshaus Gruner + Jahr
gibt die Illustrierte Stern bekannt, nach dreijährigen
Recherchen seien Hitlers Tagebücher gefunden worden.
An ihrer Echtheit könne nicht gezweifelt werden. Peter Koch,
Chefredakteur des Stern, schlussfolgert: Die Geschichte
des Dritten Reiches wird in großen Teilen neu geschrieben
werden.
Drei Tage später
(28.04.1983) beginnt der Stern mit der Veröffentlichung
von Tagebuchauszügen. Eine Woche darauf (06.05.1983)
wird das Ergebnis der BKA-Untersuchung bekannt: Es handelt
sich zweifelsfrei um eine Fälschung.
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Was zur größten
journalistischen Sensation der Nachkriegszeit werden sollte, ging
als bislang größter Presse-Flop aller Zeiten in die Geschichte
ein, formulierte die Deutsche Welle.
Diese Blamage hätte
sich der Verlag durch die Beachtung der journalistischen Grundregeln
ersparen können. Im sogenannten Pressekodex heißt es
unter Ziffer 2: Zur Veröffentlichung bestimmte Informationen
in Wort, Bild und Grafik sind mit der nach den Umständen gebotenen
Sorgfalt auf ihren Wahrheitsgehalt zu prüfen.
Das heißt, nur
wenn ich mir absolut sicher bin, dass etwas Fakt ist, kann ich es
als Fakt darstellen. Und dazu braucht es im Journalismus zwei voneinander
unabhängige Quellen. Bei den Hitler-Tagebüchern
hätte eine einfache chemische Papierprobe die Wahrheit ans
Licht gebracht, denn die im Papier verwendeten Substanzen waren
nicht vor 1955 auf dem Markt.
Hat man aus der Geschichte
gelernt? Ich fürchte: Nein. Heute haben wir dafür nur
einen neuen Begriff: Fake
News. Und sie kursieren leider nicht nur in den sogenannten
sozialen Netzwerken. Der Pressekodex wurde zwar seiner
Zeit für Printmedien erstellt, aber wie wäre es, wenn
wir uns in unserer privaten Kommunikation daran halten?
Uwe Schütz
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