Rettung in letzter Sekunde
Israels Botschaft in Kairo nach Erstürmung geschlossen
12.09.2011: Am Freitagabend
haben ägyptische Demonstranten die israelische Botschaft angegriffen.
Alle israelischen Diplomaten in Kairo sowie ihre Familienangehörigen
wurden in der Nacht heimlich evakuiert und nach Israel ausgeflogen.
Auch der Botschafter hat Ägypten verlassen. "Die Beziehungen
zwischen beiden Ländern sind nicht betroffen", meldete
am Samstagmorgen der israelische Rundfunk. Die Evakuierung geschah
allein zum Schutz der Diplomaten, hieß es, als die geheime
Aktion in Israel von der Zensur zur Veröffentlichung freigegeben
worden war.
Israels Außenminister verbraucht die Nacht im Lagezentrum
Israels Außenminister
Avigdor Lieberman habe die ganze Nacht im Lageraum seines Ministeriums
verbracht. Mitten in der Nacht fanden sich auch Premierminister
Benjamin Netanjahu und Verteidigungsminister Ehud Barak im Lageraum
ein, um die Evakuierung persönlich zu überwachen und um
eilige Beschlüsse fassen zu können. Netanjahu telefonierte
mit dem amerikanischen Präsidenten Barak Obama, der wiederum
mit der ägyptischen Regierung sprach und sie dringend aufforderte,
Spezialtruppen zum Botschaftsgebäude zu schicken.
Für israelische Wachmänner kam die Rettung in letzter
Sekunde
Gegen 6 Uhr morgens (Ortszeit)
stellte sich heraus, dass sechs israelische Wachmänner noch
in der Botschaft im 18. Stock eines Bürohauses festsaßen.
Kommandoeinheiten gelangten mit Panzerwagen zur Botschaft und konnten
bis zur Botschaftsetage vordringen. Es stellte sich heraus, dass
nur noch eine einzige Tür die Demonstranten und die sechs Israelis
trennte. Dank der Überwachungskameras konnten die israelischen
Sicherheitsleute "Blickkontakt" mit dem Lageraum in Jerusalem
halten. Einer der Wachleute sagte zu Netanjahu: "Falls es hier
zur Katastrophe kommt, bitte ich darum, meine Eltern persönlich
zu benachrichtigen und nicht per Telefon." Netanjahu sprach
ein Lob aus: "Halte aus. Du bist ein mutiger Junge."
Wenige Minuten später
entdeckten die ägyptischen Spezialtruppen den verschlossenen
Raum, in dem sich die Israelis versteckt hielten. In Zivilkleidung
und mit verhüllten Gesichtern gelang es, die Israelis an den
Demonstranten vorbei zu bereitstehenden Panzerwagen zu bringen und
zum Flughafen zu fahren, wo schon ein kleines israelisches Flugzeug
wartete, um die sechs Sicherheitsleute heim zu fliegen. Zuvor hatte
Israel eine Boeing 707 nach Kairo geschickt, um die Diplomaten und
deren Angehörige zu evakuieren.
Wie der israelische Rundfunk
berichtete, sei doch ein Diplomat in Kairo zurückgelassen worden,
um mit den Ägyptern einen direkten Kontakt aufrecht zu erhalten.
"Er befindet sich an einem sicheren Ort." Premier Netanjahu
telefonierte am Morgen mit dem ägyptischen Geheimdienstchef,
und bedankte sich für den "mutigen und besonnenen Einsatz"
der ägyptischen Spezialtruppen, denen es gelungen war, aus
dem von hunderten Demonstranten besetzten Botschaftsgebäude
die sechs Wachleute aus Lebensgefahr zu retten.
Zeitweilig wurde im Laufe
der Nacht überlegt, die Botschaft nach Scharm el-Scheich im
Süden der Sinaihalbinsel zu verlegen, doch als sich die Ereignisse
in Kairo überstürzten, wurde beschlossen, alle Diplomaten
nach Israel auszufliegen.
Demonstranten haben eine
vor wenigen Tagen von den ägyptischen Behörden errichtete
Schutzmauer zerstört und dann das Gebäude gestürmt.
Die ägyptische Polizei verschoss erfolglos Tränengas,
während Demonstranten Räume der Botschaft stürmten
und "geheime Dokumente" mit dem israelischen Staatswappen
aus den Fenstern warfen. Ebenso wurde erneut die israelische Flagge
vom Dach gerissen. Es habe 450 Verletzte gegeben.
In der Nacht griff auch
die amerikanische Regierung in das Geschehen ein und forderte von
den Ägyptern, die Botschaft und das Eigentum der Diplomaten
zu beschützen. Ein israelischer Reporter, der die Ereignisse
in Kairo verfolgte, sagte am Morgen, dass die Demonstranten ihr
Ziel letztlich erreicht hätten: eine Schließung der Botschaft
und eine Vertreibung aller israelischen Diplomaten.
Ex-Botschafter zum Sturm
auf Botschaft in Kairo
Der ehemalige israelische
Botschafter in Kairo, Zvi Mazel, sagte am Samstag im Rundfunk, dass
mit dem Sturm auf die israelische Botschaft "etwas sehr schlimmes
passiert ist". Der Schutz diplomatischer Vertretungen gehört
zu den wichtigsten Konventionen, die für alle UNO-Mitglieder
bindend seien. Neben den Amerikanern seien jetzt auch die Europäer
aufgerufen, hierzu eine klare Stellung zu beziehen.
Demonstranten rechtfertigten die Erstürmung mit dem Tod
von acht Grenzpolizisten
Die Demonstranten rechtfertigten
den Sturm auf das israelische Botschaftsgebäude im Viertel
Gizeh mit dem Tod von acht ägyptischen Grenzpolizisten während
des Terroranschlags auf der Grenzstraße nahe Eilat am 18.
August. Mazel monierte, dass die ägyptischen Behörden
von Israel eine "Entschuldigung" verlangt hätten,
ohne der ägyptischen Bevölkerung entscheidende Details
mitzuteilen. So sei der Terroranschlag von ägyptischen Territorium
ausgegangen. Möglicherweise haben ägyptische Grenzposten
den Terroristen geholfen, da diese zunächst von einem ägyptischen
Posten aus und in ägyptische Uniformen gekleidet auf israelische
Autos und Busse geschossen haben. Zudem hat der ägyptische
Geheimdienst inzwischen vier der Terroristen identifizieren können:
zwei Palästinenser aus dem Gazastreifen, und zwei aus dem Gefängnis
entkommene Ägypter. Weiter sagte Mazel, dass vermutlich einige
der ägyptischen Polizisten gar nicht durch Schüsse israelischer
Soldaten getroffen, sondern durch Schüsse der Terroristen getötet
worden seien.
Israel hatte sein "Bedauern" ausgesprochen, aber keine
"Entschuldigung"
Israel hatte ausdrücklich
sein "Bedauern" über den Tod der ägyptischen
Grenzpolizisten schon am gleichen Tag ausgesprochen, aber keine
"Entschuldigung", weil das in der Diplomatensprache einem
Schuldbekenntnis entsprochen hätte. Gleichwohl haben Israel
und Ägypten abgesprochen, den ganzen Vorfall gemeinsam zu untersuchen.
Weiter sagte Mazel, dass der Sturm auf die Botschaft vor allem Ausdruck
steigenden Unmuts unter den säkulär ausgerichteten Demonstranten
sei. Nichts habe sich wirklich seit dem Sturz von Präsident
Mubarak verändert. Wegen interner Machtkämpfe unter den
Demonstranten wagen es die an der Macht gebliebenen Militärs
unter Feldmarschall Tantawi nicht, dem Aufstand ein Ende zu setzen
und die Bevölkerung aufzurufen, mit aller Energie zunächst
einmal die schwer angeschlagene Wirtschaft wieder in Gang zu setzen.
Durch die mehrfache Sprengung von Erdgasleitungen, unter anderem
nach Israel, und durch das Ausbleiben von Touristen habe Ägypten
zwei seiner wichtigsten Einnahmequellen verloren.
Bundesaussenminister verurteilt Angriff auf israelische Botschaft
Unterdessen hat Bundesaußenminister
Guido Westerwelle die Erstürmung der israelischen Botschaft
durch Demonstranten in Kairo verurteilt. Er erwarte, dass die ägyptischen
Behörden den Schutz der Botschaft gemäß den internationalen
Verpflichtungen sicherstellten, teilte das Auswärtige Amt am
Samstag in Berlin mit. Eine weitere Eskalation müsse unbedingt
vermieden werden.
Quelle: israelnetz.com-Newsletter
vom 12. September 2011
Autor dieser Webseite:
Uwe Schütz
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